Wie lassen sich Wirtschaftswachstum und Klimaschutz vereinen?
30 % der weltweit untersuchten Regionen haben ihre Wirtschaftsentwicklung vom CO₂-Ausstoß entkoppelt. Dabei zeigen sich vor allem Regionen mit hohem Einkommen und starkem Dienstleistungs- und Industriesektor als besonders erfolgreich.
Der Weg zur Nachhaltigkeit fordert von allen Regionen Anpassungen und neue Strategien, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: 30 % der Regionen weltweit verzeichnen wirtschaftliches Wachstum, während sie gleichzeitig ihre CO₂-Emissionen reduzieren. Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt auf, wie Regionen und Städte diesen Weg beschreiten und welche Faktoren den Erfolg fördern.
Inhaltsverzeichnis
Einkommensstarke Regionen und Dienstleistungszentren vorne
Die Entkopplung von CO₂-Emissionen und wirtschaftlichem Wachstum gelingt vor allem in einkommensstarken Regionen und Regionen mit einem starken Dienstleistungs- oder Industriesektor. „Wir haben festgestellt, dass 30 Prozent der Regionen, für die Daten verfügbar sind, die CO₂-Emissionen vollständig vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt haben“, erklärt Anders Levermann, Mitautor und Leiter der Forschungsabteilung ‚Komplexitätswissenschaft‘ am PIK. Diese Regionen zeigen, dass Wirtschaftswachstum nicht zwangsläufig zu einem höheren CO₂-Ausstoß führen muss.
Levermann betont zudem, dass die langfristige Stabilisierung der globalen Temperaturen nur mit Netto-Null-Emissionen erreicht werden kann: „Das bedeutet, dass Volkswirtschaften, die wachsen wollen, von CO₂-Emissionen entkoppelt werden müssen.“ Dabei spielt auch die historische Struktur einer Region eine Rolle, da viele einkommensstarke Regionen bereits in der Vergangenheit kohlenstoffintensive Industrien betrieben haben und so heute auf umfangreiche Erfahrungen und Technologien für die Reduzierung von Emissionen zurückgreifen können.
Subnationale Klimamaßnahmen treiben den Erfolg in der EU
Besonders in der EU haben subnationale Klimaschutzmaßnahmen eine starke Wirkung auf die CO₂-Entkopplung. „Insbesondere in EU-Städten, die Klimaschutzpläne umgesetzt haben, und in Regionen, die mehr finanzielle Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen erhalten haben, ist die Entkopplung tendenziell stärker ausgeprägt“, erklärt Maria Zioga, PIK-Wissenschaftlerin und Hauptautorin der Studie. Europa übertrifft dabei viele andere Weltregionen, da zahlreiche europäische Regionen einen kontinuierlichen Entkopplungstrend in den letzten 20 Jahren aufweisen. Im Gegensatz dazu zeigt Nordamerika schwankende Fortschritte, während Asien erst im letzten Jahrzehnt verstärkte Entkopplungsbestrebungen verzeichnet.
Zioga ergänzt, dass die EU durch finanzielle Anreize und klare Klimaziele ihre Städte und Regionen unterstützt und so als Vorbild für andere Weltregionen dient. Während die Umsetzung in Europa stabil voranschreitet, bleibt in anderen Teilen der Welt der Fortschritt ungleichmäßiger.
Globales Bild: 1.500 Regionen im Fokus
Im Gegensatz zu früheren Studien, die oft nationale Trends untersuchten, analysierte das PIK-Team die CO₂-Entkopplung auf subnationaler Ebene. Hierbei wurden rund 1.500 Regionen einbezogen, die zusammen für etwa 85 % der globalen Emissionen verantwortlich sind. Die Forscher kombinierten wirtschaftliche Daten mit Informationen zur Emissionsintensität und gewannen dadurch detaillierte Einblicke in regionale Entkopplungsmuster der letzten 30 Jahre.
Diese Methodik bringt auch Einschränkungen mit sich. Internationale Handelsverflechtungen und deren Auswirkungen auf regionale Emissionen konnten mangels verfügbarer Daten nur teilweise berücksichtigt werden. Dennoch zeigt die Studie wertvolle Einblicke in globale Entkopplungsprozesse und regionale Unterschiede.
Zukunftsprognose: Nur eine Minderheit der Regionen erreicht bis 2050 Netto-Null
Wie realistisch ist es, dass weltweit alle Regionen ihre CO₂-Emissionen auf Netto-Null senken können? Das Forscherteam untersuchte die bisherigen Entkopplungstrends und erstellte Prognosen für das Jahr 2050. „Die Industrieländer werden diese Ziele wahrscheinlich vor anderen erreichen, aber insgesamt scheinen die jüngsten Trends in den meisten Regionen nicht auszureichen, um bis zur Mitte des Jahrhunderts Netto-Null zu erreichen“, so Max Kotz, PIK-Gastforscher und Mitautor der Studie.
Aktuelle Entwicklungen lassen vermuten, dass weniger als die Hälfte aller untersuchten Regionen Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreichen wird. Kotz betont, dass dies nur durch entschlossenes Handeln auf allen Regierungsebenen zu ändern ist: „Daher müssen alle Regierungsebenen aktiv werden, und insbesondere die Industrieländer sollten ihre Anstrengungen und Investitionen in die Energiewende in den Ländern des globalen Südens erhöhen, um die Netto-Null-Ziele weltweit zu erreichen.“
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