An der 2400 m langen Leine in die Tiefsee
Das Bremer Zentrum für Maritime Umweltwissenschaften hat ein neues Teammitglied: Der Tauchroboter Marum-Squid ergänzt den Fuhrpark aus einem halben Dutzend Unterwasser-Fahrzeugen. Seine Technik ermöglicht gestochen scharfe Bilder und ein ruhiges Arbeiten selbst in starker Strömung. Damit stellt er eine deutliche Verbesserung zu seinem Vorgänger dar.
Sie ist unbekannter als der Mond und wir haben sicher mehr Bilder unbekannter Galaxien als aus der Tiefsee. Sogar vom Pluto haben wir inzwischen die ersten hoch auflösenden Bilder.
Dabei wimmelt es in der Tiefsee von unentdekten Geheimnissen: von bisher unbekannten Lebensformen bis hin zu spannenden geologischen Spuren der Erdgeschichte. Nur einen Bruchteil der Tiefsee kennen wir.
Wenn es nach dem Bremer Zentrum für Maritime Umweltwissenschaften der Universität Bremen geht, ändert sich das: Die Forscher, die bereits einen ganzen Fuhrpark wissenschaftlicher Unterwasserfahrzeuge besitzen, haben von der englischen Firma Saab Seaeye für etwa 1,2 Mio. € einen neuen Tauchroboter bauen lassen, der in großen Tiefen arbeiten soll. Finanziert wurde der Tiefsee-Roboter je zur Hälfte vom Bund und vom Land Bremen.
Tiefsee-Roboter arbeitet in bis zu 2000 m Tiefe
Marum-Squid heißt das neueste Mitglied der Familie der Bremer Tauchroboter. Das ferngesteuerte 1,2 t schwere Unterwasserfahrzeug aus Edelstahl und Polypropylen kann bis zu 2000 m tief tauchen. Dort unten soll es unter anderem Gasaustritte am Meeresboden untersuchen und Hydrothermalquellen in der Tiefsee erforschen, auch bekannt als schwarze und weiße Raucher.
Damit Marum-Squid den Forschern an der Oberfläche aussagekräftige Daten mitbringen kann, ist er mit einer Foto- und einer Videokamera in HD-Qualität ausgestattet. Für die entsprechende Sicht in den tieferen Regionen sorgen fünf leistungsstarke, aber dennoch energiesparende Scheinwerfer an der Front des Roboters.
Wenn reines Bildmaterial nicht reicht, kann der ferngesteuerte Unterwasser-Forscher mit seinem Greifarm Proben sammeln. Gut verstaut in einer Schublade gelangen diese Materialien an die Oberfläche, wo die Wissenschaftler sie unter die Lupe nehmen können. Neben Proben finden in der Schublade auch noch weitere Messinstrumente Platz, sollten diese unter Wasser benötigt werden.
Elf Propeller sorgen für Vortrieb und Stabilität
Für einen erfolgreichen Einsatz muss der Roboter seine 2,10 m Länge, 1,17 m Höhe und 1,16 m Breite aber erst einmal an den Einsatzort bringen. Dafür haben ihm seine Entwickler elf Propeller gegönnt: drei oben, und jeweils vier an Back- und Steuerbord. Hiermit kann Marum-Squid bis zu 3,5 Knoten (rund 6 km/h) erreichen.
Außerdem ist er so schnell, stark und wendig, dass er sogar in strömungsstarken Unterwasser-Canyons und anderen schwer zugänglichen Gebieten eingesetzt werden kann und zudem auf kleineren Forschungsschiffen Platz findet. Damit ist er eine sinnvolle Ergänzung zu seinem großen Bruder Marum-Quest. Der schafft zwar bis zu 4000 m Arbeitstiefe, ist aber entsprechend größer und schwerer.
2,4 km Kabel sorgen für eine optimale Anbindung
So ganz unabhängig kann der „Neue“ im Forschungsfuhrpark allerdings nicht agieren: Er hängt gewissermaßen an der Leine – wenn auch an einer langen. Ein 2400 m messendes Kabel mit Kupfer- und Glasfaserleitungen versorgt ihn vom jeweiligen Forschungsschiff aus mit Energie und überträgt die Videos.
Neben Marum-Squid und dem anderen ferngesteuerten Roboter, die per Kabel mit ihrem Forschungsschiff verbunden sind, verfügt das Bremer Zentrum für Marine Umweltwissenschaften noch über zwei autonome Einheiten, die für die Kartierung des Meeresbodens in bis zu 5000 m Tiefe eingesetzt werden, und zwei Unterwasser-Bohrer – einer von ihnen, der in über 2 km Tiefe bis zu 200 m lange Bohrkerne sammeln kann, wurde vor ziemlich genau einem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt.
Marum-Squid ersetzt Urgestein Cherokee
Für die Bremer bleibt es auch nach Inbetriebnahme ihrer neuesten Errungenschaft bei einem halben Dutzend Unterwasser-Kollegen: Der neue Roboter ersetzt die Einheit mit Namen Cherokee. Diese war der erste Tauchroboter des Instituts, der jetzt nach rund 15 Jahren in den verdienten Ruhestand geschickt wurde – die Elektronik und sonstige Technik konnte trotz laufender Modernisierungen nicht mit dem Fortschritt mithalten.
Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat der Neuankömmling unter anderem eine bessere Kamera, einen deutlich flexibleren Arm als sein Vorgänger, eine höhere Antriebskraft, die ruhiges Arbeiten auch bei starker Strömung ermöglicht, sowie eine bessere Übertragungsmöglichkeit der Daten hoch zum Schiff. Außerdem verfügt er über eine Zuladung von rund 100 kg, doppelt so viel wie Cherokee: Das ist interessant, wenn zum Beispiel Messinstrumente auf dem Meeresboden installiert und nach einer bestimmten Zeit wieder eingesammelt werden sollen.
Erster Einsatz bei den Kaltwasserkorallen vor Afrika
Derzeit testen die Marum-Techniker den neuen Taucher auf Herz und Nieren und bauen noch die eine oder andere Spezifikation ein. In einigen Monaten wird es dann ernst. Seine Premiere wird Marum-Squid im Spätherbst feiern: Dann geht es zur Südwestküste Afrikas, wo er Kaltwasserkorallen untersuchen soll.
Ein Beitrag von: