Schwerlastdrohne misst Klimagase über Mülldeponien
Wie wirksam sind Maßnahmen zum Klimaschutz tatsächlich? Das lässt sich im Falle von Treibhausgasen nur über Messungen feststellen. Forscher der Uni Stuttgart haben dafür eine neue Fernerkundungsmethode entwickelt. Sie kombinieren eine Schwerlastdrohne mit der Fourier-Transformationsspektroskopie (FTIR).
Mülldeponien sind schlecht für die Umwelt. Das ist bekannt. Unter anderem geben sie Treibhausgase wie Methan in die Luft ab. Auch Biogasanlagen, die dazu beitragen sollen, dass mehr Energie aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird, sind nicht einfach nur öko. Unter anderem gelangen über ihren Betrieb Lachgas und Kohlendioxid in die Atmosphäre. Dementsprechend sind Maßnahmen gefragt, um die Emissionen dieser Treibhausgase einzudämmen und den Klimawandel zu begrenzen. Dafür ist es unverzichtbar, die Effektivität der Maßnahmen zu überprüfen – und die Schadstoff-Belastung über den jeweiligen Anlagen zu ermitteln. Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben eine neue Messmethode vorgestellt. Das System ist sehr flexibel einsetzbar und soll schon nach wenigen Stunden die ersten Ergebnisse bringen.
Daten der bisherigen Systeme sind nicht genau genug
Der Anteil an Schadstoffen in der Luft wurde bislang hauptsächlich über zwei Wege festgestellt: Zum einen über punktuelle Messungen in der jeweiligen Anlage. Aufgrund von Schwankungen können diese Werte jedoch stark vom Durchschnitt abweichen. Zum anderen werden zum Teil Messstrecken auf der Windschatten-Seite der Anlage errichtet. Die dort erfassten Daten rechnen Wissenschaftler auf die gesamte Emission hoch. Auch dabei handelt es sich jedoch nur um eine Annäherung.
„Was wir brauchen, ist eine Messmethode, mit der wir die Abgasfahne in allen Höhen und bei unterschiedlichen Windverhältnissen erfassen und modellieren können“, sagt Imke Wessel vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart. Für dieses Ziel haben die Forscher einer Schwerlastdrohne mit der sogenannten Fourier-Transformationsionsspektroskopie (FTIR) kombiniert. Bei der FTIR handelt es sich um eine spezielle Form der optischen Spektroskopie.
Neue Messmethode soll in jeder Höhe flexibel einsetzbar sein
Diese Kopplung war nur durch zwei Entwicklungen der jüngeren Zeit möglich: Die Tragfähigkeit der Schwerlastdrohnen ist weiter gestiegen. Parallel ist das minimale Gewicht der FTIR-Systeme gesunken. Vollwertige Messanlagen gibt es inzwischen in einer Gewichtsklasse von unter zehn Kilo. Das FTIR mit einer Schwerlastdrohne in die Luft zu bringen, lag also nahe, und die Vorteile sind offensichtlich. Vor allem kann die Drohne verschiedene Höhen anfliegen und Emissionsquellen umkreisen. Die Abgasfahne lässt sich also detailliert erfassen, ebenso die Hintergrundkonzentrationen der Treibhausgase. Zudem kann die Messung zu verschiedenen Zeitpunkten ohne großen Aufwand wiederholt werden. Die schnellen Messflüge – jeweils zwei bis drei Stunden – liefern nach Angabe der Forscher sehr aussagekräftige Ergebnisse.
Die Wissenschaftler testen das Kombi-System derzeit bei einem Forschungsvorhaben zur „Messtechnischen Überprüfung des Erfolgs von Klimaschutzprojekten an Abfalldeponien“ (MÜDSE), das durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gefördert wird.
Forschungskonsortium möchte mit Drohnen Schadstoffe in der Stadt messen
Nicht nur den Stuttgartern ist der Gedanke gekommen, Drohnen für Messungen der Schadstoff-Belastung in der Luft zu verwenden, statt auf stationäre Messeinrichtungen zu setzen und die Ergebnisse hochzurechnen. Sie sind daher auch nicht die einzigen Forscher, die an einsatzfähigen Systemen arbeiten: Das Institut für Flugführung (IFF) der TU Braunschweig leitet ein Forschungskonsortium, das seit dem Herbst 2019 am Projekt MesSBAR arbeitet – eine Abkürzung für Automatisierte luftgestützte Messung der Schadstoff-Belastung in der erdnahen Atmosphäre in urbanen Räumen.
Unterm Strich geht es darum, vor allem vertikale Messmethoden zu entwickeln, um bessere Daten darüber zu erhalten, wie sich Schadstoffe verteilen. Die Forscher setzen dafür drei Quadrokopter ein, also Drohnen mit jeweils vier Rotoren, die auf einer vertikalen Ebene angeordnet sind. Die Drohnen haben eine spezielle Sensorik für Feinstaub, Ruß, Stickoxide und Ozon an Bord. Entscheidend ist dabei, dass die kleinen Drohnen auch im städtischen oder an viel befahrenen Straßen problemlos abheben und Daten erfassen können. Gleichzeitig muss natürlich eine hohe Qualität der Messtechnik gewährleistet sein. Die soll im Rahmen des Projektes optimiert werden.
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