Stadtbäume und ihr Einfluss auf unsere Sterblichkeit
Studie zeigt: Die Anordnung von Bäumen in Städten kann die Sterblichkeit beeinflussen – besonders in dicht besiedelten Quartieren.

Es ist nicht nur wichtig, wie viele Bäume es in der Stadt gibt. In einer Studie wurde herausgefunden, dass deren Verteilung einen Einfluss auf unsere Sterblichkeit hat.
Foto: PantherMedia / AlexGukBO
Eine Langzeitstudie aus der Schweiz zeigt: In städtischen Wohngegenden mit vielen, gut vernetzten Bäumen ist die Sterblichkeit niedriger. Dabei spielt nicht nur die Menge der Bäume eine Rolle, sondern vor allem ihre räumliche Verteilung. In dichter bebauten Stadtteilen kann durch gezielte Begrünung der gesundheitliche Nutzen erheblich steigen. Die Forschenden fordern mehr Daten und klarere Kennzahlen für die Stadtplanung.
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Mehr als nur Schatten und frische Luft
Dass Bäume in der Stadt viele Vorteile mit sich bringen, ist unbestritten. Sie senken die Temperatur an heißen Tagen, spenden Schatten und binden Feinstaub. In einer Zeit steigender Temperaturen und zunehmender Urbanisierung setzen viele Städte auf mehr Grün. Doch was, wenn nicht nur die Anzahl, sondern auch die Anordnung der Bäume entscheidend ist?
Diese Frage beschäftigt nicht nur Stadtplanende, sondern auch die Forschung. Denn gerade in dicht bebauten Städten ist der Platz für neue Parks oder Alleen begrenzt. Es stellt sich also die Frage: Wie kann man die bestehenden Flächen so gestalten, dass sie einen möglichst großen Nutzen bringen?
Die Rolle der Baumverteilung
Forschende der ETH Zürich und der National University of Singapore haben in einer Langzeitstudie untersucht, wie die Verteilung von Bäumen rund um Wohngebäude mit der Sterblichkeit in Zusammenhang steht. Sie analysierten Daten von mehr als sechs Millionen Erwachsenen in der Schweiz – über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Zunächst werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hochauflösende Daten zu Baumkronen aus. Diese zeigten nicht nur, wie viele Bäume es im Umkreis von 500 Metern rund um den Wohnort gab. Sie lieferten auch Informationen zur Form, Größe und Verteilung der Baumflächen.
Die Forschenden verglichen diese Merkmale mit natürlichen Todesfällen – also solchen, die nicht durch Unfälle, sondern durch Krankheit oder Alter verursacht wurden. Die räumlichen Daten wurden aus Datenschutzgründen vom Bundesamt für Statistik auf eine Genauigkeit von 50 Metern gerundet.
Weniger Sterblichkeit bei besser vernetzten Baumflächen
Die Ergebnisse sind eindeutig: Menschen, die in Wohngegenden mit großen, zusammenhängenden Baumflächen leben, haben ein geringeres Risiko, an natürlichen Ursachen zu sterben. Besonders stark zeigt sich dieser Effekt in dicht besiedelten Quartieren mit schlechter Luft und hohen Temperaturen.
Es genügt also nicht, einfach nur Bäume zu pflanzen. Entscheidend ist, wie sie im Stadtraum angeordnet sind. Wenn Grünflächen stark zersplittert oder unregelmäßig geformt sind, ist der positive Effekt deutlich geringer.
Dengkai Chi, eine der Hauptautorinnen der Studie, sagt dazu: „Zwar können wir noch keinen direkten kausalen Zusammenhang nachweisen, doch selbst wenn wir Faktoren wie Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Status berücksichtigen, zeigen die Daten klare Korrelationen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass nicht nur die Anzahl der Bäume, sondern auch ihre räumliche Verteilung die Gesundheit beeinflussen könnte.“
Bäume als Netz verbinden
Die Ergebnisse legen nahe, dass es sinnvoll ist, bestehende, isolierte Baumflächen zu vernetzen. Zum Beispiel durch Baumalleen oder grüne Korridore zwischen Wohnblöcken. So entsteht nicht nur ein durchgehendes Mikroklima, sondern auch ein einladender Raum für Spaziergänge oder Sport.
Chi betont: „Um das gesundheitliche Potenzial von Bäumen voll auszuschöpfen, sollten Städte nicht nur die Anzahl der Bäume erhöhen, sondern auch darauf achten, dass isolierte Grünflächen miteinander verbunden sind – beispielsweise über baumgesäumte Alleen.“
Ein weiterer Aspekt betrifft die Form der Baumflächen: Geometrisch einfache Strukturen – etwa kreisrunde oder rechteckige Flächen – könnten laut Studie wirksamer sein als unregelmäßig geformte, zersplitterte Baumgruppen. Der Grund: Sie bieten ein größeres zusammenhängendes Grün, das sowohl für Tiere als auch für Menschen attraktiver ist.
Noch viele offene Fragen
Trotz der umfassenden Datenlage können die Forschenden noch keine endgültigen Aussagen zur Ursache-Wirkung-Beziehung treffen. Zu viele Einflussfaktoren konnten bislang nicht berücksichtigt werden – etwa Vorerkrankungen, das Rauchverhalten oder die individuelle Nutzung der Grünflächen.
Zudem bleibt offen, ob die Ergebnisse auf Gemeinde- oder Stadtebene übertragbar sind. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass auch eine gleichmäßige Verteilung der Grünflächen im gesamten Stadtgebiet wichtig sein könnte. So hätten möglichst viele Menschen Zugang zu gesunden Freiräumen.
Dengkai Chi fasst zusammen: „Wir stehen in dieser Forschung noch ganz am Anfang.“
Für Stadtplanende bedeutet das: Noch fehlen klare Kennzahlen und Schwellenwerte, die sich direkt in Bauvorgaben oder Begrünungskonzepte übersetzen lassen.
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