Plasmareaktor zieht Antibiotika aus Abwässern
Um Rückstände von Antiobiotika und Medikamenten aus Abwässern zu entfernen und selbst die verdrecktesten Industrieabwässer auf Vordermann zu bringen, entwickeln Forscher des Fraunhofer-Instituts derzeit einen Plasmareaktor. Er soll gefährliche Substanzen zerstören – ganz ohne gefährliche Chemiekeulen.
Medikamente im Abwasser der Krankenhäuser werden ebenso wie halogenierte Verbindungen oder Cyanide aus Industrieabwässern kaum in den biologischen Stufen der Kläranlagen abgebaut. So haben sich Antibiotika und hormonell wirksame Verbindungen, beispielsweise Bisphenol A aus der Kunststoffherstellung, bereits in der Umwelt angereichert und sind im Grundwasser und selbst in Trinkwasserproben nachweisbar.
Zwar versuchen Kläranlagen das beispielsweise mit Wasserstoffperoxid oder Ozon als Oxidationsmittel zu lösen. Doch das gelingt nicht immer und die chemischen Reinigungszusätze gelten selbst als Gefahrenstoffe. Umweltschonende und kostengünstige Alternativen sind aber in Sicht und werden derzeit in deutschen und europäischen Forschungsprojekten entwickelt und getestet.
Projekt Wasserplasmax entwickelt Plasmareaktor
Eines dieser Projekte, das auch vom Bundesforschungsministerium gefördert wird, heißt Wasserplasmax. In diesem Projekt untersuchen Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart, wie Schadstoffe im Abwasser mithilfe von Plasmaverfahren abgebaut werden können. Ein Plasma ist ein ionisiertes Gas, das neben Ionen und Elektronen auch chemische Radikale und elektronisch angeregte Teilchen sowie kurzwellige Strahlung enthält.
Ein solches Plasma lässt sich durch ein elektromagnetisches Feld, beispielsweise durch Anlegen einer Hochspannung, zünden. Charakteristisch ist das Plasmaleuchten, welches unter anderem in Leuchtstoffröhren der Leuchtreklamen genutzt wird. Technisch werden Plasmaverfahren seit langem zur gezielten Modifizierung und Reinigung von Oberflächen eingesetzt.
Die Wissenschaftler haben nun einen Plasmareaktor entwickelt, bei dem die im Plasma gebildeten reaktiven Spezies direkt in das mit Schadstoffen belastete Wasser übertreten können. Hierzu ist das Plasma offen, es steht in direktem Kontakt zum Wasserfilm. Der Plasmareaktor ist so aufgebaut, dass zwischen einer geerdeten Elektrode in Form eines Edelstahlrohres im Inneren des Reaktors und einem Kupfernetz, welches die Funktion der Hochspannungselektrode übernimmt, durch Anlegen einer Hochspannung ein Plasma gezündet und aufrechterhalten wird.
Das Kupfernetz ist auf einem Glaszylinder angebracht, der eine elektrische Barriere ist und gleichzeitig den Reaktor nach außen abschirmt. Im Innern des Edelstahlrohrs, dem Zentrum des Plasmareaktors, wird verunreinigtes Wasser nach oben gepumpt. Wenn das Wasser auf der Außenseite des Edelstahlrohrs herunterläuft, passiert es die Plasmazone zwischen Edelstahlrohr und Kupfernetz, in welcher die Schadstoffe oxidiert werden.
„Bringt man verunreinigtes Wasser in Kontakt mit einem solchen Plasma, so reagieren die Radikale mit den im Wasser gelösten Schadstoffen“, erklärt Michael Haupt, der Leiter des Projekts am Fraunhofer IGB. „Auch die durch das Plasma erzeugte Strahlung wirkt über photochemische Prozesse auf die Schadstoffe ein. In beiden Fällen werden die Schadstoffe oxidiert und dadurch unschädlich gemacht.“
Dass die Plasmatechnologie für die Abwasserreinigung funktioniert, konnten die Forscher bereits beweisen: Der Plasmareaktor wurde dabei mit cyanidhaltigem Industrieabwasser mit zusätzlicher organischer Fracht gefüttert. Innerhalb von 90 Minuten nahm die Konzentration des Cyanids bis unter die Nachweisgrenze ab.
Forscher testen jetzt mehrere Reaktortypen
Nun wollen die Stuttgarter Wissenschaftler herausfinden, welche Wechselwirkungen zwischen den reaktiven Plasmaspezies und im Wasser gelösten Schadstoffen am besten zum Abbau der Schadstoffe führen. Dafür wollen sie drei verschiedene Reaktortypen aufbauen und umfassend testen. Bei einem Reaktor wird ein kontinuierlicher Wasserfilm direkt am Plasma vorbeiströmen. In einem zweiten Reaktor soll das zu behandelnde Abwasser zunächst über eine Düse zerstäubt werden, sodass fein vernebelte Tröpfchen die Plasmazone passieren. In einem dritten Reaktortyp schließlich soll untersucht werden, ob zusätzliche photokatalytische Schichten die Abbauprozesse verstärken.
Die Reaktorkonfiguration mit den besten Ergebnissen soll schließlich als Demonstrator aufgebaut werden, um reales Industrieabwasser im größeren Maßstab zu untersuchen. Neben einem möglichst vollständigen Abbau der Modellschadstoffe spielt auch ein geringer Energieverbrauch eine wichtige Rolle, um die Plasmatechnologie als neues Wasserbehandlungsverfahren etablieren zu können.
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