Autonomes Fahren: Sicher unterwegs, auch bei technischen Störungen
Autonome Fahrzeuge im Niedriggeschwindigkeitsbereich bieten Perspektiven, um Personen und Güter zu transportieren. Bosch zeigt mit seinem Projekt 3F, wie man die Sicherheit und die Fehlertoleranz verbessern kann.
Fahrerlose Shuttle haben perspektivisch viele Einsatzmöglichkeiten bei Firmen und Kommunen. Sie eignen sich zum Beispiel im öffentlichen Personennahverkehr zum Transport von Menschen. In Bad Birnbach (Bayern) testet die Regionalbus Ostbayern GmbH seit April 2017 den ersten fahrerlosen Bus Deutschlands. Frankfurt, München und Berlin sind ebenfalls interessiert oder untersuchen die Möglichkeiten bereits im Rahmen von Modellprojekten. Auch in Logistikzentren könnten die Fahrzeuge ohne Fahrer Container mit Paketen transportieren.
Voraussetzung ist, dass sich die Wagen sicher und gefahrlos fortbewegen. Hier setzt das Projekt 3F von Bosch („Fahrerlose und fehlertolerante Fahrzeuge im Niedriggeschwindigkeitsbereich“) an. „Ziel war, Lösungen zu erarbeiten, damit automatisierte Shuttle-Fahrzeuge sicher unterwegs sind, auch wenn es zu einer technischen Störung kommt oder plötzlich Hindernisse auftauchen“, sagt Steffen Knoop. Er ist Projektleiter im Bereich Forschung und Vorausentwicklung der Robert Bosch GmbH.
Redundanzen bei wichtigen Systemen für mehr Sicherheit
Zwischen hochautomatisierten Pkw und fahrerlosen Shuttle-Bussen oder -Transportern bestehen entscheidende Unterschiede. Im Auto ist nach deutschem Recht immer ein Fahrer da, der eingreifen kann, falls Probleme auftreten. Darauf verzichten die vollautonomen, deutlich langsamer fahrenden Shuttles vollständig. Sie müssen ihre eigenen Systeme engmaschig mit diagnostischen Tools überwachen und im Zweifelsfall autonom reagieren: Kann das Gefährt seine Tour fortsetzen? Muss es langsamer werden – oder muss es aus Sicherheitsgründen anhalten und eine Zentrale benachrichtigen? Diese Themen wurden beim Projekt 3F untersucht.
Eine der Lösungen ist Redundanz bei allen sicherheitsrelevanten Systemen. Das beginnt bei der Stromversorgung: Bosch setzt auf mehrere Stromquellen, um das Bordnetz zu speisen. Ohne elektrische Energie funktioniert kein diagnostisches Tool mehr. Ein Stromausfall ist unter allen Umständen zu verhindern.
Auch zur Erkennung von Hindernissen spielt Redundanz die zentrale Rolle. Denn kein Fahrer greift ein, um beispielsweise tief herabhängende Äste zu erkennen und Ausweichmanöver zu starten. Auch sollte es keine toten Winkel geben – diese sind bei normalen Bussen ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Deshalb arbeiten Bosch-Ingenieure mit Lidar- und Radarsensoren an unterschiedlichen Stellen des Busses, um eine virtuelle 360-Grad-Rundumsicht zu erzeugen. Ihre Systeme erkennen Hindernisse auf der Straße, aber auch über dem Fahrzeug wie den besagten Baum. Mit zwei Shuttle-Bussen auf dem Bosch-Forschungscampus in Renningen wurde die Beförderung von Personen getestet. Auf dem Gelände sind auch Fußgänger unterwegs, was realen Situationen beim späteren Einsatz nahe kommen soll.
Fehlertoleranz imitiert menschliches Verhalten
Als weiteren Eckpfeiler im Sicherheitskonzept setzen Ingenieure auf die Fehlertoleranz, also die Anpassung an äußere Gegebenheiten. Das kennen wir von unserem Verhalten: Bei Dunkelheit gehen wir langsamer und tasten uns voran. Landen auf einem Sensor des vollautonomen Busses etwa Blätter, wird er nicht sofort stoppen, sondern seine Fahrt verlangsamen und gegebenenfalls bremsen. Das gilt auch bei unbekannten Hindernissen wie großen Mülltonnen auf der Straße. Wiederkehrende Wegmarken, etwa Straßenlaternen, erkennt die Software jedoch und interpretiert sie als harmlos.
Alle Daten zur Diagnose, Überwachung, und Steuerung überträgt das Fahrzeug an eine Leitzentrale. Dank der Telemetrie können wenige Mitarbeiter einen großen Fuhrpark überwachen; bei normalem Betriebszustand ist nichts weiter zu unternehmen.
Melden die Systeme aber Schwierigkeiten, ist eine schnelle Intervention aus der Ferne wichtig. Techniker erkennen Fehler und können in manchen Fällen – etwa bei Software-Problemen – intervenieren. Sie haben aber auch die Möglichkeit, Türen bei Bussen zu öffnen oder schnell ein Technik-Team zu mobilisieren, falls erforderlich.
Konzept auch für Logistik-Anwendungen geeignet
Die Erkenntnisse lassen sich nicht nur für vollautonome Busse nutzen. Bosch zeigte auch, wie Assistenzsysteme menschliche Fahrer bei logistischen Prozessen unterstützen. Damit gelingt es, Spezialfahrzeuge zum Versetzen von Containern in Logistikzentren präzise unter Containerbrücken zu bewegen und einzuparken. Die Transportbehälter lassen sich schneller und fehlerfrei aufnehmen: ein entscheidender Konkurrenzvorteil für die Branche im Wettbewerb mit Konkurrenten. Industrienahe Anwendungen testeten die Ingenieure bei einem Paketzentrums der Deutschen Post/DHL sowie einem Innovationspark nahe Aachen.
Am Projekt 3F waren neben Bosch die die StreetScooter GmbH, RA Consulting GmbH, das FZI Forschungszentrum Informatik, die Finepower GmbH und die RWTH Aachen beteiligt. Streetscooter, ein Tochterunternehmen der Deutschen Post, ist vielen Ingenieuren ein Begriff. Die Firma stellt elektrische Kleintransporter und Lastenräder für den innerstädtischen Gebrauch her. Die Produktion soll allerdings im Laufe des Jahres eingestellt werden. Vom Bundeswirtschaftsministerium kamen 4,3 Millionen Euro an Forschungsförderung für 3F.
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