Seecontainer als wertvoller Baustoff
Moderne Häuser müssen nicht unbedingt neu sein. Sie können auch aus alten Schiffscontainern bestehen. Dabei werden Ansätze des Upcyling mit schlichter Praktikabilität und natürlich Design verbunden. So können Container auch gegenüber üblichen Baustoffen punkten und bieten sogar einige Vorteile für den Hausbau.
Seecontainer sind praktisch, sie sind in großer Stückzahl vorhanden und durch ihre Standardisierung auch leicht zu verbauen. So wundert es wenig, dass schon seit einigen Jahren immer mehr Architekten und Designer auf die Idee kamen, Neues aus alten Schiffscontainern zu erschaffen. Dieses Vorgehen nennt sich neudeutsch Upcycling, weil sich die Wiederverwertung eines Produktes mit dessen stofflicher Aufwertung verbindet. Aus Schiffscontainern werden so Hauswände.
Der neueste Entwurf des britischen Architekturbüros Whitaker Studios zeigt, dass bei diesen Designs kein Bewohner hausen muss wie auf einem Frachtschiff. Viel eher weist der Entwurf den bereits beschrittenen Weg von Frachtcontainern zur architektonischen Designikone (s. Bildergalerie).
Der ISO-Frachtcontainer in seiner Grundform
Natürlich gibt es bereits fertig ausgebaute Container, die sich zwar gut für den Hausbau, ob für den Privatgebrauch oder als Büro, eignen, jedoch nur recht wenig mit ihrer eigentlichen Vorlage zu tun haben. Einzig die Maße stimmen noch mit einem Frachtcontainer überein.
Sprechen wir hingegen vom standardisierten Seecontainer, so ist in der Regel der ISO-Container 668 gemeint. Von diesen nach internationalem Standard genormten Frachtcontainern aus Stahl gibt es weltweit etwa 15 Millionen Exemplare. Sie haben eine Innenabmessung von 12,032 Meter in der Länge und 2,352 Meter in der Breite und bieten eine Höhe von 2,385 Metern. Damit bieten sie auf einer Fläche von 28,3 Quadratmetern eine akzeptable Deckenhöhe. Wem das noch nicht reicht, dem sei gesagt: Die 40-Fuß-Container gibt es auch als High Cube Container mit einer Deckenhöhe von 2,896 Metern.
Vorteile von Containern im Hausbau – Modularität, Robustheit, Kosten
Für den Bau eignen sich die Cargo Container vor allem aufgrund ihrer Modularität. Denn für ihren natürlichen Einsatz auf dem Frachtschiff oder auf der Ladefläche eines Lkw sind sie der strengen ISO-Norm unterworfen. Nur so sind sie problemlos stapelbar und können von jedem Fahrzeug der Frachtkette aufgenommen werden. Im Hausbau lässt diese Modularität eine besondere Freiheit in der Anordnung der Container zu. Sie lassen sich kompakt als Block stapeln, können leicht versetzt für Überhänge und Terrassen sorgen oder bieten einen lichten Innenhof. In entsprechender Anordnung und Verkleidung der Fassade ist es nicht unbedingt apparent, dass das Containerhaus tatsächlich einmal seinen Ursprung als Frachtgut auf hoher See hatte.
Zudem sind die Frachtcontainer äußerst robust, sie können Druck und Gewicht auch in mehreren Lagen übereinander gestapelt gut standhalten. Neun und mehr gefüllte Behälter können auf einem Container lagern, ohne dessen strukturelle Integrität zu gefährden. Im Hausbau kommt es entsprechend nicht zu Überlastungserscheinungen.
Auch die Oberfläche aus korrosionsgeschütztem Stahl ist auf den Einsatz in rauen Witterungsbedingungen auf hoher See ausgelegt – mitteleuropäische Stürme ziehen entsprechend wie ein laues Lüftchen über die Container hinweg. Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich eine neuwertige Oberfläche, in die Upcycler die ein oder andere Arbeitsstunde investieren dürften. Denn sichtbare Schäden liefern ideale Ansatzpunkte für Rost.
Die Aufarbeitung lohnt sich aber, da Seecontainer ein Massenprodukt sind und entsprechend günstig bezogen werden können. Natürlich sind sie wie andere Handelswaren auch aktuellen Schwankungen in der Nachfrage ausgesetzt und müssen zunächst einmal die Reise nach Deutschland hinter sich bringen – in der Regel kostet ein 20’Container, der kleinste ISO-Container, je nach Zustand und Anlieferung um die 3.000 Euro. Damit können die Frachtcontainer mit vielen anderen Baustoffen konkurrieren. Hinzu kommt der Designaspekt und die Kreativität beim Innenausbau des Rohlings.
Beim Innenausbau ist Kreativität gefragt
Zunächst einmal müssen Fenster und Türen ausgefräst werden, die Containerräume sind mit 14 bis 29 Quadratmetern nicht unbedingt groß. Licht muss also helfen, die Räume optisch zu vergrößern.
Kabel müssen gelegt werden, die Wände brauchen eine Dämmschicht und müssen anschließend verputzt werden. Ein Boden muss gelegt werden, die Decke sollte ebenfalls gedämmt und mindestens verputzt werden.
Ein ideales Zusammenspiel für den Innenausbau bietet Parkett für den Boden, Holzdielen oder Tapeten an den Wänden oder aber einfach überstrichener Putz. LED bieten eine stromsparende Alternative für die Nächte und können mit Solarpanelen auf dem Dach quasi autark mit Strom versorgt werden. Für Anbauten, Treppen und Balkone bieten sich Beton und Stahl an. Stahlgerüste vergrößern den Raum auf Balkon oder Veranda, hier lassen auch die Containertüren sich ideal in das architektonische Design einbinden.
Recyceltes Wohnen im Industrial Design
Auch im Innenausbau spielt das Recycling eine entscheidende Rolle im modernen Wohnen und Upcycling scheint kein Trend zu sein, der in den nächsten Jahren wieder verschwindet. Schwere Ketten an den Lampen, Couchtische aus Europaletten und recyceltes Holz für den Esstisch – das industrielle Design im Innenausbau lässt sich ideal mit den ausrangierten Frachtcontainern verbinden.
Kombiniert mit rohen Stoffen wie Holz, Beton, Glas und Stahl bieten die Seecontainer einen ikonischen Wohnraum, der sich flexibel ausbauen und modular erweitern lässt.
Günstiger Wohnraum mit dem Flair der hohen See
Frachtcontainer sind aus dem modernen Hausbau nicht mehr wegzudenken. Ob als Grundlage für das Eigenheim, als Gartenhäuschen oder Laube – die Frachtcontainer können günstig und auch mit verhältnismäßig geringem, technischen Verständnis wohnfertig ausgebaut werden.
Wer einen Rohling für das eigene Haus sucht, günstiges industrielles Design mag und etwas Zeit und Kreativität für den Ausbau besitzt, der findet in Seecontainern die perfekte Leinwand.
Preisgünstig, robust und stilsicher bieten ISO-Container all jenen ein Zuhause, die auf der Suche nach dem etwas anderen Eigenheim sind.
Und auch soziale Projekte setzen auf die ausrangierten Container. Städte wie New York etwa haben Seecontainer schon genutzt, um nach der Sturmflutkatastrophe vorübergehende Unterkünfte für obdachlos gewordene Bürger anbieten zu können.
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