Klimawandel 28.02.2025, 13:30 Uhr

Sinkende Windgeschwindigkeiten im Sommer: Ein wachsendes Risiko für die Energieversorgung?

Wie beeinflusst der Klimawandel die Windgeschwindigkeit und welche Folgen hat dies für die Energieversorgung? Forschende zeigen, dass ein Rückgang der Windgeschwindigkeit, besonders im Sommer, die Windenergieproduktion verringern könnte.

Windgeschwindigkeit

Wind Stilling: Die unterschätzte Gefahr für die nachhaltige Energieversorgung?

Foto: PantherMedia / YuliyaKirayonakBO

Gan Zhang von der University of Illinois Urbana-Champaign (UIUC) hat erforscht, wie sich das Wind Stilling in den nächsten Jahrzehnten verändern wird.

Die Analysen von Klimasimulationen unter hohen Emissionsszenarien zeigen, dass die Windgeschwindigkeit in den Sommermonaten der nördlichen mittleren Breiten um bis zu 15 % abnimmt („Stilling“).

Was versteht man unter „Wind Stilling“?

„Wind Stilling“ bezeichnet die langfristige Verringerung der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit nahe der Erdoberfläche. Dieser Effekt wurde in vielen Regionen der Welt beobachtet und steht vermutlich in Zusammenhang mit Faktoren wie dem Klimawandel, veränderten Luftdruckmustern, einer stärkeren Erwärmung von Landflächen im Vergleich zu den Ozeanen und zunehmender Vegetation oder Bebauung, die die Bodenrauhigkeit erhöht.

In einem sich erwärmenden Klima könnte „Wind Stilling“ besonders problematisch für die Windenergieerzeugung sein, da eine geringere Windgeschwindigkeit die Effizienz und Stromproduktion von Windkraftanlagen verringert.

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Trotz Unsicherheiten deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich dieser Effekt im späten 21. Jahrhundert deutlich bemerkbar machen wird. Besonders kritisch ist, dass das Stilling mit einem steigenden Bedarf an Kühlung zusammenfällt, was die Energieversorgung belasten könnte. Forschende betonen daher die Notwendigkeit, saisonale Windveränderungen in die Energieplanung einzubeziehen, um eine stabile und widerstandsfähige Energieversorgung sicherzustellen.

Wie sich die Windgeschwindigkeit verändert

Die Windgeschwindigkeit in Bodennähe hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Zwischen 1980 und 2010 wurde ein deutlicher Rückgang („Wind Stilling“) in den mittleren Breiten der Nordhalbkugel beobachtet, möglicherweise verursacht durch veränderte Vegetation und Luftströmungen. Seit den 2010er Jahren kehrt sich dieser Trend jedoch teilweise um, was auf natürliche Klimaschwankungen zurückgeführt wird.
Die zukünftige Entwicklung der Windressourcen ist unsicher. Während einige Studien nur geringe Veränderungen erwarten, deuten Klimamodelle auf weitreichende Verschiebungen hin. Selbst für gut erforschte Regionen gibt es keine eindeutige Prognose, was die Planung für eine nachhaltige Energieversorgung erschwert.

Unterschiede in den Prognosen ergeben sich teilweise aus natürlichen Klimaschwankungen. Viele Studien zu zukünftigen Windgeschwindigkeiten basieren auf einzelnen oder kleinen Gruppen regionaler Klimasimulationen. Diese verwenden hochauflösende Modelle, um lokale Effekte zu erfassen, können aber oft nicht eindeutig zwischen natürlicher Variabilität und menschengemachter Erwärmung unterscheiden. Zudem fehlt manchen Studien der Bezug zu großräumigen atmosphärischen Veränderungen, was die Zuverlässigkeit der Ergebnisse einschränkt.

Saisonale Veränderungen und Risiken für die Energieversorgung

Obwohl die jährlichen Veränderungen der Windgeschwindigkeit meist gering erscheinen (<5 %), deuten Untersuchungen zur atmosphärischen Zirkulation darauf hin, dass diese saisonal verstärkt auftreten. Da die Energieausbeute von Windrädern stark von der Windgeschwindigkeit abhängt, könnten selbst moderate Rückgänge (5–10 %) die Stromproduktion verringern. Dies könnte besonders in Extremsituationen wie Hitzewellen zu Engpässen führen, wenn gleichzeitig die Nachfrage nach Kühlung steigt.

Forschende haben festgestellt, dass der Klimawandel die Windressourcen saisonal unterschiedlich beeinflusst. Eine Analyse von rund 200 Klimasimulationen zeigt, dass im Winter der Nordhalbkugel und in der Südhalbkugel eine Verschiebung der Westwindzonen dominiert, während im Sommer der Nordhalbkugel ein deutlicher Rückgang der Windgeschwindigkeit („Wind Stilling“) auftritt. Dieses menschengemachte Phänomen könnte noch in diesem Jahrhundert sichtbar werden und geht mit einer verstärkten Erwärmung der Landflächen einher. In einem Szenario mit hohen Emissionen (SSP3-7.0) könnte die Windgeschwindigkeit im Sommer um bis zu 10 % sinken, was einen Rückgang der potenziellen Windstromerzeugung um etwa 25 % bedeuten würde. Forschende haben bestehende Erklärungen hinterfragt und einen neuen Mechanismus vorgeschlagen, der die verstärkte Land- und Troposphärenerwärmung als Hauptursache betrachtet.

Besonders kritisch ist die Kombination aus steigendem Kühlbedarf und sinkender Windstromerzeugung im Sommer, die zu Energieengpässen in dicht besiedelten Regionen führen könnte. Simulationen zeigen, dass in einem Hochemissionsszenario die Nachfrage nach Kühlenergie bis 2100 um bis zu 140 % steigen könnte, während die Windstromproduktion im Sommer um 25 % sinkt. Forschende empfehlen daher Effizienzsteigerungen, den Ausbau alternativer erneuerbarer Energien wie Solarenergie sowie Investitionen in die Stromnetzinfrastruktur, um diese Risiken zu minimieren.

Hier geht es zu der Studie

Wird der Wind doch schneller?

Eine andere Studie, geleitet von Zhenzhong Zeng von der Universität Princeton, kommt zu anderen Ergebnissen. Die Forscher analysierten Daten von 1.400 Wetterstationen, überwiegend auf der Nordhalbkugel, aus den Jahren 1978 bis 2017. Laut dieser Untersuchung stiegen die Windgeschwindigkeiten in zehn Metern Höhe zwischen 2010 und 2017 um 7 %. Dadurch konnten Windturbinen im Jahr 2017 etwa 17 % mehr Strom erzeugen als noch vor 2010.

Zwischen 1978 und 2009 nahmen die Windgeschwindigkeiten weltweit um durchschnittlich 2,3 % pro Jahrzehnt ab. Anfangs vermuteten Forscher, dass Aufforstung und höhere Gebäude in der Nähe der Messstationen den Wind bremsten. Doch ab 2010 kehrte sich der Trend um: Die Windgeschwindigkeiten stiegen wieder an, und zwar schneller als sie zuvor gesenkt wurden. Da es keine Veränderungen in Aufforstung und Bautätigkeit gab, untersuchten Zeng und sein Team andere Ursachen. Sie fanden heraus, dass die zyklische Wechselwirkung von atmosphärischen Wind- und ozeanischen Wasserkreisläufen für die globalen Windtrends verantwortlich ist. Diese Wechselwirkungen spielen eine wichtige Rolle beim globalen Austausch von Wärme und Druck.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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