Starkes Team: Biobinder und Bakterien befreien Wasser von Ölpest
Viele Tausend Liter Öl laufen nach einer Havarie ins Meer: Die Rettung könnte demnächst vom Himmel fallen und winzig klein sein. Rostocker Forscher haben federführend ein neues Verfahren namens BioBind zur Bekämpfung der Ölpest entwickelt. Dabei werden biologisch abbaubare Binder aus Holzfaserstoffen mit Mikroorganismen bestückt und vom Flugzeug aus ins Katastrophengebiet abgeworfen.
Fünf mal fünf Zentimeter groß und vier Millimeter dick sind die mit Bakterien besiedelten Holzstückchen. Die von der Uni Dresden als Projektpartner entwickelten Holzfaserstoffe binden das Öl, die Mikroorganismen bauen es ab. „Was sich so einfach anhört – der Abwurf der biologisch abbaubaren Binder, ihr Einsammeln und Entsorgen war aber eine große Herausforderung für die Forscher“, erklärt Professor Fokke Saathoff vom Lehrstuhl für Geotechnik und Küstenwasserbau der Universität Rostock.
Mikroorganismen aus Ostseewasser züchten
Es werden auch nicht irgendwelche Bakterein auf die Ölbinder gesetzt. Vielmehr suchte das Sächsische Institut für angewandte Biotechnologie gewässertypische Mikroorganismen, die einen erhöhten Ölabbau ermöglichen. „Wir suchen die besten Bakterienstämme aus, die mit giftigen Ölkomponenten zurechtkommen müssen und davon leben“, erläutert Projektkoordinator Dr. Martin Powilleit vom Lehrstuhl für Geotechnik und Küstenwasserbau das Vorhaben.
Die ölhungrigen Mikroorganismen werden inzwischen aus Ostseewasser gezüchtet und können sogar ein Jahr lang im Trocknen liegen. Kommen sie nach diesem langen Zeitraum in Kontakt mit Flüssigkeiten, beginnen sie zu wachsen und fleißig Öl abzubauen.
Für einen Einsatz sind zwei Flieger nötig
Läuft Öl ins Meer muss zunächst ein Flugzeug die verschmutzte Wasseroberfläche scannen und die Koordinaten für die betroffene Fläche festlegen. Erst dann wirft ein zweites Flugzeug dort die neuen Ölbekämpfer ab.
Ölbinder entsorgen: Fischereitechnik und klassische Ölsperren werden kombiniert
„Die Binder lassen sich anschließend von der Wasseroberfläche aus mit Netzsperren einfangen oder von Land aus mit Vakuumtechnik aufsaugen und werden thermisch entsorgt“, erklärt Professor Mathias Paschen, Teilprojektleiter und Lehrstuhlinhaber Meerestechnik der Universität Rostock, das Verfahren.
Die Forscher haben hier Fischereitechnik und klassische Ölsperren miteinander kombiniert. Zwei Schiffe ziehen die an Bojen hängenden Netzsperren aus dem Meer. Alternativ können die kontaminierten Ölbinder auch von der Küste aus mit Vakuumtechnik herausgesaugt und thermisch entsorgt werden.
Im Focus: Küstennahe Gebiete und Flachwasser
Am besten lassen sich küstennahe Gebiete und Flachwassergebiete mit dem neuen Verfahren von Öl befreien, und das sogar bei hohem Wellengang. Doch schon jetzt melden sich bereits Umweltschützer und Wissenschaftler, um das System auch im Süßwasser und im Boden einzusetzen.
Gefördert wird das Projekt mit zwei Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium. Acht Partner aus Wirtschaft und Forschung sind an der Erarbeitung der neuen Technologie zur Ölbekämpfung beteiligt. Die neue Methode soll als Ergänzung zu bestehenden Konzepten des Havariekommandos und der Küstenländer dienen. Mit dem Küstenschiff des Leibniz-Institutes für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) wird das neue Reinigungsverfahren am 11. und 12. Juni 2014 auf der Ostsee getestet.
Seit 1970 kam es zu über 20 Ölhavarien, bei denen gewaltige Mengen an Öl ausgelaufen sind, darunter die Katastrophe der „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko. Die Berichte über die Katastrophen verstummen nach einiger Zeit, doch die Verschmutzungen bleiben und führen zu Langzeitschäden für Umwelt und Tiere. Bewährt sich die neue Technik, wäre dies ein Riesengewinn.
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