Bahntransporte wachsen trotz Engpässen auf der Schiene
Mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagern – das ist seit Jahrzehnten ein Ziel der jeweiligen Verkehrsminister. Inzwischen scheint dieses auch in der Praxis besser zu funktionieren, wie neue Verbindungen vor allem im kombinierten Verkehr zeigen. Doch nach wie vor gibt es Hemmnisse durch den Zustand von Strecken und Terminals.
Es gibt eine Reihe von Beispielen, die zu beweisen scheinen, dass der Bahntransport von Containern und Sattelaufliegern heute grenzenlos erfolgreich ist. So fährt beispielsweise Frankfurter Logistik-Tochter der Bahn, DB Schenker, seit anderthalb Jahren täglich einen Zug mit Teilen für die kleinen BMW-Modelle von Leipzig nach Shenyang in Nordostchina. Der Transport per Bahn ist trotz Umspurung an den russischen Grenzen und den mehrfachen Lokwechseln deutlich schneller als das Schiff und nur geringfügig teurer.
Ein Zug nach China ist schneller als ein Schiff
Das Projekt ist für Logistikdienstleister wie auch für den Autohersteller so erfolgreich, dass inzwischen ein zweiter Zug geplant ist. Die Kapazitäten müssen aufgrund der Erweiterung des chinesischen Werkes verdoppelt werden. DHL Global Forwarding Freight hat ebenfalls Linien über die Transsib bis nach Shanghai mit täglichen Abfahrten (Ankunft nach 21 Tagen) ins Programm aufgenommen. Die zweite, vorerst wöchentlich angesteuerte Linie nach Chengdu nutzt eine Trasse durch Westchina. Sie ist sogar noch acht Tage schneller.
„Diese Lösung bietet große Flexibilität: Von einem einzelnen Container bis zum ganzen Güterzug können unterschiedliche Kapazitäten gebucht werden. Gleichzeitig knüpft der Service nahtlos an unser Netzwerk für Stückguttransporte in Europa und an das Global-Forwarding-Freight-Netzwerk in Asien an, das auch Märkte wie Japan und Korea umfasst“, erklärt Amadou Diallo, CEO von DHL Freight. „Der Vorteil des Schienentransportes liegt neben seiner Umweltfreundlichkeit auch in der hohen Zuverlässigkeit, darauf setzt eine wachsende Anzahl von Kunden“, so DHL-Sprecherin Juliane Ranft.
Zahlreiche neue Strecken im Güterverkehr
Auch in andere europäische Destinationen – viele davon mit Ziel- oder Startpunkt in Deutschland – läuft das Transportgeschäft offenbar bestens. Zahlreiche neue Strecken können das belegen. Während die Luftfracht seit vielen Monaten schwächelt und Schiffseigner mit nicht auskömmlichen Frachtraten wegen mangelnder Kundschaft kaum noch Geld verdienen, rollen ungezählte Waggons durch das Rheintal, nach Verona oder Hamburg.
Jan Weiser von Kombiverkehr nennt 850 Abfahrten täglich, davon rund 300 rein nationale Verbindungen. Der Marktführer im intermodalen Verkehr Schiene/Straße bewegte damit 2012 bereits über 927 000 Lkw-Sendungen oder umgerechnet 1,85 Mio. TEU (Twenty Foot Equivalent Unit/Standardcontainereinheiten). Allerdings schwächelte hier das Aufkommen zuletzt etwas und erreichte noch nicht wieder die Vorkrisen-Rekorde von mehr als 1 Mio. Sendungen (2008).
Gerade in den langjährig bekannten Nadelöhren in den Hinterlandverkehren der Seehäfen und an der Rheinschiene sind die Kapazitäten mehr als ausgelastet: Der Ausbau kommt nur sehr allmählich voran, weil Deutschland – nach Angaben der Vereinigung „Allianz pro Schiene“ – mit Investitionen von jährlich nur 53 €/Einwohner die Infrastruktur vernachlässigt und damit in Europa ganz weit hinten zu finden ist. Zum Vergleich: In Österreich sind es rund 230 €. Bahnchef Rüdiger Grube räumt ein, dass dies zu wenig sei. Doch am System, dass vor allem der Bund die Kosten für den Streckenausbau trägt und die Investitionen von 2,5 Mrd. € jährlich nicht erhöhen will, mag er nichts Grundlegendes ändern.
Terminals im Kombiverkehr an der Kapazitätsgrenze
Kapazitätsengpässe sind das Problem für Kombiverkehr, wie Weiser bestätigt. „Das Wachstum 2011 wurde durch eine Überlastung von Terminals in Deutschland gebremst. Mit mehr Umschlagkapazität hätten wir 2011 noch mehr Züge fahren können.“
Inzwischen sind Engpässe an zumindest vier großen deutschen Terminals beseitigt. In der Folge hat Kombiverkehr 2012 und 2013 zahlreiche neue Verbindungen aufgenommen. Diese guten Voraussetzungen haben unterm Strich 2012 nicht zu einer Erhöhung des Transportvolumens geführt, weil der alpenquerende Verkehr, das Kerngeschäft von Kombiverkehr, monatelang mit Behinderungen wie z. B. der Brennersperre zu kämpfen hatte. Dieser Alpenübergang war an mehr als 50 Tagen wegen Sanierungsarbeiten komplett gesperrt. 2500 Züge mussten über die mehr als 300 km längere und weniger leistungsfähige Strecke über die Tauern umgeleitet werden, was zu Laufzeitverlängerungen von bis zu 24 Stunden führte.
Neben den Branchenriesen aus Deutschland fassen auch immer mehr kleinere Anbieter Fuß auf dem intermodalen Verkehrsplatz. Seit April 2012 etwa betreibt Express-Interfracht, Wien, einen Zug von Deutschland in den rasch wachsenden Markt Türkei – bisher vor allem eine Domäne des Lkw-Verkehrs. Der Start sei so erfolgreich verlaufen, dass laut den Unternehmensangaben jetzt ein zweiter Rundlauf pro Woche gestartet werden soll.
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