Alternative Antriebe 12.02.2024, 13:44 Uhr

Autos mit Holzvergaser: Blick auf eine längst vergessene Technologie

Da wir eine Seite für Ingenieure sind, hat der eine oder andere vielleicht schon davon gehört: Autos mit Holzvergaser. In den 1940er Jahren waren sie oft die einzige Möglichkeit, mit Motorkraft mobil zu sein, denn fossile Brennstoffe wurden knapp. Wir wagen einen Blick zurück auf eine vergessene und längst überholte Technologie.

Auto mit Holzvergaser

Autos mit Holzvergaser waren wegen ihres klobigen Aufbaus leicht zu erkennen.

Foto: PantherMedia / Achim Prill

In Museen und auf historischen Fotografien fallen sie auf: Fahrzeuge mit ungewöhnlichen Anbauten. Oft tragen sie große Behälter, die wie Kessel oder Öfen aussehen. Von diesen Behältern führen Leitungen entlang der Karosserie zum Motor. Diese Konstruktionen waren in den 1940er Jahren weit verbreitet, um die Mobilität trotz Treibstoffmangels zu gewährleisten. Während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit waren Benzin und Diesel besonders in Deutschland, aber auch in der Schweiz und in entlegenen Gebieten der Sowjetunion knapp. Die Lösung bot der Holzvergaser, der mit Holz als Brennstoff Fahrzeuge antreiben konnte.

In Deutschland gab es mehrere Millionen Fahrzeuge mit Holzvergaser

Obwohl bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein Prototyp eines mit Holzgas betriebenen Lastwagens entwickelt wurde, konnte sich diese Technologie zunächst nicht durchsetzen. Erst Fortschritte in den 1920er und 1930er Jahren verbesserten die Technik. Eine breite Anwendung fand der Holzvergaser jedoch erst mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, insbesondere in Ländern wie Deutschland, wo sein Einsatz für Lastkraftwagen und Busse sogar gesetzlich vorgeschrieben wurde.

In den 1940er Jahren waren in Deutschland schätzungsweise mehrere Millionen Fahrzeuge mit Holzvergasern unterwegs. Nach dem Krieg, als die drängendsten Versorgungsengpässe beseitigt waren, verlor der Holzvergaser jedoch gegenüber Benzin- und Dieselfahrzeugen an Bedeutung. Dies lag vor allem an der wieder ausreichenden und preiswerten Verfügbarkeit fossiler Kraftstoffe sowie an verschiedenen Nachteilen der Holzvergasertechnik.

Georges Imbert – Vater des Holzvergaserautos

Georges Imbert, geboren am 26. März 1884 in Niederstinzel, Lothringen, absolvierte seine Ausbildung zum Chemiker an der Chemieschule in Mulhouse, Elsass. Dort erwarb er ein Diplom und umfangreiche chemische Kenntnisse. Mit diesen Qualifikationen trat er eine Stelle beim „Consortium für elektrochemische Industrie GmbH“ in Nürnberg an.

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Imberts beruflicher Werdegang war durch zahlreiche Erfindungen auf dem Gebiet der Farbstoffchemie gekennzeichnet, gefolgt von einem Forschungsaufenthalt in England, der allerdings nichts mit der Holzvergasung zu tun hatte. Nach seiner Rückkehr betrieb er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine kleine Seifensiederei, während der er teilweise von der Front freigestellt war, um als Industriechemiker zu arbeiten.

Nach dem Krieg, als Elsass-Lothringen 1918 zu Frankreich kam, traf Imbert Maxim Weygand, den Stabschef von General Foch. Angesichts des dringenden Problems der Abhängigkeit Frankreichs von ausländischen Erdöllieferungen wurde Imbert von Weygand ermutigt, an der Entwicklung eines Gasgenerators zu arbeiten. Diese Technologie, die bereits seit 1839 in Form eines „Gasentwicklungsofens“ des Hüttenmeisters Bischof bekannt war, sollte weiterentwickelt werden. Bischof hatte einen Ofen konstruiert, der aus Torf Heizgas für den Betrieb eines Hochofens erzeugte.

Entwicklung des Holzvergasers

Die Industriellenfamilie De Dietrich richtete für Imbert in ihrer Fabrik in Reichshoffen ein Forschungslabor ein. Zwischen 1924 und 1926 meldete Imbert mehrere Patente an, darunter eine innovative Konstruktion eines Holzvergasers. Die Patentanmeldungen von De Dietrich führten jedoch 1926 zum Bruch der Zusammenarbeit.

Imbert zog daraufhin nach Sarre-Union, wo er 1930 sein eigenes Unternehmen, die Compagnie Générale des Gazogènes Imbert, gründete. Trotz der Unterstützung durch den französischen Kriegsminister André Maginot und der Begeisterung für Imberts Projekte geriet das Unternehmen unter wirtschaftlichen Druck.

1931 musste Imbert Lizenzen für seine Vergasertechnologie an den deutschen Vertreter Hanns Linneborn verkaufen, der die Produktion in Deutschland aufnahm. Imberts Bruder Jean-Paul versuchte 1934 erfolglos, ein Patent in den USA zu vermarkten. Der Erfolg in Deutschland ermöglichte es Imbert, seine Forschungen in Sarre-Union fortzusetzen und Mitte der 1930er Jahre einen Holzvergaser für ungetrocknetes Holz und 1938 einen Braunkohlevergaser zu entwickeln.

Das passiert chemisch in einem Holzvergaser

Ein herkömmlicher Kaminofen erzeugt Wärme, Abgase und Asche, ebenso wie jeder Gasgenerator. Der Unterschied liegt jedoch im Fokus: Bei Gasgeneratoren sind die Abgase von Interesse, da sie eine etwas günstigere Zusammensetzung haben als bei herkömmlichen Zimmeröfen. Anstatt das Gas über einen Schornstein abzuführen, wird es in einen Motor geleitet.

Diese Geräte funktionieren ähnlich wie Holzöfen, mit dem wesentlichen Unterschied, dass sie trotz ausreichendem Zug ständig unter Luftmangel leiden. In der Vergangenheit war „Luftmangel“ bei Einzelofenheizungen ein gefürchtetes Problem, da er zur Bildung von Kohlenmonoxid und damit zu Gasvergiftungen führen konnte. Bei Gasgeneratoren wird genau dieses Kohlenmonoxid jedoch absichtlich erzeugt, was durch die chemische Reaktionsgleichung mit unübertroffener Eindeutigkeit erklärt werden kann.

Folgende Reaktionen sind bei einem Holzvergasern besonders wichtig:

Reaktion #1: C + O2 = CO2 + Wärme

Reaktion #2: C + ½ O2 + Wärme (bisschen weniger)

Reaktion #3: CH2O + Wärme = CO + H2

  • Reaktion #1: Bei der Verbrennung von Kohlenstoff (C) mit Sauerstoff (O2) entsteht Kohlendioxid (CO2) und Wärme. Diese Reaktion eignet sich zum Heizen von Räumen, da dabei viel Wärme freigesetzt wird.
  • Reaktion #2: Wenn Kohlenstoff mit einer geringeren Menge Sauerstoff reagiert, entsteht Kohlenmonoxid (CO) und weniger Wärme als bei der ersten Reaktion. Diese Eigenschaft macht es ideal für den Antrieb von Fahrzeugen. Holz als Brennstoff ist selten völlig trocken, was in diesem Zusammenhang von Vorteil ist.
  • Das im Holz enthaltene Wasser ermöglicht eine dritte nützliche Reaktion im Generator: Reaktion #3: Bei der Reaktion von Kohlenstoff mit Wasser (CH2O) unter Wärmezufuhr entstehen Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2). Während die ersten beiden Reaktionen Energie liefern, benötigt die dritte Reaktion Energie, um ablaufen zu können.

Aus den Reaktionen 2 und 3 entstehen zwei brennbare Gase. Diese Gase können in einem Gasspeicher gelagert und bei Bedarf als Brennstoff verwendet werden. Alternativ ist es möglich, sie direkt einem Gasmotor zuzuführen und so als Treibstoff zu nutzen.

Video vom Betrieb eines Opel Blitz Holzvergaser-Lkw. Das Video wurde auf dem Außengelände des Technik Museum Sinsheim aufgenommen.

Reichweite von 80 bis 170 Kilometern

Nicht jedes Holz war als Brennstoff für ein Holzvergaserauto geeignet. Besonders effektiv war Hartholz, wie es z.B. die Buche lieferte, das monatelang getrocknet werden musste. Die spontane Verwendung eines dicken Astes als Brennmaterial während der Fahrt war selbst in waldreichen Gegenden nicht praktikabel. Außerdem musste das Holz auf eine bestimmte Größe zerkleinert werden.

Einige Fahrzeugbesitzer transportierten zusätzliches Holz auf dem Dach oder in einem Anhänger, um unterwegs nachlegen zu können. Dadurch erhöhte sich das Gewicht des Fahrzeugs, das durch den Einbau des Holzvergasers ohnehin schwerer war als ein herkömmliches Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Drei Kilogramm Holzgas konnten etwa einen Liter Benzin ersetzen, was die Reichweite des Fahrzeugs je nach Größe des Holzvergasers auf etwa 80 bis 170 Kilometer begrenzte. Zudem war die Motorleistung im Vergleich zu anderen Kraftstoffen um etwa 20 Prozent reduziert.

Langwierige Inbetriebnahme

Neben diesen Unannehmlichkeiten erforderte der Betrieb selbst vor allem eines: Geduld. Bevor sich ein Auto oder Lastwagen auch nur einen Meter bewegte, vergingen mehrere Minuten. Zuerst musste die Holzkohle im Generator – dem ofenähnlichen Anbau – entzündet werden, dann wurde das Holz auf die entstehende Glut gelegt.

Das entstehende Gasgemisch wurde auf dem Weg zum Verbrennungsmotor noch gekühlt und gefiltert. Auch nach der Fahrt musste der Fahrer Zeit einplanen, um den Generator zu reinigen und das System regelmäßig zu warten. Bei längeren Fahrten musste das System regelmäßig überprüft werden.

Der Holzvergaser: eine Notlösung

Der spezielle Antrieb durch Holzvergasung barg Risiken, die bei unsachgemäßer Anwendung auftreten konnten. Ein Beispiel ist das entstehende Gasgemisch, das einen hohen Anteil an geruchlosem Kohlenmonoxid enthielt. In geschlossenen Räumen wie Garagen konnte dies zu Vergiftungen führen. Zudem erreichte der Generator Temperaturen von mehreren hundert Grad und erforderte besondere Vorsicht, vor allem beim Nachlegen von Brennholz.

Aus diesen Gründen war in Deutschland für das Führen eines Holzvergaserfahrzeugs ein spezieller Führerschein erforderlich. Heute fasziniert die Holzvergasertechnologie nur noch eine kleine Gruppe von Enthusiasten und Tüftlern, vor allem in waldreichen Regionen wie Kanada oder Skandinavien, ohne jedoch eine ernsthafte Alternative zu herkömmlichen Antriebsarten darzustellen. Historisch gesehen war der Holzvergaser eine funktionelle und effiziente Lösung in Notzeiten, aber keine dauerhafte Lösung.

Wären moderne Holzvergaserautos denkbar?

Bis in die 1950er Jahre waren Autos mit Holzvergaser aufgrund ihrer sperrigen Bauweise und der komplizierten Handhabung aus dem alltäglichen Straßenbild verschwunden. Doch die Frage, ob Holzvergaser heute als alternative Antriebsform dienen könnten, beantwortet Christian Mähr in seinem Buch „Vergessene Erfindungen“ positiv.

Vor allem in Regionen, in denen Holzabfälle anfallen, sieht er Potenzial für ihren Einsatz. Moderne Holzvergaser, wie es sie bereits für die Raumheizung gibt, zeigen, dass niemand mehr von Hand Holz in einen Generator schieben muss. Diese mit Hackschnitzeln oder Pellets betriebenen Geräte zünden das Material elektrisch und sind vollständig computergesteuert. Ein ähnlich fortschrittlicher Holzvergaser könnte auch in Autos eingebaut werden, ohne optisch zu stören.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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