Weite Strecken des Rheins sind mit Lanthan verseucht
46-fach zu hoch ist die Konzentration des Seltenerdmetalls Lanthan im Rheinwasser flussabwärts von Worms. Als Quelle vermuten Wissenschaftler eine Fabrik, die chemische Katalysatoren für Erdölraffinerien produziert. Die Belastung liegt bereits über der gesundheitlich unbedenklichen Menge.
Es geschieht unsichtbar bei Rheinkilometer 447,3 nördlich von Worms in Rheinland-Pfalz. Dort steigt im Rheinwasser die Konzentration von Lanthan sprunghaft auf 49 Milligramm pro Kilogramm an. In Worms und Mainz liegt der Wert damit beim 46-fachen der natürlichen Konzentration, im Flussabschnitt bei Leverkusen noch bei mehr als dem 25-fachen. Das haben Forscher um Michael Bau und Serkan Kulaksiz von der Jacobs University Bremen festgestellt. Lanthan ist einer der 17 Vertreter der Seltenerdmetalle, auch Seltene Erden genannt. Die Belastung des Rheins erstreckt sich von Worms an flussabwärts über eine Länge von 400 Kilometern.
1,5 Tonnen Lanthan gelangen jedes Jahr über den Rhein in die Nordsee
Als Quelle vermuten die Forscher eine Wormser Fabrik, die in großen Mengen chemische Katalysatoren für Erdölraffinerien produziert. Und dafür ist Lanthan unentbehrlich. Es könnte über Industrieabwasser in den Rhein gelangt sein. „Während die im Rheinwasser auftretenden Lanthanmengen als gesundheitlich unbedenklich gelten, liegen die extrem hohen Konzentrationen von bis zu 49 Milligramm Lanthan pro Kilogramm, die an der Einleitungsstelle gemessen wurden, oberhalb der Werte, für die bereits ökotoxikologische Effekte beobachtet wurden“, berichten die Wissenschaftler. Nach einer groben Abschätzung trägt der Fluss jedes Jahr 1,5 Tonnen in die Nordsee.
Doch problematisch ist nicht nur Lanthan: Die Belastung bei Leverkusen mit den Seltenen Erden Samarium und Gadolinium übersteigen die natürliche Konzentration um das Zehnfache. Die Gadolinium-Anomalie beginnt schon im Bodensee und nimmt dann flussabwärts immer weiter zu. Diese Werte fanden die Wissenschaftler schon vor über einem Jahr. Damals war der Rhein das erste Gewässer weltweit, in dem man eine solche Konzentration beobachtete. Er ist nach den Erkenntnissen der Bremer Forscher seit einiger Zeit ab Worms auch mit Samarium verschmutzt.
Der in Deutschland, China und anderen Industriestaaten stark angestiegene Verbrauch von Seltenen Erden macht sich inzwischen auch verstärkt in der Umwelt bemerkbar. So sind weltweit viele Flüsse mit dem Kontrastmittel Gadolinium belastet, das in der Medizin bei der Magnetresonanztomographie eingesetzt wird. Gadolinium, so die Forscher, „wird von nahezu jedem Klärwerk in Deutschland in Flüsse und Seen eingeleitet. Der Eintrag von anthropogenem Lanthan und Samarium dagegen stammt aus einer einzelnen Quelle und wäre daher vergleichsweise leicht zu verhindern.“
Für die Wissenschaftler sind diese Befunde angesichts des dramatisch und stetig zunehmenden Verbrauchs an Seltenen Erden Anlass zur Sorge. Sie glauben, dass diese Metalle und ihre Verbindungen schon bald weltweit Flüsse und Seen und möglicherweise auch das Grundwasser verunreinigen könnten.
Kaum ein Hightech-Produkt kommt ohne Seltene Erden aus
Die Nachfrage nach Seltenen Erden steigt: Mobiltelefone, Laser, Brennstoffzellen, Rennräder, Plasmabildschirme, Rußpartikelfilter, Dauermagnete, Elektromotoren, Dauermagnete, Festplatten, Laptops, Kernspintomographen und LEDs sind auf die 17 Metalle angewiesen, die fast alle der dritten Nebengruppe des Periodensystems angehören.
Derzeit dominiert China mit rund 95 Prozent den weltweiten Markt für die Produktion dieser Hochtechnologiemetalle. In der autonomen Region Innere Mongolei liegt die Millionenstadt Baotou. Und nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt stößt man auf die Mine Bayan Obo, einer der größten Tagebaue der Welt. Diese Riesenmine ist seit einigen Jahren das Herz der Seltenen-Erden-Produktion im Reich der Mitte. In den bis zu 1000 Millionen Jahre alten Gesteinen aus dem Erdzeitalter des Oberen Proterozoikums lagern bis zu 35 Millionen Tonnen an Seltenen Erden. Über die Hälfte der weltweiten Förderung stammt aus dieser Mine.
Begehrte Metalle kommen nie als reine Rohstoffe vor
„Die Bezeichnung Seltene Erden ist eigentlich missverständlich, denn sie stammt noch aus der Zeit der Entdeckung dieser Elemente. Sie beruht auf der Tatsache, dass sie zuerst in seltenen Mineralien gefunden und aus diesen in Form ihrer Oxide, früher ‚Erden‘, isoliert wurden“, erklärt das Fachportal Rohstoffwelt. Die meisten Seltenen Erden kommen in der Erdkruste nämlich durchaus sehr zahlreich vor. Aber größere Lagerstätten sind selten, und vor allem ist der Abbau der Metalle hoch kompliziert. Denn die Seltenerdmetalle kommen nur als Spuren in Gemischen mit anderen Verbindungen vor und nie als reine Rohstoffe. Zudem sind sich die 17 Verbindungen chemisch sehr ähnlich. Sie müssen daher mit aufwendigen Trennverfahren gewonnen werden.
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