Wegen Klimawandel: Langlebige Schadstoffe landen verstärkt in der Arktis
Sie gehören zum sogenannten dreckigen Dutzend und dürfen seit der Stockholmer Konvention von 2004 in den meisten Ländern nicht mehr hergestellt und verwendet werden: Langlebige organische Schadstoffe wie das Insektizid DDT und der Weichmacher PCB. Sie geistern seitdem als ewige Schadstoffe durch die Wässer und Atmosphäre der Erde. Und konzentrieren sich da, wo es kalt ist: In der Arktis. Befeuert wird dieser Prozess vom Klimawandel.
Manche organischen Schadstoffe, die in industriellen und technischen Prozessen entstehen, werden in der Natur nicht abgebaut. Sind ihre schädlichen Moleküle einmal in die Atmosphäre gelangt, wabern sie wie Geister getragen von atmosphärischen Prozessen über den Globus hin und her. Sie verschwinden aber nicht: Kurioserweise enden viele der schädlichen organischen Moleküle in den entlegensten Regionen der Erde wie der Arktis, wo sie nie emittiert wurden. Wegen der Kälte.
Diese Stoffe sind mittelflüchtig, wie der Chemiker sagt. Das bedeutet: Sie liegen bei Raumtemperatur überwiegend gasförmig vor, bei niedrigen Temperaturen kondensieren sie aber. Deshalb halten sich sie sich in der Arktis besonders lange.
In der Arktis verändert sich das Klima besonders schnell
Und gerade dort verändert sich das Klima besonders schnell. Jetzt haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz und der Universitäten Hamburg und Cambridge untersucht, welche Bedeutung die raschen Klimaveränderungen in der Arktis für das Zirkulieren der organischen Schadstoffe haben. Die Ergebnisse wurden im Magazin „Environmental Science an Technology“ veröffentlicht.
Danach wird sich DDT in der Arktis ab 2075 wieder verstärkt anreichern. Die Forscher um Professor Gerhard Lammel vom Max-Planck-Institut wählte für die Analysen drei langlebige Stoffe aus, die weltweit einst in großen Mengen produziert wurden: DDT, PCB 153 und PCB 28. Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden als Weichmacher in Kunststoffen und als Isoliermittel in Transformatoren verwendet.
DDT war das weltweit am meisten verwendete Insektizid
Schon in den 1970er Jahren wurde in der Arktis das Pestizid Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) verstärkt in Walen, Seevögeln und Fischen nachgewiesen.
Einst galt es als Wundermittel gegen Schädlinge und wurde weltweit das am meisten verwendete Insektizid. Wegen der enormen Risiken auch für den Menschen wurde DDT in den meisten Ländern verboten.
Schadstoffflüsse zum Ende des Jahrhunderts über den Polarkreis simuliert
Die Forscher um Gerhard Lammel simulierte mit Hilfe eines globalen gekoppelten Atmosphären-Ozean-Modells die arktischen Strömungsbedingungen der Zukunft. Grundlage dieses Modells war die Verteilung der Emissionen der drei Schadstoffe seit Beginn der industriellen Produktion um 1950. Dazu kamen die Restemissionen dieser Schadstoffe, die Entwicklungsländer noch emittieren und die Simulation des arktischen Klimas. Aus diesem Datenmix errechneten die Forscher, welche Schadstoffflüsse zum Ende dieses Jahrhunderts über den Polarkreis strömen werden.
Ab 2075 wieder mehr DDT in der Arktis
Die Ergebnisse überraschen: Seit den letzten Schadstoff-Spitzenemissionen im letzten Jahrhundert kommen in der Arktis heute immer weniger dieser gefährlichen und langlebigen Moleküle in der Arktis an. Nach dem Modell aus Mainz wird sich dies allerdings beim DDT um das Jahr 2075 herum wieder umkehren. Dann wird wieder verstärkt DDT in die Arktis gelangen. Und dieser Effekt wird durch den Klimawandel zusätzlich verstärkt.
Bei den PCB’s wird sich der Zustrom abschwächen, allerdings geringer als eigentlich gedacht. Es ist das individuelle Verhalten der organischen Schadstoffe zwischen Eis, Böden, Wasser und Luft, das darüber entscheidet, wie viel davon in der Arktis ankommt.
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