Plastikmüll: Infraroterkennung aus 400 Metern Höhe
Forscher der Universität Oldenburg haben einen Weg gefunden, Plastikmüll im Meer zu identifizieren und je nach Sorte zu klassifizieren. Er basiert auf charakteristischen Infrarotsignaturen und ähnelt Verfahren, die in der Recycling-Industrie eingesetzt werden.
Die Wissenschaftler um Shungudzemwoyo Garaba vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) haben dazu Aufnahmen und Messdaten analysiert, die als Teil einer Forschungskampagne der Organisation „The Ocean Cleanup“ erhoben wurden. Sie wurde 2013 vom Niederländer Boyan Slat mit dem Ziel gegründet, die Meere von Plastikmüll zu befreien.
Im Rahmen der Forschungskampagne führte „The Ocean Cleanup“ Aufklärungsflüge über dem großen pazifischen Müllstrudel zwischen Kalifornien und Hawaii durch, um die Plastikmenge im Müllstrudel möglichst exakt zu bestimmen. Das Forschungsflugzeug, eine Lockheed C-130 Hercules, flog den Bereich in einer Höhe von etwa 400 Metern über der Meeresoberfläche ab. Der Müllstrudel wurde dabei durch Experten begutachtet, durch optische Kameras erfasst und aufgezeichnet und mittels eines Infrarotsensors gescannt. Dieser Sensor ist in der Lage, die verschiedenen „Farben“ des infraroten Spektrums – also Licht mit einer Wellenlänge zwischen 900 und 2.500 Nanometern – zu unterscheiden.
Wie das Team um Garaba berichtet, lässt sich das Plastik mittels charakteristischer Eigenschaften des reflektierten infraroten Lichtes eindeutig identifizieren. „Wir wissen zwar grob, wo sich der Plastikmüll befindet, aber er bewegt sich ständig“, erläutert Garaba. Um die Meere effizient von Plastikmüll zu befreien, ist es wichtig, Menge und Verbreitung des Plastikmülls möglichst exakt zu bestimmen.
Plastikmüll: Leicht übersehen oder verwechselt
Im ersten Schritt ermittelten die Wissenschaftler Größe, Position, Farbe und Typ verschiedener Plastikteile. Hierzu griffen Sie auf die Daten aus Beobachtungen sowie auf Aufzeichnungen der optischen Kameras zurück. Die Datenanalyse zeigte, dass sich große Plastikmüllteile wie Kisten oder Geisternetze auf Fotos grundsätzlich erkennen ließen. Dennoch sei es mitunter schwierig, die Plastikteile von Algen, Holzplanken, Lichtspiegelungen oder Wellen zu unterscheiden, so Garaba. Grüne Plastikteile könnten beispielsweise mit Algen verwechselt werden, weißer Plastikmüll mit der Gischt von Wellen oder mit Lichtreflexionen. Noch schwieriger wird es, wenn der Plastikmüll kleinteiliger wird.
Durch den Infrarotsensor lässt sich der an der Oberfläche schwimmende Plastikmüll hingegen gut erkennen. Die zurückgeworfenen Infrarotreflexionen unterscheiden sich deutlich von den Reflexionen anderer Partikel oder Strukturen. Die Wissenschaftler analysierten die Infrarotreflexion und -absorption von 150 verschiedenen Plastikteilen. Diese hatten sie zuvor in unterschiedliche Kategorien unterteilt, zum Beispiel in die Kategorien Geisternetze, Seile, Plastikboxen oder Rettungsringe. Durch ihre Untersuchungen fanden sie heraus, dass maritimer Plastikmüll zwei bestimmte Wellenlängenbereiche innerhalb des Infrarot-Spektrums absorbiert. Mithilfe dieser charakteristischen Absorptionsbänder konnten sie Plastikmüll sicher identifizieren und klassifizieren.
Charakteristische Infrarotsignaturen für Plastik
„Wir können nicht nur nachweisen, dass es sich um Plastik handelt, sondern auch verschiedene Sorten unterscheiden“, berichtet Garaba. Die infraroten Signaturen seien eine Art Fingerabdruck, der sich von Material zu Material charakteristisch unterscheide. „Die Recyclingindustrie benutzt in Sortieranlagen ähnliche Verfahren“, so der Wissenschaftler. Die neuen Erkenntnisse belegten erstmals, dass Plastikmüll im Meer auch aus der Ferne nachweisbar ist.
Auf Basis der Daten könnte beispielsweise eine Software entwickelt werden, die im Meer treibenden Plastikmüll in Zukunft automatisch aufspürt. Die dazu notwendigen Infrarotdaten könnten von Aufklärungsflugzeugen, aber auch von Drohnen oder Satelliten geliefert werden. Fehlt nur noch das Schiff, dass den identifizierten Müll dann auch aufsammelt. Dafür schickte The Ocean Cleanup im September den ersten schwimmenden Müllsammler zum Great Pacific Garbage Patch.
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