#NEXTGen Moving Tomorrow Pitch von BMW 18.11.2020, 07:00 Uhr

Autos der Zukunft: Ingenieure stellen visionäres Konzept vor

Wie wird die Mobilität im Jahr 2040 aussehen? Das will die BMW Group herausfinden. Für Fraunhofer-Forscher ist klar: Autos sollen sich nicht nur auf der Straße fortbewegen.

Eine flexible Fahrgastzelle – das Herzstück des Mobilitätskonzepts „Vision Pi“. 
Foto: Fraunhofer IAO

Eine flexible Fahrgastzelle – das Herzstück des Mobilitätskonzepts „Vision Pi“.

Foto: Fraunhofer IAO

Um einen Blick in die Zukunft zu wagen, rief die BMW Group weltweit zehn Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auf, sich am Moving Tomorrow Pitch zu beteiligen – und neue Perspektiven der Mobilität zu entwickeln. Jetzt stehen die Finalisten fest. In der Endausscheidung befinden sich „Vision Pi“ von der Fraunhofer-Gesellschaft zusammen mit zwei chinesischen Konkurrenten. Welche Ideen haben die deutschen Ingenieure vorzuweisen?

Geänderte Ansprüche von Konsumenten

Ihre Überlegungen beginnen fernab der Automobilität. In 20 Jahren werden sich viele Wertvorstellungen geändert haben. Erste Ansätze sind schon heute zu beobachten. Beispielsweise sollen alle Gegenstände eine deutlich längere Produktlebensdauer haben als heute und anschließend Teil einer Kreislaufwirtschaft werden. Solche Aspekte der Nachhaltigkeit spielen auch bei Autos eine immer größere Rolle. Gleichzeitig wünschen sich Kunden Fahrzeuge, die sich stärker als bislang an ihren Wünschen orientieren und ihnen den bestmöglichen Luxus bieten: eine Herausforderung für die Entwickler. Daraus ist „Vision Pi“ entstanden – ein modulares, innovatives Konzept.

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Nachhaltige Fahrgastzelle

Schnell wurde den Ingenieuren klar, dass ein solch modulares Konzept alle Bedürfnisse am besten erfüllt, denn auch Lebensstile und Anforderungen an ein Auto können sich mit der Zeit ändern. Technisch bedeutet das: Jede Fahrgastzelle soll künftig  nach dem Schalenprinzip aufgebaut, um unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Zum Einsatz kommen selbstverstärkende Kunststoffe (Self Reinforced Plastics), aber auch Schaumstoffe, die mit 3D-Druck-Verfahren aufgetragen werden.

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Auch die Ausstattung orientiert sich an den Bedürfnissen von Passagieren. Dazu gehören nicht nur modernste Unterhaltungs- und Kommunikationstechnologien. Explizit denken die Fraunhofer-Ingenieure auch an Virtual Reality, um virtuelle Reisen zu ermöglichen oder um bei Reisen besondere Erlebnisse zu schaffen. Tagsüber gleicht der Innenraum einer Lounge. Bei Nachtfahrten kann sie aber mit wenigen Handgriffen zu einem Ruhebereich umgestaltet werden. Je nach Szenario erfüllt die Fahrgastzelle unterschiedliche Funktionen.

Eine weitere Besonderheit ist die nachhaltige Fahrzeugstruktur. Sie besteht einerseits aus langlebigen, wiederverwendbaren Bauteilen und andererseits aus kurzlebigen Verschleißteilen oder Designelementen. „Die langlebigen Bauteile werden nach End-of-Life aufbereitet und in neuen Fahrzeugen wiederverwendet“, berichtet Philipp Rosenberg vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT. „Die kurzlebigen Bauteile werden hinsichtlich eines nahezu 100-prozentigen Materialrecyclings designt.“ Soweit möglich kommen auch nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz.

Fahren oder fliegen – das entscheiden Anwender 

Das alleine wäre jetzt noch nicht so revolutionär. Doch die Entwickler haben große Pläne. Sie trennen die eigentliche Fahrgastzelle vom Mobilitätsmodul. „Die Grundlage für unser Mobilitätskonzept bildet die autonome, leichte und personalisierte AllCell, die mit diversen Plattformen kompatibel ist“, erklärt Torben Seemann vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST. „Die AllCell kann fahren oder fliegen, wobei stets der effizienteste Energieträger eingesetzt wird.“ Eine Fahrgastzelle soll damit nicht nur Teil von Fahrzeugplattformen werden, sondern sich auch an Flugtaxis oder an Hyperloop-Lösungen andocken lassen. Ein Auto wäre nicht länger an Straßen gebunden.

Die Trennung des Passagiermoduls von den Mobilitätsmodulen ermöglicht eine reisebezogene Auswahl der Verkehrsmittel und eine optimierte Nutzung der Mobilitätssysteme. Gleichzeitig kann die Reise aus dem Inneren eines persönlichen Mobilitätsmoduls oder als virtuelle Erfahrung, die die ganze Welt verbindet, genossen werden.

Der Bedarf an Innovationen wäre da, wie Umfragen zeigen. Für User sind im Massenmarkt 2040 Trends wie autonomes Fahren (52,2 Prozent Zustimmung), innerstädtische Luftmobilität (28,6 Prozent), Hyperloop (41,2 Prozent) und virtuelle Mobilität (51,8 Prozent) durchaus relevant.

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Interdisziplinäres Expertenkonsortium 

Das jetzt vorgestellte Konzept setzt autonomes Fahren auf Stufe der Vollautomatisation voraus. Eine Frage bleibt aber offen: Besitzen Konsumenten dann noch eigene Fahrgastzellen? Oder wird das System, wie manche Experten vermuten, komplett in einer Sharing Economy aufgehen? Dann würde es ausreichen, per App die vorkonfigurierte Fahrgastzelle inklusive eines Mobilitätsmoduls zu ordern.

An den Arbeiten waren Experten des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT, des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST, des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU sowie des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI, beteiligt.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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