Wood Wide Web: Wie viel Kohlenstoffaustausch steckt wirklich zwischen den Bäumen?
Die Vorstellung, dass Bäume über ein unsichtbares Netzwerk von Pilzfäden miteinander kommunizieren und Nährstoffe austauschen, hat die Fantasie vieler beflügelt. Eine neue Studie der Universität Göttingen stellt jedoch in Frage, wie viel tatsächlich zwischen den Bäumen geschieht und zeigt, dass die Realität viel komplexer sein könnte, als wir bisher dachten.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch einen Wald. Die Bäume stehen still, ihre Äste wiegen sich sanft im Wind, und das Rascheln der Blätter erfüllt die Luft. Doch unter der Oberfläche, verborgen im dunklen Erdreich, passiert etwas Unglaubliches. Ein unsichtbares Netzwerk aus feinen Fäden erstreckt sich über den gesamten Boden, verbindet die Baumwurzeln miteinander und ermöglicht eine Art Kommunikation zwischen den Bäumen.
Dieses geheimnisvolle „Wood Wide Web“ – ein Netzwerk aus Pilzfäden – hat seit Jahren die Fantasie der Menschen beflügelt. Wissenschaftler sprechen von einem erstaunlichen System, in dem Bäume über Nährstoffe und Informationen austauschen, als wären sie Teil eines kollektiven, lebendigen Organismus.
Neue Studie zeigt, dass der Austausch zwischen Bäumen komplexer ist als gedacht
Die Studie der Universität Göttingen legt aber nahe, dass die Wirklichkeit möglicherweise viel differenzierter ist. Die Forscher entdeckten, dass junge Buchen Kohlenstoff an benachbarte „Ektomykorrhizapilze“ weitergeben können – Pilze, die in symbiotischer Beziehung mit den Baumwurzeln leben –, jedoch nicht an andere Bäume.
Diese Pilze verbinden sich unter der Erde mit den Baumwurzeln, und es wurde angenommen, dass sie auch Bäume miteinander verknüpfen und den Austausch von Nährstoffen ermöglichen. Die aktuellen Forschungsergebnisse stellen jedoch infrage, wie viel Austausch tatsächlich stattfindet. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift New Phytologist veröffentlicht.
Wie Kohlenstoff über Pilzwurzeln zwischen Bäumen transportiert wird
Um die Bewegung des Kohlenstoffs zu verfolgen, setzten die Forscher eine Isotopenmarkierung ein. Sie versorgten eine junge „Spender“-Buche mit CO2, das mit einem schwereren Kohlenstoffisotop (Kohlenstoff-13) angereichert war, und warteten fünf Tage, damit der Baum den Kohlenstoff-13 aufnehmen und in seine Wurzeln transportieren konnte. Anschließend maßen sie den Kohlenstoff in den Wurzeln, Stämmen und Blättern eines nahegelegenen „Empfänger“-Baums. Besonders wichtig waren die Ektomykorrhiza-Wurzeln, also die Wurzeln, die mit den Pilzen in Symbiose leben. Mit einem chirurgischen Eingriff trennten die Wissenschaftler das Pflanzengewebe von den pilzbesiedelten Wurzeln.
Sie fanden heraus, dass der Kohlenstoff-13 nur in den pilzbesiedelten Bereichen der Wurzeln des Empfängerbaums nachweisbar war, nicht aber im restlichen Wurzelgewebe. Das Experiment wurde auch an Douglasien wiederholt, wobei der Kohlenstoff-13 ebenfalls nur in den pilzbesiedelten Wurzeln nachweisbar war, allerdings in geringeren Mengen.
Kooperieren Bäume wirklich?
„Die Ergebnisse befeuern eine seit langem bestehende Debatte in der Ökologie: Sind Bäume wirklich auf kooperative Weise miteinander verbunden?“, kommentiert die Postdoktorandin Dr. Michela Audisio von der Abteilung für Forstbotanik und Baumphysiologie der Universität Göttingen. „Es ist schwer vorstellbar, dass Ektomykorrhizapilze uneigennützig Kohlenstoff von einem Baum auf einen anderen übertragen würden. Aber wahrscheinlich ist es für die Pilze von Vorteil, wenn sie Zugang zu mehreren Kohlenstoffquellen haben, insbesondere, wenn sie unter Umweltstress stehen“, erklärt die Wissenschaftlerin weiter.
Die Studie untersuchte auch, was diese Ergebnisse für die deutschen Wälder bedeuten. Die Forschenden fanden heraus, dass die Ektomykorrhiza-Wurzeln der Douglasie, einer nicht heimischen Baumart, etwas weniger des markierten Kohlenstoffs aufnahmen als die der heimischen Rotbuche.
Audisio erklärte, dass dies bedeuten könnte, dass in Wäldern mit Douglasien Ektomykorrhizapilze weniger häufig vorkommen, was sich möglicherweise auf den Kohlenstoffkreislauf des Waldes auswirkt.
Ein Beitrag von: