Weniger Eis, mehr Probleme: Bis 2080 könnten tausende Seen eisfrei sein
Die dramatische Abnahme von Seeeis aufgrund des Klimawandels hat weitreichende Konsequenzen für Ökosysteme und Gemeinschaften weltweit. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass viele Seen vor einer grundlegenden Veränderung stehen, die das Leben und die Natur nachhaltig beeinflussen könnte.
Auch wenn in Deutschland davon wenig zu sehen ist: Die meisten Seen frieren zu, und die durchschnittliche Eisdauer beträgt 218 Tage. Doch die Entwicklung ist alarmierend: In den letzten 25 Jahren hat sich der Eisverlust erheblich beschleunigt. In einigen Regionen der Nordhalbkugel schmilzt das Eis mittlerweile 45 Tage früher pro Jahrhundert, und viele Seen haben nicht nur weniger Eis, sondern auch häufigere eisfreie Winter.
Dieser Wandel hat große Auswirkungen auf die Sicherheit der Menschen sowie auf die Wasserqualität, die Artenvielfalt und die globalen Nährstoffkreisläufe. Das zeigt eine Untersuchung eines internationalen Forscherteams, das von Stephanie Hampton von Carnegie Science geleitet wird. „Die durchschnittliche Dauer der Eisbildung hat sich in den letzten 165 Jahren um 31 Tage verringert, und Tausende von Seen, die früher jeden Winter zufroren, haben jetzt eisfreie Jahre“, erklärt Hampton. „Dies hat erhebliche Auswirkungen auf Gemeinschaften weltweit, die auf diese Seen für Trinkwasser, Freizeit, Fischerei und Eisstraßen im Transport angewiesen sind, sowie auf ihre spirituelle und kulturelle Identität“, wird die Forscherin zitiert.
Bis vor kurzem gab es wenig Forschung über den Winter, da logistische Schwierigkeiten bestanden und viele dachten, der Winter sei eine ruhige Zeit. Jetzt gibt es jedoch deutliche Rückgänge der weltweiten Eisdecke und neue Technologien, die die Winterforschung zu saisonal mit Eis bedeckten Seen vorantreiben. Und nun entsteht die entscheidende Frage: Welche Folgen hat diese Entwicklung?
Bildung von giftigen Bakterien
Immer längere eisfreie Zeiten und höhere Wassertemperaturen fördern die Bildung von Cyanobakterienblüten (auch als Blaualgen bekannt), die sowohl Fischen als auch Menschen schaden. Das Algenwachstum entzieht dem See den Sauerstoff. Unter normalen Bedingungen sind Nährstoffe und Metalle im Sediment am Seeboden gebunden, doch sie werden jetzt freigesetzt, so das Forschungsteam.
Diese zusätzlichen Nährstoffe fördern das Wachstum der Cyanobakterien weiter. Die freigesetzten Metalle können nicht nur die Wasserqualität verschlechtern, sondern reichern sich auch in den Fischen an und gefährden damit die Gesundheit von Menschen und Tieren. Laut der Studie beeinflussen die längeren eisfreien Zeiten auch die Artenvielfalt in den Gewässern. Invasive Arten, die an wärmeres Wasser angepasst sind, finden ideale Lebensbedingungen, während Kaltwasserfische darunter leiden und zunehmend aus den Seen verdrängt werden.
Düstere Prognose
Um die Umwelt- und sozialen Auswirkungen des Verlusts von Süßwassereis besser einschätzen zu können, sind aktualisierte Theorien und Modelle notwendig. Diese sollten die Rolle der Winterbedingungen berücksichtigen und Daten für das gesamte Jahr einbeziehen. Ein besseres Verständnis von der Bedeutung des Eises auf Seen für die Gesundheit von Ökosystemen ist entscheidend, um fortschrittliche Wissenschaft zu unterstützen, die eine verantwortungsvolle Nutzung von Süßwasserressourcen fördert.
Studien, die historische Eisaufzeichnungen und globale Klimamodelle kombinieren, legen nahe, dass bis zu 230.400 der 1,4 Millionen Seen weltweit, die größer als 0,1 km² sind, bis 2080 kein Eis mehr haben werden. Besonders Seen in niedrigeren Breiten könnten bis zu 80 % der Tage mit sicherem Eis verlieren, das für Menschen begehbar ist.
Auswirkungen auf den Klimawandel
Nicht nur die Seen selbst sind betroffen, auch das Klima leidet unter einer fehlenden Eisdecke im Winter. Laut dem Forschungsteam trägt die Eisschicht dazu bei, dass Seen Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen können. Fehlt das Eis, werden aus dem wärmeren Wasser mehr schädliche Treibhausgase wie Methan (CH4) und Lachgas (N2O freigesetzt.
Weniger Eis im Winter führt zudem zu einer höheren Verdunstung von Wasser. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Trinkwasserressourcen, sondern kann auch zu stärkeren Niederschlägen und mehr Ufererosion führen.
Die Ergebnisse der Studie wurden jüngst im wissenschaftlichen Journal ‚Science‘ veröffentlicht.
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