Stauseen lösen Erdbeben aus
In China mehren sich Erdbeben in der Nähe von Stauseen. Die Wassermassen drücken mit hunderten Millionen Tonnen auf den Untergrund. Das kann eine Kettenreaktion auslösen: Dämme brechen bei einem Beben und reißen die nächsten mit. Forscher schlagen Alarm.
Der Drei-Schluchten-Staudamm in China war aufs höchste umstritten, weil hunderttausende Menschen umgesiedelt werden mussten. Dass der mit 600 Kilometern Länge größte Stausee der Welt mit dem größten Wasserkraftwerk der Welt eine Gefahr darstellt spielte keine Rolle. Bisher. Jetzt aber mehren sich die Stimmen von einheimischen und ausländischen Wissenschaftlern, die vor dem Bau neuer riesiger Stauanlagen warnen, wie das energiehungrige China sie plant. Die gewaltigen Wassermassen, die mit einem Gewicht von manchmal hunderten Millionen Tonnen auf den Untergrund drücken, könnten Erdbeben auslösen, warnt etwa der chinesische Erdbebenforscher Fan Xiao.
Der deutsche Forscher Christian Klose vom US-amerikanischen Forschungsinstitut Think Geohazards gibt seinem chinesischen Kollegen Recht. An der Erdbebenkatastrophe von Sichuan im Jahr 2008 etwa, bei der 80 000 Menschen starben, fast 400 000 verletzt und 5,8 Millionen obdachlos wurden, sei der nahe gelegene Zipingpu-Stausee schuld gewesen. Bei einem Fassungsvermögen von 318 Milliarden Litern drückt er mit 318 Millionen Tonnen auf den Untergrund. Als der See volllief registrierten Erdbebenwarten in China zahlreiche leichtere Beben in der Umgebung. Dass das spätere Horrorbeben ebenfalls durch das Gewicht des Wassers verursacht wurde bestreiten chinesische Experten, die den Bau von Wasserkraftwerken befürworten. Das Beben in Sichuan habe sein Epizentrum 19 Kilometer unter der Erdoberfläche gehabt. Große Gewichte könnten dagegen nur oberflächennahe Verschiebungen auslösen, argumentieren sie.
Fast alle Dämme in Erdbebengebieten
Doch Fan Xiao lässt sich nicht beirren. Er glaubt, dass auch das jüngste Beben in der Provinz Sichuan am 20. April durch den immensen Druck von Stauseen ausgelöst wurde. Dass die Erschütterungen nach offiziellen chinesischen Angaben 55 Staudämme beschädigt haben, lässt die Sorge wachsen, die die kanadische Organisation Energy Probe Research Foundation in einer Studie geäußert hat. Schwere Beben könnten Dämme zerstören. Die Folgen wären mehr als katastrophal, vor allem, weil viele Flüsse mehrmals gestaut würden. Breche ein oberer Damm würden die frei werdenden Wassermassen auch die nächsten Dämme wegspülen. Es könnte Millionen Tote geben, warnen die Probe-International-Wissenschaftler.
Fast 50 Prozent der fertiggestellten, im Bau befindlichen und geplanten Staudämme im mittleren Süden Chinas befänden sich in Gebieten mit hoher und sehr hoher Erdbebentätigkeit, kritisieren die Experten. Etwa die Hälfte liege in moderat gefährdeten Regionen. In völlig ungefährdeten Gebieten stünden nur 1,4 Prozent der Anlagen. Die chinesische Regierung, so ihre Forderung, sollten die Risiken von Neubauten von internationalen Experten prüfen lassen.
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