Unkontrollierter Treibhauseffekt könnte die Erde in unbewohnbare „Hölle“ verwandeln
Die ganze Welt redet über das 1,5-Grad-Ziel, doch was passiert, wenn sich der Treibhauseffekt selbständig macht und nicht mehr kontrollierbar ist? Ein Genfer Forschungsteam hat es durchgerechnet, das Ergebnis ist die Hölle.
Klimaforschende haben erstmals alle Phasen eines unkontrollierten Treibhauseffekts simuliert und dabei entdeckt, dass dieser Prozess unseren grünen Planeten innerhalb der nächsten Jahrhunderte in eine unbewohnbare „Hölle“ verwandeln könnte, wie sie am Montag, den 18. Dezember, berichteten. Eine Erwärmung der Erde um nur wenige Dutzend Grad könnte einen solchen unkontrollierten Treibhauseffekt auslösen. In diesem Szenario würde die Erde so unwirtlich wie die Venus werden, ein Planet, dessen durchschnittliche Oberflächentemperatur laut NASA bei etwa 464 Grad Celsius liegt.
Unkontrollierter Treibhauseffekt simuliert
Ein Team von Astronominnen und Astronomen der Universität Genf (UNIGE), unterstützt von CNRS-Labors in Paris und Bordeaux, hat als erste alle Phasen eines unkontrollierten Treibhauseffekts simuliert. Der Treibhauseffekt beschreibt den Prozess, bei dem bestimmte Gase in der Erdatmosphäre Sonnenwärme einfangen und so die Temperatur der Erde beeinflussen. Natürliche Treibhausgase wie Wasserdampf spielen dabei eine Rolle. Aber auch menschliche Aktivitäten tragen dazu bei, insbesondere durch den Ausstoß von Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas entsteht.
In der Studie der UNIGE und des CNRS wurde ein unkontrollierbarer Treibhauseffekt untersucht, der entsteht, wenn eine Zunahme der Sonneneinstrahlung zu einem dramatischen und lawinenartigen Temperaturanstieg auf der Erde führt. Schon in den Anfangsphasen dieses Prozesses kommt es zu signifikanten Veränderungen in der atmosphärischen Struktur und der Wolkenbedeckung. Diese Veränderungen führen zu einem nahezu unaufhaltsamen und äußerst schwer umkehrbaren Runaway-Treibhauseffekt, wie das Forschungsteam in seiner Erklärung hervorhebt.
Geringer Anstieg der Sonneneinstrahlung macht aus der Erde eine Venus
Ein Teil dieser Forschung wurde durchgeführt, um das Klima auf Exoplaneten – Planeten, die andere Sterne als unsere Sonne umkreisen – zu untersuchen und ihr Potenzial für die Entstehung von Leben abzuschätzen. Gleichzeitig liefert sie wichtige Erkenntnisse über die Risiken, denen das Erdklima in den kommenden Jahrhunderten ausgesetzt sein könnte.
Das Forschungsteam betont den Kontrast zwischen der Erde, einem Planeten mit blaugrüner Schönheit, Ozeanen und einer Vielfalt an Leben, und der Venus, einem lebensfeindlichen, schwefelreichen und heißesten Planeten unseres Sonnensystems.
Die Studie, die in der Fachzeitschrift „Astronomy and Astrophysics“ veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass selbst eine sehr geringe Zunahme der Sonneneinstrahlung ausreichen würde, um einen unumkehrbaren Treibhauseffekt auszulösen. Im ersten Schritt geht es dabei um die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur auf der Erde um einige Dutzend Grad. Am Ende könnte der Prozess unseren Planeten jedoch so unwirtlich wie die Venus machen.
Kann sich die Oberflächentemperatur auf über 1000 Grad Celsius erhöhen?
Die Theorie eines unkontrollierten Treibhauseffekts ist nicht neu. Sie beschreibt, wie sich ein Planet von einem gemäßigten Klima, wie wir es auf der Erde kennen, zu einem Zustand mit extrem hohen Oberflächentemperaturen von über 1.000 Grad Celsius entwickeln könnte.
Das Forschungsteam weist darauf hin, dass ein gewisses Maß an Treibhauseffekt tatsächlich vorteilhaft ist. Ohne diesen Effekt würde die Durchschnittstemperatur der Erde unter dem Gefrierpunkt liegen, was unseren Planeten zu einer eisbedeckten Kugel ohne die Möglichkeit für Leben machen würde.
Jedoch kann ein übermäßig starker Treibhauseffekt die Verdunstung der Ozeane steigern. Dies führt zu einer erhöhten Konzentration von Wasserdampf in der Atmosphäre, einem natürlichen Treibhausgas. Der dadurch verstärkte Treibhauseffekt hält Wärme ähnlich einer Rettungsdecke gefangen und kann die globalen Temperaturen drastisch erhöhen.
Wehe, wenn die kritische Schwelle überschritten wird
Wie bereits erwähnt, ist etwas Treibhauseffekt nicht verkehrt für das Klima auf der Erde. Ihm verdanken wir es, dass nicht das ganze Jahr über Winter ist. Beim Überschreiten eines gewissen Schwellenwerts wird das Leben auf unserem Planeten jedoch zur Hölle und lässt sich auch nicht mehr reparieren. „Es gibt einen kritischen Schwellenwert für diese Wasserdampfmenge, über den hinaus sich der Planet nicht mehr abkühlen kann“, sagt Guillaume Chaverot, ein ehemaliger UNIGE-Postdoktorand und Hauptautor der Studie.
Chaverot weiter: „Von da an wird alles mitgerissen, bis die Ozeane schließlich vollständig verdampft sind und die Temperatur mehrere hundert Grad erreicht.“ Frühere Simulationen des Treibhauseffekts konzentrierten sich ausschließlich auf den gemäßigten Zustand vor dem Einsetzen des Runaway-Effekts – oder auf den unbewohnbaren Zustand nach dem Runaway. Erstmals wurde nach Angaben des Forschungsteams nun der gesamte Prozess simuliert.
Erde nicht weit von „apokalyptischen Szenario“ entfernt
Die vollständige Simulation des Prozesses zeigte, wie sich von Anfang an ein spezifisches, dichtes Wolkenmuster in der oberen Atmosphäre bildet. Dieses Muster verstärkt den Runaway-Effekt und macht den Prozess irreversibel. „Die Struktur der Atmosphäre wird dadurch grundlegend verändert“, erklärt Chaverot.
Im Simulationsprozess wurde auch die Möglichkeit untersucht, dass vom Menschen verursachte Treibhausgasemissionen einen ähnlichen Runaway-Prozess auslösen könnten wie eine leichte Erhöhung der Sonnenleuchtkraft.
Die Klimaforscherinnen und Klimaforscher warnen, dass ein unkontrollierbarer Klimawandel droht, wenn die durchschnittliche Erdtemperatur um mehr als 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau ansteigt. Auch wenn dies nicht dasselbe wie ein unkontrollierbarer Treibhauseffekt ist, glaubt das Forschungsteam, dass die Erde einem „apokalyptischen Szenario“ gefährlich nahekommen könnte.
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