Neue Technik zur CO2-Messung: Satelliten überwachen Stahlwerke
Forschende der Uni Bremen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die CO2-Emissionen einzelner Stahlwerke aus Satellitendaten ermitteln lassen.
Forschende des Instituts für Umweltphysik (IUP) der Universität Bremen haben eine Methode entwickelt, um die Treibhausgas-Emissionen einzelner Stahlwerke präzise aus dem Weltraum zu messen. Diese neue Technik ermöglicht eine unabhängige Bewertung der Treibhausgasmengen, was für Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft von großer Bedeutung ist. Sie müssen sich nicht mehr nur auf die Angaben der Stahlhersteller verlassen.
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Bislang auf Angaben der Stahlhersteller angewiesen
Derzeit investiert Deutschland Milliarden, um die Treibhausgasemissionen der Stahlindustrie drastisch zu reduzieren. Ein wesentlicher Teil dieser Bemühungen zielt auf die Umstellung auf wasserstoffbetriebene Produktionsverfahren ab. Doch wie misst man die Treibhausgase, die bei der Stahlproduktion freigesetzt werden?
Bisher waren die Verantwortlichen weitgehend auf die Angaben und Berechnungen der Stahlhersteller angewiesen. Dr. Heinrich Bovensmann vom IUP erklärt: „Nun haben wir ein Verfahren entwickelt, mit dem man diese Freisetzungen auch unabhängig messen und berechnen kann – mit Satellitendaten zur Zusammensetzung der Atmosphäre.“
Stahlproduktion äußerest emissionsintensiv
Bei der Stahlproduktion entstehen große Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und Kohlenstoffmonoxid (CO). Laut Umweltbundesamt verursachte die deutsche Roheisen- und Stahlerzeugung 2022 etwa 23,5 Millionen Tonnen CO2.
Die Fähigkeit, diese Emissionen aus dem All zu erfassen, wurde den Forschenden des IUP spätestens seit dem großen Moorbrand im Emsland 2018 bewusst. Damals war es möglich, mit dem Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-5P die dabei entstandenen Kohlenstoffmonoxid-Emissionen zu messen. Dabei wurde auch eine Abgasfahne des größten deutschen Stahlstandortes in Duisburg sichtbar.
Satellitendaten deutscher Standorte ausgewertet
Postdoktorand Oliver Schneising vom IUP interessierte sich besonders für diese Emissionen und untersuchte Satellitendaten weiterer deutscher Stahlstandorte. Er konnte die Kohlenstoffmonoxid-Freisetzungen in Duisburg, Dillingen, Salzgitter, Bremen und Eisenhüttenstadt eindeutig nachweisen.
Die primäre Stahlerzeugung erfolgt weltweit überwiegend durch das Linz-Donawitz-Verfahren. Dabei wird Sauerstoff auf kohlenstoffreiches Roheisen aufgeblasen, um hochwertigen kohlenstoffarmen Stahl zu erhalten. Das dabei freigesetzte Kohlenstoffmonoxid lässt sich mit modernen Satellitensensoren besser bestimmen als das Treibhausgas CO2 selbst.
Hohe Korrelation zwischen CO und CO2
Um die CO-Emissionen aus den Erdbeobachtungsdaten zu ermitteln, berücksichtigten die Bremer Forschenden meteorologische Verhältnisse wie den Wind zum Messzeitpunkt. Sie setzten die gemessenen CO-Emissionen der Stahlstandorte in Relation zu den von den Herstellern gemeldeten CO2-Emissionen. Diese Analyse ergab eine sehr hohe Korrelation zwischen CO und CO2, was es ermöglicht, aus CO-Beobachtungen auch die CO2-Emissionen zu bestimmen.
Über das ITMS-Projekt
Die Forschungsarbeiten des IUP sind Teil einer umfassenden Initiative, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird. Das Projekt trägt den Titel „Integriertes Treibhausgas-Monitoringsystem für Deutschland“ (ITMS) und wird vom Deutschen Wetterdienst sowie dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie geleitet.
Dr. Heinrich Bovensmann erläutert: „Das ITMS-Projekt zielt auf die Entwicklung und Umsetzung eines Systems ab, das atmosphärische Beobachtungen vom Boden, aus der Luft und aus dem Weltraum mit hochauflösende Emissionsinventaren und hochauflösenden atmosphärischen Modellen kombiniert und zur Überwachung und Dokumentation von Treibhausgas-Quellen und -Senken nutzt.“
Die Forschungsgruppe des Instituts für Umweltphysik hat ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Atmospheric Chemistry and Physics“ der European Geosciences Union publiziert: https://acp.copernicus.org/articles/24/7609/2024/
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