So groß ist das Potenzial der Wälder zur CO2-Speicherung tatsächlich
Eine internationale Studie bringt Klarheit in ein kontrovers diskutiertes Thema: Was bringt es, Wälder für die CO2-Speicherung wiederaufzuforsten? Stünde dafür überhaupt ausreichend Land zur Verfügung oder ist das Ganze ohnehin nur eine akademische Diskussion?
Schon jetzt zeigen sich Folgen des Klimawandels. Umso wichtiger ist es, Maßnahmen zu ergreifen, um den Anstieg der Temperaturen zu begrenzen. Im Fokus steht dabei der Anteil klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre. Zwei Aspekte sind dafür wichtig: Wie kann es gelingen, den Ausstoß von CO2 & Co. zu reduzieren? Außerdem sollten vorhandene Gase gebunden oder über andere Wege der Atmosphäre wieder entzogen werden. Hier kommen die Wälder ins Spiel. Dass sie Kohlenstoffdioxid binden können, ist bekannt. Fraglich ist jedoch das Ausmaß. Eine aktuelle Studie, für die weltweit Daten gesammelt wurden, liefert Antworten.
Fragestellungen zum CO2-Speicherpotenzial der Wälder
Verschiedene Studien haben dazu geführt, dass das CO2-Speicherpotenzial von Wäldern in Fachkreisen unterschiedlich eingeschätzt wird. Während ein Teil der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen davon ausging, dass eine Wiederaufforstung mehr als 200 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid binden könnte, vermuteten andere, dass diese Werte das Speicherpotenzial um ein Vielfaches zu hoch einschätzten. Eine weitere Frage stand im Raum: Welche negativen Auswirkungen sind von Massenaufforstungen und Kohlenstoffkompensationsprogrammen zu erwarten?
Das Crowther Lab der ETH Zürich wollte endlich Klarheit in die Debatte bringen und hat Hunderte Forschende davon überzeugt, sich an einer weltweiten Datensammlung zu beteiligen. Dazu verwendete das Team unter anderem bodengestützte Datenaufnahmen sowie Satellitendaten.
Wiederaufforstungsmaßnahmen wären nicht überall möglich
Das sind die Ergebnisse: Das natürliche Kohlenstoff-Speichervermögen der Wälder ist weltweit etwa 328 Gigatonnen höher – im Vergleich zur tatsächlich gespeicherten Menge. Das heißt aber nicht, dass sich dieses Speicherpotenzial tatsächlich heben ließe. Denn ein großer Teil der ehemaligen Waldflächen wird mittlerweile anderweitig genutzt, etwa für Wohnsiedlungen und für die Landwirtschaft.
Eine Renaturierung beziehungsweise Wiederaufforstung wäre also nur außerhalb dieser Gebiete denkbar. Realistischerweise ließe sich das vor allem in dünn besiedelten Regionen umsetzen. Die Forschenden kommen dabei auf die stolze Zahl von 226 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid. Etwa 61 Prozent dieses Potenzials könnten allein durch den Schutz bestehender Wälder erreicht werden – damit sie sich erholen. Die restlichen 39 Prozent wären umsetzbar, indem beispielsweise die Lücken zwischen fragmentierten Waldlandschaften geschlossen würden. Notwendig wären außerdem ein nachhaltiges Management der Wälder sowie eine Wiederherstellung von.
„Die meisten Wälder der Erde sind stark geschädigt. Die meisten Menschen waren noch nie in einem der wenigen Primärwälder, die es noch gibt“, erklärt Lidong Mo, einer der Hauptautoren der Studie. „Um die Biodiversität weltweit wiederherzustellen, muss vor allem die Entwaldung gestoppt werden.“
Artenvielfalt zahlt auf das CO2-Speicherpotenzial der Wälder ein
Interessant ist dabei, dass etwa die Hälfte des globalen Speicherpotenzials der Wälder von ihrer Biodiversität abhängt. Monokulturen sind also wenig hilfreich. Dementsprechend müssten Wiederaufforstungsmaßnahmen so gestaltet sein, dass sie die natürliche Artenvielfalt fördern. Zusätzliche Effekten ließen sich durch eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft erreichen.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen betonnen außerdem, dass eine Wiederaufforstung zum Zwecke der Kohlenstoffdioxid-Speicherung nicht zulasten anderer Ökosysteme gehen darf, die natürlicherweise waldfrei sind, etwa Tundren oder Grasländer. „Bei der globalen Wiederherstellung von Natur geht es nicht nur um Bäume“, sagt Constantin Zohner von der ETH Zürich. „Wir müssen die natürliche Biodiversität aller Ökosysteme, die für das Leben auf der Erde wichtig sind, schützen – dazu zählen auch Wiesen, Moore oder Feuchtgebiete.“
Ein weiterer Aspekt ist den Forschenden wichtig: Auch wenn Wälder unterm Strich bis zu 30 Prozent des vom Menschen verursachten Kohlenstoffs binden könnten, wäre das bei weitem nicht ausreichend. Anders gesagt: Es ist unverzichtbar, parallel die CO2-Emissionen zu senken.
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