Wenn Maschinen versagen: Wie Elastan von anderen Fasern getrennt und recycelt wird
Komfortabel beim Tragen, jedoch problematisch beim Recycling: Elastan erschwert die Wiederverwendung von Textilien erheblich. An der Technischen Universität Wien wurde jedoch eine Lösung für dieses Problem entwickelt.
Es wäre viel zu schade, Kleidung einfach zu entsorgen oder zu verbrennen. Ab dem Jahr 2025 ist in der gesamten EU geplant, Alttextilien zu sammeln und zu recyceln. Angesichts der enormen Menge an Textilabfällen, die dabei entstehen werden, sind dringend verbesserte Recyclingverfahren erforderlich, um effizient und umweltfreundlich damit umzugehen. Denn besonders schwierig wird es, wenn Kleidung als Elastan hergestellt wurde. Die Forschenden aus der TU-Wien haben sich dieser Frage gestellt.
An der Technischen Universität Wien wurden daher fortschrittliche Methoden entwickelt, um Elastan nicht nur effektiver und umweltfreundlicher zu detektieren, sondern es auch schonend abzutrennen. Dabei wird darauf geachtet, gleichzeitig andere Fasern unbeschädigt zurückzugewinnen. Ein entscheidender Faktor dabei ist die Suche nach den geeigneten Lösungsmitteln.
Was genau ist Elastan?
Elastan, auch unter dem Handelsnamen Lycra bekannt, ist eine synthetische Faser, die aufgrund ihrer herausragenden Elastizität und Dehnbarkeit in der Textilindustrie weit verbreitet ist. Diese elastomere Faser wurde erstmals in den 1950er Jahren entwickelt und hat seitdem einen bedeutenden Einfluss auf die Herstellung von Bekleidung, insbesondere bei enganliegenden Kleidungsstücken wie Leggings, Badeanzügen und Sportbekleidung.
Der charakteristische Vorteil von Elastan liegt in seiner Fähigkeit, sich auf das Vielfache seiner ursprünglichen Länge ausdehnen zu können und danach wieder in seine ursprüngliche Form zurückzukehren. Diese Eigenschaft macht Elastan zu einem wesentlichen Bestandteil von Mischgeweben, da es anderen Fasern Flexibilität und Formbeständigkeit verleiht. Die Verwendung von Elastan ermöglicht nicht nur eine bequeme Passform, sondern trägt auch dazu bei, dass Kleidungsstücke ihre Form über einen längeren Zeitraum hinweg beibehalten.
Trotz seiner Vorteile gibt es, wie bereits erwähnt, ökologische Bedenken hinsichtlich der Herstellung und Entsorgung von Elastan.
Maschinen versagen bei Elastan
„Viele Materialien, die wir zur Herstellung von Kleidung verwenden, sind als reines Material problemlos recyclierbar – etwa Baumwolle, Polyester oder Polyamid“, sagtEmanuel Boschmeier, vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien. „Doch Elastan, selbst wenn es nur in geringen Mengen beigemischt ist, macht das bisher übliche Recycling mit herkömmlichen Methoden unmöglich“, erklärt der Experte.
Die außerordentliche Dehnbarkeit von Elastan stellt eine Herausforderung dar, da herkömmliche Reißmaschinen, die üblicherweise für die Zerkleinerung von Textilien vor dem Recycling verwendet werden, mit dieser Faser nicht zurechtkommen. Die Verwendung von Elastan kann zu Verunreinigungen, Verstopfungen und Verklumpungen in den Maschinen führen.
Daher sei es im ersten Schritt erforderlich, eine zuverlässige und zügige Methode zu entwickeln, um den Elastangehalt in Textilien zuverlässig zu messen, erklärt Emanuel Boschmeier. In seinen Recherchen habe er festgestellt, dass eine solche Methode bisher nicht existiere. Die herkömmlichen Testverfahren arbeiteten mit Lösungsmitteln, die als gesundheitsschädlich eingestuft seien, zudem seien sie äußerst zeitaufwendig.
Elastan Quantification Tool“ entwickelt
Vasiliki-Maria Archodoulaki hat in ihrem Labor ein innovatives „Elastan Quantification Tool“ entwickelt. Diese Detektionsmethode ermöglicht es, präzise zu messen, welcher Anteil an Elastan tatsächlich in einem Kleidungsstück vorhanden ist. Die Grundlage dieser Methode bildet die Spektroskopie im mittleren Infrarot, die in Zusammenarbeit mit Bernhard Lendl speziell für diese Fragestellung optimiert wurde.
Anschließend galt es, eine Technik zu entwickeln, um Elastan von anderen Fasern zu separieren. „Wir experimentierten mit unterschiedlichen Lösungsmitteln und führten theoretische Untersuchungen durch. So stießen wir schließlich auf ein ungefährliches Lösungsmittel, das ganz selektiv das Elastan entfernt, und die wiederverwendbaren Fasern intakt lässt“, erklärt sein Betreuer Andreas Bartl. Das Verfahren wurde bereits patentiert. Auf diese Weise können Materialien wie Polyester oder Polyamid nahezu vollständig zurückgewonnen werden. Zudem ist es möglich, das verwendete Lösungsmittel zurückzugewinnen und erneut zu nutzen.
Selbst bei einer Kombination von Wolle mit Polyester und Elastan lassen sich die individuellen Komponenten wiederverwenden: Die Wolle wird unter schonenden und ungefährlichen Bedingungen mithilfe von Enzymen abgebaut, wodurch ein Aminosäurecocktail entsteht, der beispielsweise in der Kosmetikindustrie oder bei der Herstellung von Düngemitteln genutzt werden kann. Anschließend wird das Elastan separiert, und übrig bleibt recycelbarer Polyester.
INI-Award für Innovation und Nachhaltigkeit im Ingenieurwesen
Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des EU-Projekts SCIRT (System Circularity and Innovative Recycling of Textiles) durchgeführt. Emanuel Boschmeier wurde für seine Ergebnisse mit dem INI-Award für Innovation und Nachhaltigkeit im Ingenieurwesen ausgezeichnet. Dieser Preis wird vom Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein (ÖIAV) und der Industriellenvereinigung (IV) verliehen, heißt es in der Pressemitteilung der TU Wien.
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