Seide statt Mikroplastik – Forschern gelingt Durchbruch
Ein internationales Forschungsteam hat einen neuen Ansatz gefunden, um zumindest einen Teil der Kunststoffe überflüssig zu machen. Statt Plastik soll Seide eine schützende Hülle bieten, wie sie zum Beispiel für Medikamente benötigt wird. Das klingt teuer, ist es aber nicht. Der Umwelt könnte es helfen.
Mikroplastik ist ein großes Problem für die Umwelt. Die winzigen Kunststoffpartikel werden nicht abgebaut und landen über die Nahrungskette in Tieren und Menschen. Sogar in einer menschlichen Leber ist Mikroplastik bereits nachgewiesen worden. Welche gesundheitlichen Schäden das mit sich bringen könnte, ist noch unklar. Fest steht: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt suchen nach Lösungen, um Kunststoffe zu ersetzen. Ein Forschungsteam hat jetzt einen interessanten Lösungsansatz vorgestellt, der Mikroplastik in bestimmten Einsatzbereichen überflüssig machen könnte. Die Expertinnen und Experten stammen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und von BASF.
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Alternativen für Mikroplastik müssen schnell gefunden werden
Mikroplastik gelangt nicht nur dadurch in die Umwelt, dass sich Produkte wie Plastikflaschen, Tüten oder Joghurtbecher langsam zersetzen, es wird zudem bewusst bestimmten Produkten zugesetzt, etwa Agrarchemikalien, Farben, Reinigungsmitteln und Kosmetika. Die Europäische Chemikalienagentur schätzt, dass allein in der Europäischen Union auf diese Weise etwa 50.000 Tonnen pro Jahr verarbeitet werden. Klar ist, dass dies ein Ende haben soll. Die EU hat festgelegt, dass diese Form des Mikroplastiks bis 2025 durch biologisch abbaubare Stoffe ersetzt werden muss.
Alternativen sind also gefragt. Denn Mikroplastik dient in vielen Zusammenhang als Schutz vor Luft oder Feuchtigkeit. Das ist beispielsweise bei Vitaminen der Fall, die in Mikroplastik eingebettet werden. Diese sind dann wiederum von einer Kapsel umhüllt. So verhindert der Kunststoff, dass ein Wirkstoff zu schnell freigesetzt oder abgebaut wird. Im Fall von Pestiziden, die in Kombination mit Mikroplastik ausgebracht werden, kann Mikroplastik sogar unerwünschte Begleiterscheinungen auf die Umwelt reduzieren.
Mikroplastik: Neue Gefahren – neue Vermeidungsstrategien
Seide als Mikroplastik-Ersatz wäre durchaus bezahlbar
Gerade weil die genauen Folgen des Mikroplastiks für Umwelt, Mensch und Tier noch nicht erforscht sind, gilt es zu handeln. Denn die winzigen Kunststoffpartikel breiten sich rasanter Geschwindigkeit aus und lassen sich nur schwer wieder entfernen. Etwa 10% bis 15% des Mikroplastiks wird vermutlich entsprechenden Produkten absichtlich hinzugefügt, während der Rest vor allem von größeren Gegenständen stammt, die sich zersetzen, sowie durch den Abrieb von Autoreifen in die Luft gelangt. „Wir können das gesamte Mikroplastikproblem nicht mit einer einzigen Lösung beseitigen, die für alle Quellen gilt“, sagt Benedetto Marelli, Professor für Bau- und Umwelttechnik am MIT. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen will er daher bei den ersten 10% beginnen. Dafür sollen Seidenfäden die Lösung sein.
Um es vorwegzunehmen: Teure Seidenfäden, die zu hochwertigen Stoffen verarbeiten werden sollen, können natürlich kein Ersatz für Mikroplastik sein. Das wäre unbezahlbar. Das Team um Marelli hat sich vielmehr mit einem Seidenprotein beschäftig, das gut erhältlich und günstig ist, weil es keine Textilqualität hat.
Diese Seidenfasern haben die Forschenden mit einem skalierbaren wasserbasierten Verfahren aufgelöst. Die Verarbeitung sei so einfach, dass sie problemlos in bestehende Fabriken integriert werden könne – Seide ist außerdem nicht giftig und baut sich natürlich ab.
Die Eigenschaften der Seide können für den Einsatz modelliert werden
Das Seidenmaterial kann wasserabweisend (hydrophob) sein oder wasseranziehend (hydrophil) oder jeder beliebige Zustand dazwischen. Das heißt, es kann so hergestellt werden, dass es den Eigenschaften des Materials entspricht, das es ersetzen soll. Um das näher zu untersuchen, verwendeten die Forschenden ein spezielles Sprühgefriersystem. So konnten sie beobachten, wie die Verkapselung der Wirkstoffe in der Seide im Detail funktioniert. Dafür werden das Nutzlastmaterial und das Beschichtungsmaterial in einer Lösung vermischt und dann versprüht. Wenn sich Tröpfchen bilden, wird die Nutzlast in eine Hülle aus dem Beschichtungsmaterial eingebettet, unabhängig davon, ob es sich um den ursprünglichen Kunststoff oder das neue Seidenmaterial handelt. Ein Herbizid, das sie auf diese Weise herstellten, testeten sie in einem Gewächshaus an einer Maispflanze. Nach ihren Angaben funktionierte es sogar besser als ein handelsübliches Produkt und fügte den Pflanzen weniger Schaden zu.
Sogar ausrangierte Seidenstoffe könnten für dieses Verfahren verwendet werden. Statt die Umwelt mit weiterem Mikroplastik zu belasten, könnte dieses System also zu einem sinnvollen Material-Recycling beitragen.
Aktuell liegt der Schwerpunkt der Seidenproduktion zwar in China. Darin sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber kein Problem. China habe die hochwertige Seidenfadenproduktion perfektioniert. Als Mikroplastik-Ersatz werde jedoch nur lose Seide benötigt. Die ließe sich auch in anderen Regionen der Welt herstellen, sodass die Gefahr eine Abhängigkeit von China nicht bestünde.
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