Phytomining 11.03.2020, 13:46 Uhr

Wenn Pflanzen Metalle aufspüren und fördern

Phytomining: Das ist der Begriff hinter dem Phänomen, dass Pflanzen Metalle aufspüren und fördern. Wie Metallgewinnung mit Hilfe von Pflanzen gelingen kann, erklären wir hier.

Global Kugel im Gras

Foto: panthermedia.net/Jakub Krechowicz

Erste einschlägige Versuche gehen lange zurück. Den Begriff des Phytomining gibt es seit dem Jahre 1983. Ein erster nennenswerter Versuch wurde 1996 im amerikanischen Bundesstaat Oregon unternommen. Inzwischen gab es zahlreiche Arbeiten mit Hilfe von Bauern. Nun läuft ein Großversuch auf einer Fläche von reichlich 209 Hektar in Malaysia an.

Universitäten aus USA und Australien sind führend

Während es in zahlreichen Ländern Pflanzen gibt, die auf der Suche nach bestimmten Metallen sind, konzentriert sich die wissenschaftliche Seite vor allem auf Universitäten in den USA und in Australien. Erste wissenschaftliche Anfänge gab es allerdings schon im Mittelalter in Europa. Vor rund 500 Jahren gab sich der Metallurge Georgias Agricola mit Versuchen ab, die dazu dienten mit Hilfe von Pflanzen aufzuspüren, welche Metalle im Boden unter den Pflanzen vorkamen. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit der wissenschaftlichen Seite. Dort wurde auch – vom Agrarwissenschaftler Rufus Chaney – der Begriff des Phytomining eingeführt.

Nickel bildet bisher den Schwerpunkt der Entwicklung

Der Schwerpunkt liegt seit längerem bei Nickel, einem Industriemetall, das vor allem in Verbindung mit Stahl die Produktion von Edelstahl ermöglicht. Inzwischen aber ist Nickel auch als Batteriemetall für Elektrofahrzeuge von zunehmender Bedeutung. Verschiedene Pflanzen lieben aber genauso auch Kobalt, Zink und andere Industriemetalle. Je wichtiger – vor allem für die Elektronik – die so genannten Seltenen Erden geworden sind, desto mehr konzentrieren sich die wissenschaftlichen Versuche inzwischen auch auf die Seltenerdmetalle.

Ein regionaler Schwerpunkt ist Südostasien

Der Reiz des Metallabbaus mit Hilfe von Pflanzen liegt ganz wesentlich darin, dass diese Form der Metallgewinnung auch bei sehr geringen Vorkommen nicht nur technisch sondern auch wirtschaftlich möglich und sinnvoll ist. Auf einer kleinen Farm, die über nickel-liebende Pflanzen verfügt, ist der Abbau schon bei einer Nickelkonzentration von nur 0,1 % im Boden möglich. Für die herkömmliche Nickelgewinnung mittels eines energieintensiven Prozesses, der vor allem mit Kohle und Dieselöl gespeist wird, liegt die wirtschaftliche Untergrenze de Gewinnung bei 1,2 %, also ungleich mehr als bei der pflanzlichen Gewinnung. Der Farmer kann sein Nickel alle 6 Monate ernten, also zweimal im Jahr. Nach 20 Jahren ist der geringe Nickelgehalt im Boden aufgebraucht. Das aber hat den Vorteil, dass das für die meisten Pflanzen toxische Nickel nun verschwunden ist und der Grund und Boden für ganz andere landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden kann. Dieser Metallabbau durch kleine Farmen hat inzwischen auch die Bezeichnung des Agromining erhalten.

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Wenigstens 65 verschiedene Pflanzen lieben besonders Nickel

Pflanzen, die Metalle aus dem Boden saugen, gibt es vor allem  in Südostasien, im Südpazifik und in geringerem Masse auch im Mittelmeerraum. Wenn bestimmte Metalle im Boden vorkommen, dann gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten, entweder nutzen die Pflanzen sie – oder sie gehen ein. In Neukaledonien im Südpazifik haben Wissenschaftler allein 65 verschiedene Pflanzen gefunden, die besonders Nickel lieben. Die Wurzeln dieser Pflanzen suchen nicht nur das Nickel (oder andere Pflanzen andere Metalle) sondern umklammern das Nickel so, dass sie es zu einer Lösung verflüssigen können, die dann in Stamm, Zweige und Blätter zieht und dort gewonnen werden kann. Warum die Pflanzen so sehr an bestimmten Metallen interessiert sind, ist bisher unklar. Entweder hilft das Metall gegen Krankheiten oder es ermöglicht die bessere Aufnahme von Nährstoffen aus dem Boden. Die besten Anbaumöglichkeiten für nickel-liebende Pflanzen werden bisher in Malaysia, Indonesien und auf den Philippinen gesehen.

Besonders hoher Nickelgehalt in den Pflanzen

Da der Nickelgehalt in den Pflanzen deutlich höher als im Erz aus dem Nickelbergbau ist, wächst das Abbau-Interesse. Dem dient der große Versuch in Malaysia, während alle bisherigen Versuche mit Hilfe von Kleinbauern vorgenommen wurden. Dem Großversuch kommt auch zugute, dass der herkömmliche Nickelbergbau und die anschließende Verhüttung zu beträchtlichen Umweltschäden führen, die sich durch die pflanzliche Gewinnung vermeiden lassen. Wenn das Nickel aus Pflanzen geerntet wurde, dann wird entweder der Saft aus der Stämmen in Behältern eingesammelt oder die kleinen Zweige und Blätter verbrannt oder gemahlen. In beiden Fällen bleibt das Nickel übrig, ohne dass es Schäden in der Natur gibt. Neben der Nickelgewinnung hat das Phytomining auch noch eine andere Einsatzmöglichkeit. Verwüstete alter Abbauflächen und Geröllhalden, die bisher wegen des Restnickels im Boden nicht genutzt werden können, lassen sich durch das Phytomining wieder in landwirtschaftlich nutzbare Flächen rückwandeln.

Ein Beitrag von:

  • Peter Odrich

    Peter Odrich studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Verkehrsbetriebe. Nach 28 Jahren als Wirtschaftsredakteur einer deutschen überregionalen Tageszeitung mit langer Tätigkeit in Ostasien kehrte er ins heimatliche Grossbritannien zurück. Seitdem berichtet er freiberuflich für Zeitungen und Technische Informationsdienste in verschiedenen Ländern. Dabei stehen Verkehrsthemen, Metalle und ostasiatische Themen im Vordergrund.

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