Weniger Nährstoffe in Pflanzen durch Klimawandel
Als schwerste gesundheitliche Folge der globalen Erwärmung bezeichnen Wissenschaftler ihre Erkenntnis, dass mit steigendem Kohlendioxid-Gehalt in der Luft die Konzentration der Nährstoffe in lebenswichtigen Pflanzen sinkt. In Zukunft könnte das bei weiten Teilen der Erdbevölkerung zu Nährstoffmängeln führen.
Schon vor 20 Jahren ergab eine Untersuchung, dass in Getreide und Gemüse teils deutlich weniger Nährstoffe stecken, wenn sie in einer mit CO2 angereicherten Atmosphäre wachsen. Die Testmethode wurde aber häufig kritisiert, weil es eine Art Käseglocken-Effekt gegeben habe, der die Bedingungen verfälscht habe.
Weitere Studien kamen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Zudem ist es schwierig, eine isolierte Wirkung der globalen Erwärmung zur Grundlage der Prognose zu machen. Extreme Wetterereignisse und Veränderungen der Bodenstrukturen spielen dabei ebenso eine Rolle wie auf der anderen Seite Düngeeffekte durch das CO2.
Ein internationales Forscherteam will die Debatte nun beenden. Die Gruppe um den Klimaforscher Samuel Myers von der Universität Harvard hat eigene Tests angestellt und diese mit zehn früheren Untersuchungen abgeglichen. Ergebnis: Weizen enthält gut neun Prozent weniger Zink und fünf Prozent weniger Eisen, wenn der CO2-Anteil in der Luft um 550 parts per million (ppm) liegt. Das entspricht einem mittleren Szenario des Weltklimarates IPCC für das Jahr 2050. Soll heißen: So weit wird der CO2-Gehalt steigen, selbst wenn Maßnahmen gegen den Ausstoß an Treibhausgasen noch greifen sollten.
C3-Pflanzen wie Weizen sind besonders empfindlich
Weizen ist neben Reis, Mais und Hirse das wichtigste Grundnahrungsmittel überhaupt. Weniger stark, aber signifikant waren die Rückgänge auch bei Soja, Erbsen und Reis. Mais und Hirse werden von steigendem CO2-Gehalt dagegen kaum beeinflusst. Sie gehören zu den so genannten C4-Pflanzen, die resistenter gegen diese Umweltveränderungen sind.
Weizen beispielsweise gehört aber zu den empfindlicheren C3-Pflanzen, die Kohlendioxid nicht so gut binden können. Getreide und Gemüse aus dieser Klasse decken nach Daten der Welternährungsorganisation aber rund 60 Prozent des Bedarfs an Eisen und Zink für 2,3 Milliarden Menschen. Viele davon leiden schon heute unter einem Mangel an diesen Nährstoffen, der sich durch den Klimawandel also noch verschärfen würde.
Auch der Proteingehalt der C3-Pflanzen sinkt den Ergebnissen zufolge bei höherem CO2-Anteil in der Luft teils deutlich. Die Folgen seien schwierig zu beurteilen, sagt Projektleiter Myers. In einigen Regionen der Erde aber werde dies sicher zu großen Problemen führen: „In Ländern wie Indien, wo bis zu einem Drittel der Landbevölkerung schon ein Mangel-Risiko hat und die meisten Proteine über C3-Getreide aufgenommen werden, kann das zu ernsten Konsequenzen für die Gesundheit der Menschen führen.“
Studie liefert Basis für Gegenmaßnahmen
Mit der neuen Studie, die auf sieben Versuchsfeldern in den USA, Australien und Japan durchgeführt wurde, gibt es nach Ansicht von Myers jetzt eine sichere Basis für Anpassungsmaßnahmen. Eine solche könne die Züchtung von C3-Pflanzen sein, die CO2 besser binden können.
Bislang konzentrieren sich Wissenschaft und Politik vor allem darauf, den Ertrag der verschiedenen Getreide- und Gemüsesorten zu steigern. Seit kurzem läuft zum Beispiel ein von den G20-Staaten gestartetes Weizen-Projekt, das dieses Ziel verfolgt. Diese Getreideart wird nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums weltweit auf 215 Millionen Hektar Fläche angebaut. Die neue Studie zeigt aber: Ertrag alleine macht es nicht.
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