Safechum Europe: Mehr Service bei weniger Chemie
Die Industrieentwicklungsorganisation der Vereinten Nationen (Unido) zeichnete Mitte Juni die Düsseldorfer Firma Safechem Europe mit dem Global Chemikalienleasing-Preis aus. „Das Unternehmen hat es geschafft, den Verbrauch chlorierter Lösemittel bei Anwendern um 80 % und mehr zu senken – und dennoch mehr Gewinn zu machen“, so die Jury. Der Trick: Safechem verkauft Chemikalien nicht mehr einzeln, sondern in einem ganzen Servicepaket. Der heutige Geschäftsführer Karl Stützle hat die Firma, die eine Tochter des US-Chemiekonzerns Dow Chemical ist, 1992 mitgegründet.
VDI nachrichten: Freuen Sie sich über die Auszeichnung?
Stützle: Ja, sehr. Sie bestätigt unser Geschäftsmodell.
Und wie lautet das?
Wir verkaufen zusätzlich zum Lösemittel einen Service, der sich an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Beim Chemikalienleasing zahlt der Kunde nicht mehr für die bezogene Menge, sondern für die erbrachte Reinigungsleistung.
Können Sie das erklären?
Zum Service gehört, dass wir Kunden die sichere Lieferung und Handhabung ermöglichen und gebrauchte Lösemittel zurücknehmen. Dafür haben wir Safe-Tainer entwickelt. Die Lösemittel werden in doppelwandigen Sicherheitsbehältnissen gelagert und transportiert. Wir helfen Kunden auch, die Lösemittel zu pflegen, damit sie länger eingesetzt werden können. Ich kenne Beispiele, wo das Lösemittel bis zu fünf Jahren in einer Reinigungsanlage bleiben kann.
Reinigen muss der Anwender seine Metallteile aber noch selbst, oder?
Selbstverständlich. Aber er erhält von uns auch die Anschlussteile, um die Lösemittel praktisch emissionsfrei in seine Reinigungsanlage überführen zu können. Für die sichere Entsorgung kann er gebrauchte Lösemittel emissionsfrei in ein anderes Behältnis zurückführen, das wir dem Recycling zuführen.
Diese Anschlussteile stellen Sie aber nicht selbst her …
Nein. Wir arbeiten gezielt mit Anlagenbauern zusammen und kaufen das erforderliche Zubehör bei Fachbetrieben.
Technisch haben Sie also alles im Griff …
… aber der Mensch als Schwachstelle bleibt. Klar. Wir bieten dazu Lösemittelschulungen an, so dass jeder, der mit dem Safe-Tainer arbeiten könnte, damit umweltverantwortlich umgehen kann.
Wann begann alles?
1992 gründete Dow Safechem als Joint Venture mit einem Recyclingbetrieb für Chemikalien. Die Bundesregierung hatte damals Emissionsgrenzen für chlorierte Lösemittel festgelegt. Diese durften ab 1996 praktisch nur noch in geschlossenen Anlagen eingesetzt werden. Seit 1998 gehört Safechem vollständig zu Dow.
Wie sind Sie damals vorgegangen?
Wir haben uns angeschaut, wo und wie die Firmen Lösemittel einsetzen, und beschlossen, die Lösemittel so zur Verfügung zu stellen, dass der Kunde damit sicher umgehen und das Risiko beim Einsatz managen kann. Wichtig war, dass der Kunde weiterhin die Reinigungsqualität erlangt, die er braucht, um seine Produkte gut vermarkten und technischen Fortschritt erzielen zu können.
Aber ist es nicht das politisch vorgegebene Ziel, möglichst ganz auf chlorierte Lösemittel zu verzichten?
Ja, wenn es möglich ist. Vielfach wurden diese Lösemittel durch weniger gefährliche ersetzt. Das ist auch gut so. Firmen, die ohne Qualitätseinbußen auf chlorierte Lösemittel verzichten können, haben das getan. Aber nicht überall kann man auf Per und Tri verzichten.
Ein Beispiel?
Die Reinigung von sicherheitsrelevanten Teilen der Luftfahrtindustrie ist das prominenteste Beispiel. Oder nehmen Sie den Airbag. Ist der Auslösemechanismus nicht richtig gereinigt, löst er vielleicht nicht aus, wenn Sie gegen einen Baum fahren, oder er löst aus, wenn Sie über einen holprigen Feldweg fahren. Chlorierte Lösemittel haben immer noch die besten Reinigungseigenschaften.
War es damals eigentlich etwas Besonderes, eine Chemiefirma zu gründen, in dem der Servicegedanke vornean steht?
Ja. Und es war im doppelten Sinne nicht einfach. Einmal für uns: Verkäufer, die gewohnt sind, große Mengen zu verkaufen, mussten umdenken. Sie mussten plötzlich sagen: „Uns liegt daran, so wenig wie möglich zu verkaufen“, um stattdessen am Service zu verdienen. Und oft mussten wir Kunden drei- oder viermal besuchen, bevor sie den Servicegedanken annehmen konnten. Doch haben sie ihn einmal angenommen, bleiben sie dabei. Wir haben eine sensationelle Kundenbindung.
Wie erfolgreich sind Sie?
Sehr. In Europa stehen rund 19 000 Safe-Tainer bei rund 7500 Kunden. Und wir haben bei Per und Tri einen sehr hohen Marktanteil und sind Marktführer. Vor 20 Jahren war unser Per- und Tri-Marktanteil ca. 30 % niedriger, obwohl wir heute 60 % weniger an Menge verkaufen. RALPH H.
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