Am Flughafen und im Auto: Von Fischschwärmen und Ameisen lernen
Fischschwärme, Ameisenstaaten oder Hummeln offerieren derzeit japanischen Forschern Verhaltensmuster, die sie für die Bewältigung eines hohen Verkehrsaufkommens und beim autonomen Fahren einsetzen. So wird auf dem Flughafen Narita in Tokio seit kurzem bei der Passkontrolle ein System eingesetzt, das auf das Verhalten der Ameisen zurückgreift. Die Wartezeiten bei der Einwanderung und am Zoll wurden damit halbiert.
Forscher der Universität von Tokio haben fasziniert vom Gewusel der Ameisen eine Ameisenstraße näher unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass hier der Verkehr ständig fließt und es auch bei hohem Verkehrsaufkommen und zahlreichen Hindernissen nur selten zu Staus kommt.
Professor Katsuhiro Nishinari von der Tokio Universität hat in den zurückliegenden Jahren mit insgesamt zehn Unternehmen aus der industriellen Produktion und Logistik zusammengearbeitet, um die Abläufe zu verbessern. Bei seinen Untersuchungen der Mechanismen, die hinter Verkehrsstaus stehen, stieß Nishinari auf ein interessantes Verhalten von Ameisen, an dem sich der Mensch durchaus orientieren kann.
„Ameisen benutzen Duftstoffe auf dem Boden um Informationen zu kommunizieren“, erläutert Nishinari. Diese „Buttom-up“-Strategie ermöglicht es ihnen flexibel auf vielfältige Bedingungen zu reagieren. In Nishinaris Untersuchungen zeigt sich, dass Ameisen schnell herausfinden, dass Drängeln nichts bringt. Vielmehr gibt es im Ameisenstaat eine ständige Abfolge von Laufen und Innehalten was zu einem effektiveren Verkehrsfluss führt.
„Im Ameisenstaat wird nicht auf eine Anweisung der Königin gewartet, sondern sie haben eine effiziente Technik entwickelt, damit kein Stau entsteht“, so Nishinari. Steigt die Verkehrsdichte, so führt das bei den Ameisen keineswegs zu zähflüssigem Verkehr oder Staus. Der Verkehr fließt dann sogar schneller.
Der Flughafen Tokio Narita, wo es zur Hauptverkehrszeit mitunter zu erheblichen Wartezeiten an der Passkontrolle und am Zoll kam, lernte aus diesem Verhalten der Ameisen. Nishinari entwickelte eine Lösung, bei der die Fluggesellschaften, der Flughafenbetreiber und das Justizministerium seit jüngstem detaillierte Informationen untereinander austauschen. Die Fluglinien übermitteln beispielsweise sobald das Flugzeug nach Japan abhebt umgehend die Zahl der nicht-japanischen Passagiere auf den Flügen. Das ermöglicht es dem Flughafen sich auf die Zahl der ankommenden Passagiere besser einzustellen und mehr Schalter für Ausländer zu öffnen.
Auch der Autohersteller Nissan sucht bei der Entwicklung kollisionsvermeidender Systeme Inspiration in der Tierwelt. Das Verhalten von Tieren in Herden und Schwärmen zeigt den Ingenieuren, wie Autos miteinander agieren und so den Verkehr sicherer und fließender machen können.
Das Forschungsteam von Nissan arbeitet seit Jahren an den Roboter-Autos Eporo, kleinen 48 cm großen Fahrzeugen, die in einer Kolonne von sieben Autos fahren können, ohne zu kollidieren. Dabei blickt man sowohl auf das Verhalten von Hummeln wie Fischschwärmen. „Ihr Verhalten im Schwarm zeigt, dass man selbst in dichtem Gedränge unfallfrei unterwegs sein kann“, erläutert Toshiyuki Andou, Manager von Nissans Mobility Labor.
Fischschwärme orientierten sich an drei Grundregeln: Erstens ändern sie den Kurs, um Kollisionen zu vermeiden. Zweitens schwimmen sie mit gleicher Geschwindigkeit Seite an Seite und halten Abstand. Drittens holen sie auf, sobald sie sich zu stark von der Gruppe entfernen.
Die Sensoren der Eporo-Roboter agieren dabei wie das Seitenlinienorgan bei Fischen, das Sinnesorgan, das Bewegungen aufspürt. Kommunikationsmodule helfen den Robotern den korrekten Abstand zu halten. Der Eporo-Roboter verfügt unter anderem auch über einen lasergestützten Entfernungsmesser, der von den Augen der Hummeln inspiriert ist, die im 300-Grad-Umkreis sehen können.
Der Laser erkennt Hindernisse in einem 180-Grad-Radius und bis zu zwei Metern Entfernung. Unter Berücksichtigung der Entfernung reagiert das System selbstständig und lenkt das Fahrzeug um die Gefahrenstelle herum.
Ab August wird der Nissan Serena wird weltweit als erstes Modell des Autoherstellers mit einem Autopiloten namens „ProPilot“ durch Japan düsen. Das autonome System übernimmt die Lenkung, die Beschleunigung und auch das Bremsen auf einspurigen Straßen. Autohersteller Nissan spricht von einem „vollautomatischen System“.
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