UV-Strahlung hält Biofilme unter Wasser in Schach
Am Glas von Bullaugen und optischen Geräten wächst unter Wasser ein schleimiges Problem: Biofilm. Chemische Beschichtungen helfen nur kurzfristig und können zudem dem Ökosystem schaden. Jetzt haben Forschende ein Glas entwickelt, das nahezu resistent gegen Biofilm-Wachstum ist.
Ob an Steinen am Flussufer oder an der Innenseite des Waschbeckens zu Hause: Algen, Bakterien und Pilze heften sich an eine Vielzahl von Oberflächen an, in der natürlichen Umwelt wie in der menschengemachten. Auf feuchten und nassen Untergründen bilden die Mikroorganismen Lebensgemeinschaften, die sich als schleimige Schichten bemerkbar machen, die Biofilme genannt werden.
Für die Schifffahrt und für technische Unterwasseranwendungen sind Biofilme häufig ein großer Störfaktor. So erhöhen sie auf Unterwasseroberflächen den Luftwiderstand von Schiffen und damit deren Treibstoffverbrauch. Zudem verursacht massenhaftes mikrobielles Wachstum häufig Schäden am Material und setzt die Funktion technischer Geräte herab. Die US Navy schätzt, dass allein an ihrer Flotte Biofilme jedes Jahr Kosten in Höhe von 180 bis 260 Millionen US-Dollar nach sich ziehen. An Fenstern, Unterwasserkameras und optischen Geräten verringert das „Biofouling“ die Transparenz und verschlechtert damit die Nutzungsmöglichkeiten.
Doch was hilft gegen die biologische Verschmutzung, ohne zu schaden? Bisher werden Biofilme vor allem chemisch bekämpft, etwa mit schmutzabweisende Anti-Haft-Beschichtungen. Diese sind jedoch häufig noch nicht dauerhaft effektiv. Biozide Beschichtungen hingegen können negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben.
Desinfizieren mit UV-Strahlung
Jetzt hat eine Gruppe von Forschenden der University of Massachusetts Amherst (UMass Amherst) eine neue Art von biofilmresistentem Glas entwickelt. In einer Proof-of-Concept-Studie gelang es ihnen, damit das mikrobielle Wachstum auf Oberflächen in Unterwasserumgebungen um bis zu 98 Prozent zu reduzieren.
Für sein neues, resistentes Glas verwendet das Team UVC-Strahlung, die kürzeste und wirksamste desinfizierende Wellenlänge von ultraviolettem Licht. Die Gruppe hatte in früheren Projekten gezeigt, dass UVC-Licht dazu genutzt werden kann, pathogene Keime in kleinen Kanälen – etwa in Haushalts- oder medizinischen Geräten – zu beseitigen und Bakterienwachstum auf Oberflächen zu verhindern.
Die Anwendung in einer Unterwasserumgebung stellte die Forschenden jedoch vor neue Herausforderungen. „Wir können keine herkömmlichen Lichtquellen verwenden, um das Licht gleichmäßig auf der Oberfläche zu verteilen“, erklärt Leila Alidokht, die Hauptautorin der Studie. Je weiter sich das UV-Licht von seiner Quelle entfernt, desto schwächer wird es. Das mache es schwierig, große Oberflächen auf diese Weise von Biofilm zu befreien. Zusätzlich könnten Wassertrübungen die Lichtwellen stören. Wenn sich UVC-Licht ungleichmäßig auf einer Oberfläche verteile, so Leila Alidokht, bestehe später das Risiko, dass sich der Biofilm erst an einem Teil bilde und sich weiter ausbreite – auch auf die mit UV-Licht desinfizierten Bereiche.
Mit gestreutem UVC-Licht gegen Biofilm
Für dieses Problem fanden die Forschenden eine neue Lösung. Sie bestrahlten das Glas nicht von außen, sondern von seiner Innenseite, dem Querschnitt aus, mit einer UVC-Leuchtdiode. Zudem beschichteten sie das Glas mit Siliziumdioxid-Nanopartikeln. Laut Leila Alidokht streuen diese das UV-Licht von der Innenseite des Glases nach außen – und zwar ohne dass das Material die Strahlen absorbiert. Die Lichtwellen prallen an den Siliziumdioxid-Partikeln ab und durchdringen das Glasinnere, so dass das Glas gleichmäßig „leuchtet“.
Damit erreicht das Team eine Verzehnfachung der ursprünglichen UV-Bestrahlungsstärke. Die sichtbare Transparenz des beschichteten Glases bleibe zufriedenstellend, so die Forschenden. Laut der Studie liegt sie bei einem IR-Transparenzwert von 99 Prozent.
Um zu testen, ob ihre Erfindung funktioniert, tauchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das UV-emittierendes Glas zwanzig Tage lang in Gewässer von Port Canaveral, Florida. Das Resultat: Im Vergleich zu unbehandeltem Glas entwickelte sich 98 Prozent weniger Biofilm.
Biofilm hemmen, wo er entsteht
Die Besonderheit der neuen Erfindung fasst Leila Alidokht so zusammen: „Im Gegensatz zur externen UV-Bestrahlungstechnik hemmt UV-emittierendes Glas die Biofilm-Bildung direkt an der betreffenden Oberfläche. Die Oberfläche selbst dient als UVC-Quelle.“ Die Entdeckung, so die Wissenschaftlerin, könne die Tür für verschiedene Anwendungen öffnen, wie Schiffsfenster, verankerte Bojen oder Sensoren für ozeanographische, landwirtschaftliche und Wasseraufbereitungs-Technologien. Zudem wollen die Forschenden künftig das sogenannte „Biofouling“ bei Unterwasserkameras zu verhindern.
Ein vorläufiges Patent hat das Team bereits erhalten. Jetzt planen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ihr neues Glas weiter optimieren – etwa mit Langzeittests, größeren Oberflächenbereichen und der Bewertung möglicher Auswirkungen auf die Umwelt.
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