So schaden Schleppnetzfischer dem Klima
Eine aktuelle Studie des Helmholtz-Zentrums Hereon zeigt, dass die intensive Schleppnetzfischerei in der Nordsee die Kohlenstoffspeicherung im Meeresboden beeinflusst. Die Folge: Es wird vermehrt Kohlenstoff freigesetzt, der als CO2 in die Atmosphäre gelangt und den Klimawandel verstärkt.
Die Nordsee ist ein wichtiges Fanggebiet vor allem für Plattfische und Garnelen. Gefischt werden sie mithilfe von Schleppnetzen. Bei dieser Fangmethode lassen Fischkutter die Netze bis tief auf den Meeresboden absinken, um sie dann darüber zu ziehen. Dieses Verfahren hat jedoch weitreichende Auswirkungen auf die Ökosysteme am Grund des Meeres, wie eine aktuelle Studie zeigt. Forschende des Helmholtz-Zentrums Hereon haben in Zusammenarbeit mit Partnern des Projekts APOC herausgefunden, dass die intensive Schleppnetzfischerei die Fähigkeit des Meeresbodens erheblich beeinträchtigt, Kohlenstoff zu speichern. Indem Schleppnetze die Sedimente aufwirbeln, wird vermehrt Kohlenstoff freigesetzt. Dieser gelangt am Ende in Form von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre und verstärkt den Klimawandel.
Blue Carbon: CO2-Speicherung an Küsten braucht klare Regeln
Für die Studie sammelte das Forschungsteam mehr als 2.300 Sedimentproben aus der Nordsee. Es konnte mit hoher statistischer Sicherheit nachweisen, dass Gebiete mit intensiver Schleppnetzfischerei geringere Mengen an organischem Kohlenstoff in den Sedimenten aufwiesen als Gebiete mit geringer Befischung. Mithilfe von Computersimulationen zeigte Das Team außerdem, dass der Kohlenstoffgehalt im Meeresboden durch kontinuierliche Schleppnetzaktivitäten, die sich über Jahrzehnte erstrecken, stetig abnimmt. Besonders betroffen sind weiche, schlammige Böden, die als effektive Kohlenstoffspeicher fungieren.
Schleppnetzfischerei setzt Millionen Tonnen CO2 frei und beeinflusst das Klima
Die Sedimente am Meeresgrund spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Bindung von Kohlenstoff geht. Lebewesen, die in und auf dem Meeresboden leben, nehmen den Kohlenstoff nicht nur auf, sondern verlagern ihn durch ihre Aktivitäten wie Wühlen und Graben in andere, vor allem tiefere Bodenschichten. Genau dort kann er über Tausende von Jahren gespeichert werden. Die Schleppnetze zum Fischfang stören jedoch diesen natürlichen Prozess. Der Mechanismus dahinter entsteht vor allem durch das Aufwirbeln der Sedimente: Auf diese Art und Weise gelangt der Kohlenstoff aus den sauerstoffarmen Tiefen ins sauerstoffreichere Wasser. Dort wandeln Mikroorganismen ihn zu CO2 um. Ein Teil dieses CO2 entweicht in die Atmosphäre und verstärkt als Treibhausgas wohl den Klimawandel.
Die Forschenden haben dazu eigene Berechnungen angewandt, demnach die Schleppnetzfischerei in der Nordsee jährlich rund eine Million Tonnen CO2 aus den Sedimenten freisetzt. Rechnet man dies auf die global hoch, schätzen sie den Effekt auf etwa 30 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Diese Schätzung liegt zwar leicht unter früheren globalen Schätzungen, berücksichtigt jedoch erstmals kritische Rückkopplungsschleifen zwischen Schleppnetzfischerei, Partikeldynamik und den tierischen Lebensgemeinschaften am Meeresboden. Das bei Hereon entwickelte numerische Modell bezieht diese dynamischen Wechselwirkungen nun mit ein.
Schlammige Meeresböden besser schützen hat auch Effekte auf den Klimawandel
„Unsere Methoden und Ergebnisse können bei der Optimierung der marinen Raumordnungspolitik eingesetzt werden, um den potenziellen Nutzen einer Begrenzung oder Beendigung der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten zu ermitteln“, betont Wenyan Zhang, Erstautor der Studie und Geophysiker am Hereon-Institut für Küstensysteme. „Unsere Ergebnisse weisen auf die Notwendigkeit hin, schlammige Lebensräume in Küstenmeeren wie der Nordsee besonders zu schützen.“
Denn bisher würden sich Meeresschutzmaßnahmen häufig auf Gebiete mit harten, sandigen Böden und Riffen beschränken. Zwar sei bei solchen Gebieten eine hohe ökologische Vielfalt zu erkennen, dafür könnten sie jedoch weniger Kohlenstoff speichern.
Forschung im Verbund: Meere schützen und Klimawandel entgegenwirken
APOC steht ins Deutsche übersetzt für „Anthropogene Einflüsse auf den Kreislauf partikulären organischen Kohlenstoffs in der Nordsee“. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt. Im Mittelpunkt des Projekts stehen die Bedeutung feinkörniger Sedimente in der Nordsee, konkret im Hinblick auf ihre Funktion als Kohlenstoffspeicher. Damit einher geht auch eine Betrachtung, wie dadurch der globale Klimawandel beeinflusst wird.
Zu den Partnern im Verbundprojekt APOC gehören das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mit den gewonnenen Erkenntnissen hoffen die Forschenden einen Beitrag zu leisten, effektive Schutzmaßnahmen zu entwickeln, mit denen sich die Kohlenstoffspeicherung in Meeresböden erhalten lässt. Denn am Ende sei das ein Beitrag zum Klimaschutz.
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