Porsche will CO2 einfangen und daraus eFuels herstellen
Porsche möchte zukünftig nicht auf den Verbrenner verzichten und einen Teil seiner Fahrzeuge mit eFuels betreiben. Für die Herstellung des synthetischen Treibstoffs soll in einem Werk in Chile das CO2 aus der Luft eingefangen und umgewandelt werden.
Im März dieses Jahres hat der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG gegenüber der Süddeutschen Zeitung deutlich gemacht, dass der Hersteller ab 2035 neben der E-Mobilität auch auf eFuels setzt. Dafür spricht auch die Beteiligung am eFuel-Unternehmen HIF Global, das im Dezember 2022 mit der industriellen Produktion von synthetischem Kraftstoff in einer Pilotanlage in Chile begonnen hat. Nun denkt das Unternehmen über die Integration des Direct Air Capture-Verfahrens (DAC) in diese Anlage nach. Damit soll CO2 aus der Umgebungsluft eingefangen und zur Produktion von eFuels verwendet werden.
DAC auf der Schwelle zur Serienentwicklung
Porsche betrachtet das Direct-Air-Capture-Verfahren als eine vielversprechende Zukunftstechnologie, die kurz vor der Serienreife steht. Durch die nachhaltige Abscheidung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre hat das Verfahren nach Einschätzung des Sportwagenherstellers das Potenzial, einen signifikanten Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten.
Gemeinsam mit der Volkswagen Group Innovation, dem eFuels-Spezialisten HIF Global und MAN Energy Solutions erwägt Porsche die Integration einer DAC-Anlage in die eFuels-Pilotanlage in Chile. Diese Anlage könnte dann das für die eFuel-Produktion in der Pilotanlage „Haru Oni“ benötigte CO₂ direkt aus der Luft gewinnen.
„Um die globale Erwärmung zu verlangsamen, müssen die Emissionen reduziert und CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden. Gleichzeitig benötigen wir in vielen Herstellungsprozessen CO₂ als Rohstoff. Warum also nicht beides miteinander verbinden? Daran arbeiten wir. Wir wollen ein industrielles Direct-Air-Capture-Verfahren, kurz DAC, zur Serienreife bringen“, sagt Michael Steiner, Forschungs- und Entwicklungsvorstand der Porsche AG.
So funktioniert das Direct-Air-Capture-Verfahren
Bei der CO₂-Abscheidung mittels Direct Air Capture (DAC) wird die Umgebungsluft zunächst von gröberen Verunreinigungen wie Schmutzpartikeln gereinigt. Anschließend wird die Luft durch ein spezielles, kieselsteinähnliches Filtermaterial geleitet, das das CO₂ effizient an sich bindet. In einem weiteren Schritt wird das gebundene CO₂ aus dem Filtermaterial herausgelöst und in hochreiner Form in Speichertanks gesammelt, um es als wertvollen Rohstoff für weitere Anwendungen zu nutzen. Das als Nebenprodukt anfallende Wasser wird separat abgeleitet.
Barbara Frenkel, Vorständin für Beschaffung bei Porsche erklärt: „Reines CO₂ lässt sich industriell weiterverwerten oder dauerhaft im Boden speichern. Außerdem können damit eFuels hergestellt werden – das planen wir im ersten Schritt. eFuels stellen eine sinnvolle Ergänzung der Elektromobilität dar, da weltweit auch in den nächsten Jahrzehnten noch sehr viele Autos mit Verbrennungsmotoren fahren werden“.
So wird aus CO2 ein synthetischer Kraftstoff
Bei der Produktion von synthetischen Kraftstoffen wird das abgeschiedene CO₂ zunächst mit Wasserstoff zu Methanol umgewandelt. Dieses Methanol dient als Ausgangsstoff für die abschließende eFuel-Herstellung. Im speziellen Fall des Pilotwerks „Haru Oni“ stammt das CO₂ derzeit aus einer biogenen Quelle. Es gibt jedoch auch alternative Ansätze im Umgang mit dem gewonnenen CO₂. Zum einen kann es in nicht-fossilen Produkten wiederverwendet werden, ein Prozess, der als Carbon Capture and Utilization (CCU) bezeichnet wird. Zum anderen besteht die Möglichkeit, das CO₂ dauerhaft aus der Atmosphäre zu entfernen und in geologischen Formationen zu speichern, bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS).
„Wir warten nicht darauf, dass Lösungen zu uns kommen. Wir finden sie und gehen voran“, sagt César Norton, Präsident und CEO von HIF Global. „Dass eFuels eine echte Lösung für die Dekarbonisierung des Transportwesens sein können, haben wir bewiesen. Indem wir mit der Direct-Air-Capture-Technologie Pionierarbeit leisten, gehen wir noch einen Schritt weiter. Wir wollen eine effiziente und kostengünstige CO₂-Abscheidung ermöglichen – die Zukunft des CO₂-Recyclings“.
Strom für das Filtersystem aus regenerativen Energiequellen
Einer der Hauptvorteile des DAC-Verfahrens liegt in seiner Flexibilität: CO₂ kann überall dort nachhaltig aus der Atmosphäre gewonnen werden, wo der für den Betrieb benötigte Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Zudem ist die Technologie gut skalierbar, so dass sie an verschiedene Anwendungsbereiche angepasst werden kann.
Im Fall der eFuel-Pilotanlage „Haru Oni“ könnte der für das Filtersystem benötigte Strom aus der erneuerbaren und umweltfreundlichen Energiequelle Windkraft gewonnen werden. Darüber hinaus könnte die für den Prozess benötigte Wärme durch die Wasserstoffproduktion in der eFuels-Anlage selbst bereitgestellt werden.
eFuels erlauben einen nahezu CO2-neutralen Betrieb von Ottomotoren
Wie bereits geschrieben, hat HIF Global im Dezember 2022 mit der industriellen Produktion von synthetischem Kraftstoff begonnen. eFuels bieten die Möglichkeit eines nahezu CO₂-neutralen Betriebs von Ottomotoren, insbesondere wenn sie aus erneuerbaren Energiequellen, nachhaltig abgetrenntem CO₂ und aus Wasser erzeugtem Wasserstoff hergestellt werden.
In der Pilotphase soll die Anlage jährlich bis zu 130.000 Liter eFuel produzieren. Als erste Einsatzgebiete für den synthetischen Kraftstoff sind Leuchtturmprojekte wie der Porsche Mobil 1 Supercup und die Porsche Experience Center geplant. Langfristig ist der Bau von Großanlagen in der Nähe der Pilotanlage in Chile geplant, um die eFuel-Produktion sukzessive auszubauen.
Die geografischen und klimatischen Bedingungen im Süden Chiles sind laut Pressemitteilung ideal für die eFuel-Produktion. So würden rund 270 windreiche Tage im Jahr, dort optimale Bedingungen für den Volllastbetrieb von Windkraftanlagen bieten. Zudem biete die Nähe zur Magellanstraße bei Punta Arenas einen logistischen Vorteil, da der synthetisch hergestellte eFuel über die bestehende Infrastruktur vertrieben werden könne. Ähnlich wie bei konventionellen Kraftstoffen.
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