Schnellere Abwasserreinigung 20.12.2013, 13:12 Uhr

Schwimmende Mikromotoren zerstören hartnäckige Schadstoffe in Kläranlagen

Winzige Röhrchen aus Platin und Eisen sollen zukünftig bei der Wasseraufbereitung Farbreste, Mineralöle und Pestizide zerstören. Sie verfügen über eine Art Raketentriebwerk, das mit Wasserstoffperoxid angetrieben wird. Das macht sie zwölfmal effektiver als bisherige Methoden.

Die etwa 500 Mikrometer langen Mikromotoren haben eine äußere Eisenschicht. Dort zersetzt Wasserstoffperoxid, das dem Wasser zugesetzt ist, organische Schadstoffe zu Kohlendioxid und Wasser. An der inneren Platinschicht des Röhrchens zerfällt Wasserstoffperoxid in Sauerstoff und Wasser. Dadurch erhält der Mikromotor sein eigenes Raketentriebwerk.

Die etwa 500 Mikrometer langen Mikromotoren haben eine äußere Eisenschicht. Dort zersetzt Wasserstoffperoxid, das dem Wasser zugesetzt ist, organische Schadstoffe zu Kohlendioxid und Wasser. An der inneren Platinschicht des Röhrchens zerfällt Wasserstoffperoxid in Sauerstoff und Wasser. Dadurch erhält der Mikromotor sein eigenes Raketentriebwerk.

Foto: Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme

Vielen organischen Schadstoffen lässt sich bei der Wasseraufbereitung nur mit der sogenannten Fenton-Methode beikommen: Dabei werden nach der normalen Reinigung Farbreste, Mineralöle und Pestizide mit Wasserstoffperoxid an einer Eisenoberfläche zersetzt. Noch viel wirkungsvoller funktioniert das mit schwimmenden Mikromotoren aus Platin und Eisen, die Wissenschaftler des Stuttgarter Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme jetzt entwickelt haben.

Die Forscher bedampfen eine winzige rechteckige Fläche aus Lack, die sich auf einer Glasplatte befindet, mit einer 100 bis 200 Mikrometer dicken Eisenschicht. Es folgt eine ein Mikrometer dünne Platinschicht. Wenn die Lackschicht weggeätzt wird, kringelt sich der Materialverbund von allein zu einem Röhrchen. „Auf diese Weise lassen sich die multifunktionalen Röhrchen in großer Stückzahl herstellen“, sagt Samuel Sánchez, der die Forschergruppe leitet. Und sie zersetzen hartnäckige Schadstoffe rund zwölfmal so schnell wie die bisherige Methode, die auf statische Eisenoberflächen setzt. 

Röhrchen haben eigenes Raketentriebwerk

Die winzigen Röhrchen führen im Wasser einen Tanz auf, der dem eines Mückenschwarms ähnelt. Die gerade mal 0,5 Millimeter langen Flitzer werden dabei von einem Tropfen Wasserstoffperoxid angetrieben. Zusätzlich zerlegt die Chemikalie, die manchmal noch als Bleichmittel für Haare genutzt wird, die Schadstoffe in Kohlendioxid und Wasser. Das gelingt nur mit Hilfe eines Katalysators. Der bildet sich praktischerweise auf der Außenhülle der Röhrchen, die aus Eisen besteht.

Für den Antrieb reagiert Wasserstoffperoxid mit dem Platin. Dabei entstehen winzige Sauerstoffbläschen, die aus dem Röhrchen schießen. Anfangs entweichen sie aus beiden Öffnungen, allerdings in unterschiedlichen Mengen, wie die Forscher staunend feststellten. Die Bewegung ist Folge des Rückstoßes. Sobald sie Fahrt aufgenommen haben, strömen die Bläschen nur noch aus einer Öffnung. So funktionieren auch Raketentriebwerke.

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Röhrchen sollten eigentlich Medikamente transportieren

Ursprünglich hatten die Forscher ein anderes Ziel, als sie die Röhrchen entwickelten. Sie sollten Medikamente im menschlichen Körper an Stellen transportieren, an denen sie wirken sollen. Dummerweise ist Wasserstoffperoxid gefährlich für den Menschen. Da hatten die Forscher die Idee, die kleinen Flitzer dort einzusetzen, wo sie keinen Schaden anrichten, sondern nützlich sind: in Kläranlagen.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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