Klimawandel in der Stadt 05.04.2023, 07:00 Uhr

Sensoren ermitteln: Innenstädte brauchen Schatten

Studierende der ETH Zürich haben öffentliche Sitzgelegenheiten mit Sensoren ausgestattet. Ihr Ziel: Herausfinden, wann und wie sie genutzt werden. Die Stadt Zürich lässt die Ergebnisse nun in künftige Planungen für Innenstadtplätze einfließen.

Stühle mit Sensoren in der Zürcher Innenstadt

Studierende statteten Stühle mit Sensoren aus, um zu erfahren, wie die Menschen in Zürich sie nutzen.

Foto: Stadt Zürich

Zu dem Bild von Innenstädten gehören unter anderem Bäume, Pflanzen, Sitzgelegenheiten und Plätze. Die Bäume spenden im Sommer Schatten, nicht selten stehen Bänke darunter oder in der Nähe. Ein geeigneter Platz, um sich einen Moment auszuruhen. In der Stadt Zürich stehen sogar Stühle auf öffentlichen Plätzen, zum Beispiel auf dem Münsterhof und dem Vulkanplatz – beides zentrale Punkte in der Innenstadt.  Der Münsterhof liegt in der Altstadt, der Vulkanplatz wurde erst kürzlich neugestaltet und liegt am Bahnhof Zürich Altstetten.

Mehr Power für die Smart City durch leistungsfähige Open Source Tools

Da Zürich an dem Projekt Smart City teilnimmt, wollte die Stadt in Erfahrung bringen, wie vorhandene Sitzgelegenheiten genutzt werden, ob die Nutzung im Zusammenhang mit immer heißer werdenden Sommermonaten aufgrund des Klimawandels steht. Studierende der ETH Zürich haben deshalb im August und September 2022 16 Sitzgelegenheiten mit speziellen Sensoren ausgestattet, die sie eigens für das Projekt entwickelt haben.

Sensoren ermitteln anonym die Nutzung von Stühlen

Die Sensoren messen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und den Lärmpegel. Darüber hinaus erfassen sie auch, wie die Stühle, an denen sie angebracht sind, genutzt werden. „Der Sensor kann die Position eines Stuhls mittels GPS bestimmen“, erklärt Lukas Schulthess, Projektleiter von der ETH Zürich. „Mit einem Beschleunigungssensor und einem intelligenten Auswertungsalgorithmus lässt sich ermitteln, wie lange jemand auf einem Stuhl sitzt.“

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Damit die Sensoren die Daten adäquat übertragen konnten, nutzen die Studierenden das vorhandene LoRaWAN-Netz in der Züricher Innenstadt. Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, das ewz, betreibt dieses Netz. Es ist praktisch die Grundlage für Smart City Zürich. Während der Projektphase funktionierte die drahtlose Datenübertragung ohne Störungen. Vorteil der Sensoren: Sie erheben die Daten effizient, zuverlässig, kontinuierlich und anonym. Man hätte dafür sicherlich auch Fragebögen oder Kameras einsetzen können oder Zählungen durchführen. Doch die von den Sensoren ermittelten Daten lassen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zu. Deshalb nutzte die Stadt diese Art der Erhebung.

Ergebnisse zeigen: die Menschen suchen Schatten

Nachdem die Studierenden zwei Monate lang Daten gesammelt hatten, folgte nun die Auswertung. Die Stadt Zürich hat besonderes Interesse an den Ergebnissen, da sie sich davon erhofft, öffentliche Räume nicht nur bedarfsgerechter zu planen, sondern dabei auch den Klimawandel und dessen Folgen zu berücksichtigen. Nach Auswertung der Daten ergab sich folgendes Bild: Die Sitzgelegenheiten werden sowohl auf dem Münsterhof als auch auf dem Vulkanplatz morgens und abends ähnlich stark genutzt. Auf dem Münsterhof sitzen die Menschen vor allem nachmittags, auf dem Vulkanplatz sind die Stühle hauptsächlich mittags belegt. Samstags befinden sich offensichtlich mehr Menschen auf dem Münsterhof als auf dem Vulkanplatz, da auch die Sitzgelegenheiten in der Altstadt stärker frequentiert waren.

Die Daten konnten sogar ein Ergebnis hinsichtlich der Position der Stühle liefern: Menschen, die auf dem Münsterhof die Stühle nutzten, stellten sie mit zunehmender Sonneneinstrahlung in den Schatten. Ein solches Phänomen ließ sich auf dem Vulkanplatz nicht feststellen. Dort standen die Stühle den ganzen Tag über verteilt auf dem Platz – unabhängig von Sonneneinstrahlung und Temperatur. Die Studierenden hatten auch eine Erklärung für diese Unterschiede in der Nutzung: Das hänge mit der Gestaltung der Plätze zusammen. Auf dem Vulkanplatz sind etliche kleine Bäume gepflanzt worden. Sie spenden offensichtlich ausreichend Schatten an sonnigen Tagen. Der Münsterhof dagegen ist ein Platz in der Altstadt ganz ohne Grün.

Auswirkungen des Klimawandels bei Stadtplanung berücksichtigen

Die Stadt Zürich will diese Daten nun künftig bei der Planung von öffentlichen Plätzen verwenden. Möglicherweise werden dann die Sensoren auch nochmal zum Einsatz kommen. Der Test hat jedenfalls gezeigt, dass es in Zukunft immer wichtiger wird, die Auswirkungen des Klimawandels in einer großen Stadt bei Planungen zu berücksichtigen. Schließlich sollen die Menschen gern in Zürich verweilen, brauchen aber auch den passenden Raum. Da Städte wie Zürich immer weiter wachsen, stellt es eine besondere Herausforderung für Städteplaner dar, adäquate Plätze für die Menschen zu gestalten.

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Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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