Autohersteller Fiat verlegt Firmensitz in die Niederlande
Fiat, der letzte große Autohersteller Italiens, will nicht länger italienisch sein. Der Konzern will seinen Sitz in die Niederlande verlegen. Mit dem Umzug will Fiat-Chef Sergio Marchionne den nächsten Schritt zum globalen Autobauer vollziehen. Erst vor kurzem hatten die Italiener den US-Hersteller Chrysler vollständig übernommen.
Niemand kann sich vorstellen, dass Volkswagen seinen Sitz nach Belgien verlegt. Oder BMW nach Schleswig-Holstein umzieht. Etwa so müssen sich aber die Italiener vorkommen, die nun erleben, dass die „Fabricca Automobilia Italiana Torino“ eben keine italienische Marke mehr sein wird. An die Stelle der vier langgestreckten Buchstaben, die jeder kennt, tritt das schlichte Kürzel „FCA“, das für Fiat Chrysler steht. Die fünf Werke im Heimatland sollen vorerst erhalten bleiben, aber garantiert ist das nicht. Denn schon lange kritisiert Konzernchef Marchionne, dass die Werke in nicht effizient genug sind und kein Geld verdienen. Damit wird noch deutlicher, wie sich Fiat-Chef Sergio Marchionne die Zukunft der Traditionsmarke vorstellt.
2009 hatte Fiat Anteile an Chrysler erworben. Die US-Firma lag damals am Boden und konnte nur mit viel Staatsgeld gerettet werden. Doch inzwischen ist die Wende geschafft, Chrysler fährt vor allem dank der guten Absätze von Jeeps und Pickups in den USA Gewinne ein und rettet damit sogar die Bilanz von Fiat. Sie weist für 2013 einen Gewinn von rund 400 Millionen Euro aus (ohne Steuereffekte, die den Gewinn deutlich erhöhen).
Während Fiat im Europa-Geschäft und auch auf dem wichtigen lateinamerikanischen Markt im vergangenen Jahr Absatzeinbußen hinnehmen musste, konnte Chrysler die Produktion im vierten Jahr in Folge steigern. Erst Anfang dieses Jahr übernahmen die Italiener Chrysler komplett, indem sie der Autogewerkschaft UAW ihre Anteile abkauften.
Umzug in die Niederlande soll vor allem Steuern sparen
Die Verlagerung des Firmensitzes in die Niederlande und auch der neue Zweitsitz in London dürften steuerliche Gründe haben, auch wenn das offiziell nicht gesagt wird. Die im Vergleich mit anderen EU-Staaten sehr geringe Besteuerung von Gewinnen hat schon Weltkonzerne wie Apple und Ikea dazu bewogen, sich eine Postadresse in Amsterdam zu besorgen.
Marchionne hat mit Traditionen nicht viel am Hut. Er will ein global agierendes Unternehmen schaffen, das konjunkturelle Schwächen auf dem einen Markt mit Zuwachs auf anderen ausgleichen kann. So, wie es beispielsweise Volkswagen in der europäischen Krise mit dem Verkauf in Asien und Nordamerika gelang.
Italien fürchtet um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen
Ob der Plan aufgeht, ist umstritten. Für die restlichen Chrysler-Anteile hat Fiat 4,3 Milliarden Dollar bezahlt – ein nach Ansicht vieler Analysten zu hoher Preis.
Zugleich gehen die Noch-Italiener mit geringen Erwartungen ins Jahr 2014. Weder Zuwächse in Europa noch neue Erfolgsmodelle sind in Sicht. Der Aktienwert gab nach Bekanntgabe der Firmenverlegung um bis zu sechs Prozent nach, eine Dividende für die Anteilseigner soll es in diesem Jahr nicht geben – ein Zeichen dafür, dass Fiat die Komplettübernahme von Chrysler nicht aus flüssigen Mitteln stemmen kann.
Bislang war Fiat mit rund 130.000 Beschäftigten im In- und Ausland der größte Arbeitgeber Italiens. Nun fürchten die Italiener nicht nur um ein Stück Identität und zahlreiche Jobs, sondern auch um viele Millionen Euro an Steuereinnahmen.
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