Angst und Ärger verleiten Autofahrer zum Rasen
Angst und Ärger bringen Autofahrer nicht nur aus der Fassung, sondern sogar zum Rasen: Wer gerade fast einen Unfall gehabt hätte oder sich über andere aufregt, drückt danach kräftiger aufs Gaspedal. Das fanden Wissenschaftler von der Leuphana-Universität in Lüneburg heraus.
Wer Angst hat, fährt riskanter. „Und zwar nicht nur kurzfristig – der Effekt wirkt für einige Kilometer nach“, sagt Dr. Ernst Roidl. Der Arbeitspsychologe hat zusammen mit Professor Rainer Höger eine Studie zum Fahrverhalten durchgeführt. Darin mussten 79 Testfahrer typische Verkehrssituationen meistern: im Fahrsimulator beispielsweise plötzlich auf die Bremse drücken, um einen Auffahrunfall zu verhindern.
Unmittelbar danach nahmen die Testfahrer zwar den Fuß vom Gas, aber das hielt nur kurz an. Schon wenige Kilometer weiter nahmen sie kräftig Fahrt auf und überschritten sogar das Tempolimit. Aus den Erschrockenen wurden mehr oder weniger Verkehrsrowdies mit unberechenbarem Fahrstil.
Ärger ist ein schlechter Beifahrer
Der Arbeitspsychologe Roidl hat eine Antwort auf dieses paradoxe Verhalten: „Wir vermuten, dass viele Menschen nach einem Schrecken einfach unaufmerksamer fahren: Sie bleiben mit dem Gedanken bei der Gefahrensituation und reagieren nicht mehr adäquat auf das, was im Moment auf der Straße passiert.“
Schnell fährt auch, wer sich ärgert. Wenn die Studienteilnehmer einige Zeit hinter einem Sonntagsfahrer herschleichen mussten, traten sie danach umso heftiger aufs Gaspedal. Sie fuhren außerdem viel riskanter als sonst. Dieser Effekt hielt ebenfalls einige Minuten an. „Wenn wir uns ärgern, neigen wir zudem dazu, uns selbst zu überschätzen“, warnt Roidl. „Ärger schärft den Fokus; wir denken, wir hätten alles im Griff. Wir sind daher eher bereit, Risiken einzugehen.“
Wenn dann noch der Beifahrer nervt
Übrigens kann sich der Beifahrer dann noch total falsch verhalten. Auch wenn er es gut meint mit Sprüchen wie „Hey, entspann dich doch einfach“. So was kann den Fahrer noch mehr in Rage bringen. Um sich abzureagieren wirkt es möglicherweise, wenn der Fahrer einfach einmal kurz auf die Hupe haue, meint der Wissenschaftler Roidl, betont aber: „Langfristig kann das aber natürlich keine Lösungsstrategie sein.“
Sein Kollege, der Arbeitspsychologe Rainer Höger, erforscht seit einigen Jahren den Einfluss der Gefühle auf das Fahrverhalten. Dabei sucht er unter anderem nach technischen Methoden, um die Gefühlslage am Steuer messen zu können. Denkbar sind etwa Sensoren im Lenkrad, die die Schweißentwicklung der Hände oder ihre Muskelspannung registrieren. Ist der Fahrer angespannt, könnte das Auto dann Warnmeldungen geben, damit er sich das bewusst macht.
Doch solange man sich auf sich selbst verlassen muss, ist vielleicht mehr Besonnenheit das Richtige: Also erst mal tief durchatmen und langsam bis zehn zählen statt loszupoltern. Eine andere Strategie: Sich in die Lage der anderen Autofahrer versetzen. Warum trödelt der Fahrer vor mir wohl so? Macht es ihm zusätzlich Angst, wenn ich so dicht auffahre? Denn oft beruht Stress im Straßenverkehr auf Missverständnissen. Und eines ist klar: Großer Ärger schadet nur der eigenen Gesundheit.
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