Assistenzsysteme wie Car2Car im Fokus
Namhafte Hersteller zeigen in diesem Jahr in den Frankfurter Messehallen Visionen vom vernetzten Fahren. Dabei geht es auch um die Weiterentwicklung von Assistenzsystemen. Wenn Autos untereinander und mit der Infrastruktur kommunizieren, sollen vor allem Unfälle vermieden werden.Kurz nach der IAA wird die Branche die Zwischenergebnisse von Großprojekten öffentlich vorstellen.
Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr wagen sich Daimler-Forscher in eine sechste Dimension vor. Dafür könnten sie im Dezember den Deutschen Zukunftspreis, den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovationen, bekommen. Das nominierte System „6D-Vision“ soll schneller als der Autofahrer selbst andere Verkehrsteilnehmer in Sekundenbruchteilen erkennen und Kollisionsgefahren rasch und zuverlässig wahrnehmen.
Wie beim menschlichen Vorbild mit zwei Augen verwendet 6D-Vision dazu eine Stereokamera, aus deren Bildern in Echtzeit die dreidimensionale Geometrie der Situation vor dem Fahrzeug berechnet wird. Die gleichzeitige Bestimmung der Position (drei Dimensionen) und der Bewegung (weitere drei Dimensionen) der Objekte gab dem neuen Verfahren den Namen.
Assistenzsysteme: „6D-Vision“ mit schnellerer Auffassungsgabe als der Auofahrer selbst
Aus der Analyse aufeinanderfolgender Bildpaare und neuer Algorithmen werden Bewegungen erkannt, erklärt Uwe Franke, Leiter der Arbeitsgruppe „Bildverstehen“ in Forschung und Vorentwicklung bei Daimler. Die dafür nötigen umfangreichen Berechnungen können in einer neuen Unit im Fahrzeug ablaufen. „Mit 6D-Vision können wir den Fahrer gerade in Situationen unterstützen, die aufgrund der Komplexität des Verkehrsgeschehens besonders unfallträchtig sind, etwa an Kreuzungen und Baustellen“, so Franke.
Um die Entschärfung dieser Knotenpunkte geht es bereits seit vielen Jahren in verschiedenen Projekten weltweit. In diesem Jahr ziehen viele Initiativen eine Zwischenbilanz und zeigen erste Praxistests in der Öffentlichkeit.
So auch SIM-TD, ein Gemeinschaftsprojekt führender deutscher Automobilhersteller und -zulieferer, Kommunikationsunternehmen und Institute. Gestartet im Jahr 2008 und gefördert durch drei Bundesministerien, will das „weltweit größte Projekt“ seiner Art im nächsten Schritt „die Alltagstauglichkeit“ der eingesetzten Technologien unter Beweis stellen, so Sprecher Benjamin Oberkersch. Im Oktober wollen die Beteiligten die jüngsten Ergebnisse der Zusammenarbeit präsentieren. Anfang kommenden Jahres wird dann die Testflotte rund um Frankfurt am Main mit zunächst rund 120 Fahrzeugen sowie weiteren Autos der einzelnen Hersteller starten.
Car2Car und Car2X: Assistenzsysteme vernetzen Fahrzeuge und Infrastruktur
Konkret geht es um die elektronische Vernetzung von Fahrzeugen und Infrastruktur, die sogenannte Car2X-Kommunikation. Die Vision: Autos warnen sich gegenseitig, etwa via WLAN oder Mobilfunk, vor Stau oder Glatteis. Und über Informationen der Fahrzeuge z. B. an Verkehrszentralen könnte der Verkehrsfluss entzerrt und etwa Ampelschaltungen flexibler geregelt werden. Ein wichtiger Baustein sind dafür herstellerübergreifende Standards wie der WLAN-Standard IEEE 802.11p, speziell entwickelt für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen.
In den vergangenen drei Jahren sei bei SIM-TD zunächst die Technik definiert und in die Fahrzeuge eingebaut worden, erläutert Oberkersch. Nun gehe es um die konkrete Anwendung und den Nutzen. Denn, so Oberkersch, „damit sich die Technologien am Markt auch durchsetzen, dürfen sie nicht zu teuer sein und müssen dem Kunden einen sofort ersichtlichen Mehrwert bieten“.
Deshalb sei es wahrscheinlich, dass zunächst nicht die Sicherheits-, sondern eher die Komfortfeatures im Fokus stehen, wie die Meldung freier Plätze von Parkhäusern an die Fahrzeuge. Damit das System funktioniert, so Oberkersch, müssten laut „internen Studien rund 10 % der Fahrzeuge damit ausgestattet sein“.
Car2Car-Kommunikation und andere Assistenzsysteme sollen Unfällen vorbeugen
Wie Unfälle speziell an innerstädtischen Kreuzungen vermieden werden können, wird seit wenigen Wochen konkret in Aschaffenburg untersucht. Eingesetzt werden von der Forschungsinitiative Ko-Fas (u. a. Hochschule Aschaffenburg, Uni Ulm, BMW, Daimler, Continental und Zentech) dabei Systeme auf der Basis von kooperativen Sensornetzwerken. „Kooperative Technologien bieten hervorragende Möglichkeiten zur nahtlosen Verkehrsumfelderfassung für die Unfallvermeidung“, so Ko-Fas-Koordinator und Conti-Ingenieur Stephan Zecha. Wie diese Möglichkeiten aussehen, will Ko-Fas Ende September in Aschaffenburg und Alzenau demonstrieren.
Ende August gab die Anwendungsplattform Intelligente Mobilität (AIM), an der u. a. das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt beteiligt ist, den Startschuss für die Anwendung von Car2X-Technologien mit einer Großforschungsanlage in der Praxis. So wurden etwa drei Kreuzungen im Versuchsgebiet der Stadt Braunschweig dafür ausgerüstet via IEEE 802.11p Statusinformationen der Ampeln wie Restrot- oder Restgrünzeit auf spezielle Versuchsfahrzeuge zu übertragen. Im kommenden Jahr sollen weitere 14 Kreuzungen in Betrieb genommen werden.
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