Wie man CO2 in umweltfreundliche Diamanten verwandelt
Ein Unternehmen, das im Labor gezüchtete Diamanten verkauft, bringt nun seine Produkte auf den Markt. Dabei geht die Firma „Aether Diamonds“ einen Schritt weiter, weil man für die Herstellung CO2 aus der Luft verwendet. Wie gelingt das?
Wie weit ist die Industrie, um heute das 1953er Ideal von Marilyn Monroes Traum „Diamonds are girls best friend“ nachhaltig zu erfüllen? Denn bevor der Diamant als Schmuck verarbeitet wird, sorgt er für allerlei Unbill in der Natur. Bis zu 250 Tonnen Erde werden pro abgebautem Diamanten umgepflügt oder entfernt, heißt es vom „United States Geological Survey“ dazu und über 500 Liter Wasser werden in der Regel pro abgebautem Karat verbraucht, schätzt die NGO „Initiative für bessere Diamanten“. Dazu kommt der politische Horizont. Es wird geschätzt, dass mindestens 60 Prozent aller in den USA verkauften Diamanten in Verbindung zu Militärregierungen und Korruption haben, verortete die „Yale School of the Environment“ das Problem. Zeit, dass sich im Metier etwas verändert.
Klimafreundliche Option?
Hier setzt das Novum der Firma „Aether Diamonds“ an. Deren Clou: Die Diamanten werden aus Kohlenstoff, also CO2 hergestellt, das man zuvor der Atmosphäre entnommen hat. Die Hoffnung: genügend Diamanten zu verkaufen, um den „Direct Air Capture-Markt“, kurz „DAC“ genannt zu unterstützen. So nennt sich die noch teure und somit unwirtschaftliche Technologie, um das Klimagas CO2 aus der Luft zu entfernen.
Von „Aether“ heißt es dazu, dass man eine Tonne abgeschiedenes CO2 in Diamanten im Wert von „Millionen von Dollar“ umwandelt. Pro Karat wird dieser sehr reine Typus dann für bis zu 9.300 Euro verkauft. Sie sind weniger teuer als im Bergbau gewonnene Diamanten, aber teurer als andere im Labor gezüchtete Ware, da sie mit Hilfe der Kohlendioxid-Luftabscheidetechnik hergestellt werden. „Letztlich hat jedes Kohlenstoffatom, das in diesem Diamanten landet, vorher den Planeten erwärmt“, sagt Firmen-CEO Ryan Shearman per Pressemitteilung dazu.
Reines Gewissen
Doch wie unterscheiden sich diese Edelsteine von denen, die unter der Erde gefunden werden? Und wie werden sie im Labor repliziert? Natürliche Diamanten wurden vor mehr als einer Milliarde Jahren unter den „ältesten Teilen der Kontinente gebildet. Dort, zwischen dem Kern des Planeten und seiner Kruste, waren Druck und Temperatur genau richtig, um Kohlenstoff in seine härteste Form zu kristallisieren. Die Diamanten wären wohl dortgeblieben, wenn nicht geschmolzenes Gestein durch den Mantel gerauscht wäre und sie zur Erdoberfläche hinaufgezogen hätte. Dies lieferte die Lagerstätten, die Firmen wie De Beers heute abbauen“, weiß der „Economist“. Bei „Aether“ sind die funkelnden Steine bereits nach acht bis zwölf Wochen chemischer Umwandlung fertig, Teil eines funkelnden Rings zu werden, den man sich bei einer Trauung gerne an den passenden Finger steckt.
Der Netzseite: „The Verge“ beschrieb man den Prozess so: „Zunächst verschifft man DAC-Kohlendioxid von einer Schweizer Anlage in die Staaten. Die Firma leitet jenes CO2 durch einen proprietären Prozess, um es in hochreines Methan oder CH4 umzuwandeln. Dieses wird dann direkt in die Diamantreaktoren des Unternehmens injiziert, wo sie per chemischer Gasphasenabscheidung dann das Rohdiamantmaterial züchten. Beim Prozess wird Gas unter Vakuumbedingungen auf sehr hohe Temperaturen erhitzt, wofür Mengen an Energie nötig sind.“
Erfindung in den 1950er-Jahren
Rückblick: Bereits vor siebzig Jahren ersann die US-Firma „General Electric“ eine Methode zur Herstellung von Diamanten durch künstliche Kristallisation von Kohlenstoff unter dem Druck von zehn Gigapascal und einer extremen Temperatur von über 2.000 Grad Celsius. Dieser Ansatz war jedoch enorm teuer und energietechnischer Unsinn. Heute entwickelten Wissenschaftler Verfahren, die synthetische Diamanten zu einem Bruchteil der Kosten und Zeit herstellen und auch die Finanziers wachen auf. So sammelte die Firma „Aether“ jüngst 18 Millionen Dollar bei einer Finanzierungsrunde ein. Und man stellt nicht nur Diamanten in einem Prozess her, der mit sauberer Energie betrieben wird, sondern zieht pro Karat sogar 20 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre. Damit sei man laut Eigen-PR sogar kohlenstoffnegativ, entnehme also mehr, als für die Produktion nötig sei. Beim Auto wäre das ein Traum. Statt 100 oder 200 Gramm CO2 pro Kilometer Fahrt in die Umwelt abzugeben, könnte man mit einer Entnahme aus der Atmosphäre die Welt sogar ein stückweit vor dem Hitzekollaps bewahren.
Welcher teure Stein soll es denn sein?
„Aether“ begann mitten in der Corona-Pandemie mit dem Versand seiner ersten Diamanten. Während der CEO nichts zu den Verkaufszahlen sagt, lässt er sich entlocken, dass die US-Firma 2022 „Hunderte von Karat“ Diamanten produzierte. 2023 sollen es dann Tausende werden. Das britische Magazin „Economist“ meint dazu: „Ob ´Aethers´ Verkaufsargument eines saubereren Diamanten, der aus der Luft gezogen wird, ansprechend genug ist, um eine beträchtliche Anzahl von Möchtegern-Diamantenbesitzern von Edelsteinen abzubringen, die tief in der Erde geschmiedet wurden, bleibt abzuwarten.“ Nun liegt es an den Kunden, sich für die saubere oder die schmutzige Klunkerversion zu entscheiden, um die eigene Liebe für die Ewigkeit zu besiegeln.
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