Autocrash: Computermodell simuliert erstmals Biegeverhalten der Nieten
Nach zahlreichen Praxistests haben Forscher ein Computermodell entwickelt, das erstmals prognostiziert, wie sich Nieten bei Autounfällen verbiegen. Ein Segen für Autobauer: Sie können nun Materialien gezielter einsetzen und die Crashsicherheit erhöhen.
„Wir haben ein Modell weiterentwickelt, das das Verhalten von Nieten zuverlässiger voraussagt – sowohl bei langsamen und schnellen Biegebelastungen als auch bei Zug- und Scherbelastungen, die entstehen, wenn sich gefügte Bauteile relativ zueinander verschieben“, erklärt Dr. Silke Sommer, Gruppenleiterin am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg. Mit im Boot bei diesem Projekt sind Ingenieure des Laboratoriums für Werkstoff- und Fügetechnik (LWF) der Universität Paderborn und der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik (GFaI) in Berlin.
Belastungstests waren Basis des Computermodells
Die Forscher haben Bauteilproben verschiedener Materialien über Nieten miteinander verbunden und anschließend belastet: Die Proben wurden in verschiedene Richtungen gebogen, dann wurde mal mit 20 km/h, mal mit 120 km/h oder noch höheren Geschwindigkeiten daran gezogen und gedrückt – Geschwindigkeiten, die eben auch im Verkehr üblich sind. Das Verhalten der Nieten floss in mathematische Gleichungen ein. „Diese Gleichungen enthalten verschiedene Parameter, beispielsweise für die unterschiedlichen Materialien und ihre Dicke“, sagt Sommer.
Etwa 15 unterschiedliche Kombinationen haben die Forscher untersucht. Weitere Material- und Dickenkombinationen werden aber noch erstellt. Die Ingenieure können nun für jede einzelne Niete voraussagen, ob und wo sie halten würde.
Bei einem Unfall versagen normalerweise als erstes die Fügestellen. Mit 3000 bis 5000 Stück pro Auto gibt es davon genügend. Solche mechanischen Verbindungen werden angewendet, weil die Fahrzeuge aus unterschiedlichen Materialien wie Stahl, Aluminium und faserverstärkten Kunststoffen bestehen. Deshalb können sie nicht geschweißt werden wie reine Stahlautos, sondern müssen auch genietet werden.
Biegeverhalten der Nieten ließ sich bislang schlecht vorhersagen
Und die Nieten müssen äußerst zuverlässig sein, damit das Verletzungsrisiko für Menschen im Ernstfall nicht steigt. Bislang können Forscher zwar relativ genau voraussagen, wie die einzelnen Fügestellen bei einem Crash reagieren. Bei der so genannten Biegebelastung der Nieten dagegen ist das anders. Da liegen sie häufig daneben. Bei den Simulationen schneiden die Nieten oft besser ab als im Ernstfall. Diesen Risikofaktor möchten Autohersteller daher gerne ausschalten.
Als nächstes sind die Autobauer am Zuge. Sie können das Simulationsmodell einsetzen und ihre Autos damit noch ein Stück sicherer machen. Zwar sind die Fahrzeuge in der Vergangenheit immer besser geworden, aber die Sicherheitsanforderungen bleiben eine Daueraufgabe. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im vergangenen Jahr rund 2,4 Millionen Unfälle im deutschen Straßenverkehr. 3340 Menschen starben dabei.
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