Unglaublich: „Saubere“ Euro-6-Dieselautos schmutziger als Lkw
Die Abgase selbst modernster Diesel-Pkw, die auf dem Prüfstand die strengen Euro-6-Grenzwerte erfüllen, sind im Straßenverkehr schmutziger als die Abgase von Lastwagen und Omnibussen. Jetzt rächt sich, dass die Politik und das Kraftfahrt-Bundesamt jahrelang toleriert haben, dass Diesel-Pkw nur auf dem Rollenprüfstand „sauber“ sind.
Eigentlich war das Ergebnis der Studie des Forschungsverbundes ICCT, der auch an der Aufdeckung des Dieselskandals bei VW beteiligt war, zu erwarten. Selbst moderne Dieselautos, die schon die strengen Euro-6-Werte einhalten, stoßen im realen Straßenverkehr mehr Stickoxide aus als Lastwagen und Busse. Auf Basis realer Testreihen des Kraftfahrt-Bundesamtes sowie des finnischen Testlabors VTT hat ICCT die durchschnittlichen NOx-Emissionen moderner Nutzfahrzeuge und von Euro-6-Pkw errechnet.
Das Ergebnis: Die modernen Laster stoßen im Schnitt 210 mg NOx pro Kilometer aus, die Pkw dagegen mehr als 500 mg. Das ist auch kein Wunder, denn die Gesetzgeber in Europa haben den Autoherstellern viele Manipulationsmöglichkeiten eingeräumt.
Autohersteller schalten Abgasreinigung oft ab
So müssen die Euro-6-Autos nur auf dem Rollenprüfstand den vorgeschriebenen Ausstoß von 80 mg/km einhalten. Und das wird geschafft, in dem die Autos besonders langsam fahren, ohne eingeschaltete Stromverbraucher, mit besonderen Leichtlaufölen, aerodynamisch optimiert und unter weiteren, völlig realitätsfernen Bedingungen.
Mehr noch: Zum Motorschutz ist es den Herstellern erlaubt, im echten Verkehr die Abgasreinigung abzuschalten. Und das geschieht zum Beispiel bei geringen Temperaturen wie sie derzeit in ganz Deutschland herrschen, aber auch bei heißen Temperaturen und in den Bergen. Es ist davon auszugehen, dass aktuell im Winter fast alle Diesel-Pkw mit Euro-6-Zulassung in den Städten ohne Abgasreinigung unterwegs sind. Die Folge: dicke Luft.
Manche Hersteller nutzen diese Möglichkeit zur Abschaltung der Abgasreinigung intensiv aus. Solche Vorwürfe gibt es gegen Opel und auch gegen Fiat. Die Italiener sollen die Abgasreinigung ihrer Diesel generell nach 22 Minuten Laufzeit abschalten. Die Tests auf den Prüfständen dauern nur 20 Minuten.
Für den Forscherverbund ICCT sind die erstaunlichen Ergebnisse ein weiterer Grund dafür, dass NOx-Belastungen künftig real im Verkehr gemessen werden müssen. Diese so genannten RDE-Tests werden ab September in der EU schrittweise eingeführt. Dann dürfen neue Diesel-Pkw auch im Verkehr nur noch das 2,1-Fache des Laborwertes von 80 mg NOx pro Kilometer ausstoßen, das sind 168 mg.
Echte Tests im Verkehr zeigen hohe NOx-Belastungen
Nach Messungen der Zeitschrift auto motor und sport, die als einzige in Deutschland regelmäßig unabhängige NOx-Messungen von Dieselautos im Verkehr durchführt, stoßen die allermeisten Autos erhebliche Mengen NOx aus. Im gerade abgeschlossenen Test ist zum dritten Mal Renault negativ aufgefallen. Ein Renault Captur hat im realen Straßenverkehr die höchsten NOx-Werte aller 40 bislang untersuchten Diesel mit Euro-6-Zulassung ausgestoßen. Mit einem Wert von 1336 mg NOx pro Kilometer überschreitet der 1,4-Liter-Diesel den Euro-6-Laborgrenzwert von 80 mg um das 17-Fache.
Bislang war ein Renault Espace mit 1222 mg das schmutzigste Auto, das die Ingenieure der auto motor und sport im Verkehr gemessen haben. Der Espace stößt das 15-Fache des Laborwertes aus. Auch ein früheres Testergebnis des Renault Mégane dCI 100 ist mit 790 mg NOx pro Kilometer schwach, der Ausstoß liegt damit um das Zehnfache über dem Laborgrenzwert.
Neben den Renaults sind bei auto motor und sport auch die Modelle Subaru Outback 2.0D, der Volvo XC90 D5, Fiat 500X 1.6 Multijet, Mercedes CLA SB 200 d, Hyundai i40 1.7 CRDi, Ford Ranger 3.2 TDCi und der Mazda 3 D 105 mit hohen NOx-Werten von mindestens dem Achtfachen des Laborgrenzwertes aufgefallen.
Der ICCT nennt weitere Modelle mit sehr hohen NOx-Werten, beispielsweise den Suzuki Vitara 1.6l, den Dacia Sandero 1.5l und den beliebten Van Opel Zafira 1.6l (siehe Grafik).
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