Verband der Automobilindustrie 23.01.2025, 16:00 Uhr

Automobilindustrie: VDA-Chefin fordert „politische Entfesselung“

Zu viel Bürokratie, zu hohe Energiepreise – Deutschland brauche eine Trendwende in großen Schritten, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie Hildegard Müller ist bekannt für deutliche Worte. Sie fordert von der Politik einen deutlichen Bürokratieabbau und geringere Auflagen für Unternehmen. Foto: VDA

Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie Hildegard Müller ist bekannt für deutliche Worte. Sie fordert von der Politik einen deutlichen Bürokratieabbau und geringere Auflagen für Unternehmen.

Foto: VDA

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), fordert tiefgreifende Reformen: „2025 muss ein Jahr des Neustarts sein. Ein Wendepunkt, der einen Mentalitätswandel und politische Neuausrichtung einleitet, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Wachstum, Klimaschutz, Wohlstand sowie Arbeitsplätze zu garantieren.“ Die deutsche Automobilindustrie strebe laut Müller an, weltweit führende, digitale und klimaneutrale Produkte für die Mobilität der Zukunft zu entwickeln. Dies erfordere eine Agenda für Innovation, Wachstum und den Abbau von Bürokratie. „Keine kleinen Schritte, sondern der große Wurf ist notwendig, politisch und auch gesellschaftlich – denn dies kann nur gemeinschaftlich gelingen“, fordert Müller.

Wachsende Investitionen – aber zunehmend im Ausland

Müller spricht auch vom zunehmend nicht mehr wettbewerbsfähigen deutschen Standort. Doch trotz schwieriger Rahmenbedingungen plant nach Angaben des VDA die deutsche Automobilindustrie massive Investitionen: Zwischen 2025 und 2029 sollen 320 Mrd. € in Forschung und Entwicklung sowie 220 Mrd. € in Werke investiert werden. „Allerdings fließt der Hauptanteil dieser Mittel zunehmend ins Ausland, was aufgrund der starken Exportabhängigkeit Deutschlands alarmierend ist“, so Müller. Rund 70 % der Arbeitsplätze in der Branche hängen vom Export ab. Ein Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit könne daher gravierende Folgen für viele Regionen haben. Müller betont: „Es gibt kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“

Energiepreise und Bürokratie als Hemmschuhe

Die hohen Energiepreise macht der VDA als einen zentralen Wettbewerbsnachteil aus: Gas sei in Deutschland dreimal teurer als in China, Strompreise lägen bis zu fünfmal höher als in den USA. „Eine Reform der Netzentgelte und ein Kapazitätsmarkt, der technologieoffen ausgestaltet ist und auch neuen dezentralen Flexibilitäten wie Speichern und bidirektionalen E-Fahrzeugen offensteht“, mahnt Müller. Zudem müsse Strom günstiger werden – auch für Verbraucher, damit das Laden von Elektrofahrzeugen kostengünstiger als das Tanken werde.

Zudem werde die Produktion von Wasserstoff als eine Schlüsseltechnologie der Zukunft in Deutschland durch zahlreiche Auflagen behindert. „Transformation darf nicht durch übermäßige Regulierung blockiert werden. Wir brauchen dringend einen Mentalitätswandel“, fordert Müller. Es helfe nicht, Transformation zu fordern und sie dann an kaum erfüllbare Bedingungen zu knüpfen. „Nirgends auf der Welt muss Wasserstoff mit so vielen Auflagen wie bei uns erzeugt werden. Die bisherige Politik verunmöglicht ihre eigenen Forderungen.“

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Laut Müller ist auch die digitale Infrastruktur in Deutschland unzureichend und die Gesetzgebung auf EU- und nationaler Ebene blockiere oft Innovationen durch überregulierte Prozesse. „Wir haben eine Gesetzgebung, die alles ausdefinieren will, die jeden Einzelfall vorher durchregulieren und jede Konstellation berücksichtigen will. Die Folge: Unsere Unternehmen sind in Deutschland und Europa quasi auf Dauer in Wartestellung, während andere Regionen an uns vorbeiziehen.“ Müller fordert daher pragmatische und innovationsfördernde Regelungen, insbesondere für KI: „Wir brauchen eine neue KI-Strategie mit konkreten Fördermaßnahmen, um ein führender Standort für KI zu werden.“

Bürokratieabbau und steuerliche Entlastung

Deutschland hat laut VDA eine der höchsten Steuer- und Bürokratielasten weltweit. Deutschland sei immer nur dann auf einem Podiumsplatz, wenn es um Belastung, Regulierung und Auflagen gehe. Laut Müller muss die Unternehmenssteuer dringend gesenkt und der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden. Zusätzlich fordert sie bessere Abschreibungsbedingungen, flexiblere Verlustrechnungen und Investitionsprämien für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung.

Müller sieht beim Bürokratieabbau dringenden Handlungsbedarf: „Konkrete Vorschläge liegen vor, sie müssen endlich umgesetzt werden. Vor allem Brüssel verursacht die meisten neuen Bürokratiekosten.“ Praxis- und Digitalchecks für neue Gesetze sollten verpflichtend sein, um unnötige Belastungen zu vermeiden.

Gerade der Mittelstand – ein zentraler Pfeiler der deutschen Wirtschaft – leide besonders unter hohen Auflagen und schwierigen Finanzierungsbedingungen. Müller fordert eine Anpassung der EU-Taxonomie und Bankenregulierung, um Investitionen zu erleichtern. Sie plädiert zudem für eine 1:1-Umsetzung von EU-Gesetzen in nationales Recht, ohne zusätzliche nationale Regelungen.

Mehr Europa wagen

Angesichts geopolitischer Herausforderungen fordert Müller eine stärkere europäische Zusammenarbeit: „Wir brauchen eine europäische Energie- und Kapitalmarktunion, mehr internationale Partnerschaften wie Handelsabkommen, Rohstoffabkommen, Energiepartnerschaften und eine Stärkung des Binnenmarktes. Mehr EU heißt aber nicht mehr Bürokratie, sondern strategische Industrie- und Innovationspolitik.“ Ein deutliches Mehr an Pragmatismus auf vielen Ebenen sei nötig. Schließlich verfüge Deutschland über einen riesigen Schatz an Können und Wissen: „Wir haben die besten Köpfe der Welt in vielen Bereichen, sind bei Patenten und Innovationen vielfach führend“, so Müller weiter. „Wir haben die Leidenschaft und Kreativität, die es braucht. Wir haben auch mit Blick auf neue Felder wie KI unendlich viel Potenzial – auch und gerade in Verbindung mit unserer Industrie. Wir wollen diese Chance nutzen – und dafür braucht es jetzt eine politische Entfesselung in Berlin und in Brüssel“, so Müller.

Müller zeigt sich zuversichtlich, dass die wirtschaftliche Trendwende gelingen kann: „Jetzt muss die Chance ergriffen werden, zurück zu einer wirtschaftsfreundlichen, leistungsorientierten Politik zu finden, die Innovationen ,made in Germany‘ fördert.“ Aber ein Neustart in Berlin und Brüssel sei dafür unverzichtbar.

Ein Beitrag von:

  • Peter Kellerhoff

    Peter Kellerhoff

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Automobil, Nutzfahrzeuge, Schiff, Bahn, Verkehr, Mobilität, E-Mobilität, Software, Cloud, Internet, KI

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