Bei diesem Fahrrad gibt es keine Fahrradkette
Hätte, hätte, Fahrradkette: Nein, dieser Spruch funktioniert bei diesem neuen Rad nicht. Denn das Chainless S1 hat keine Fahrradkette. Die Pedalen sitzen gleich hinten an der Achse. Und noch verrückter: Das Hinterrad lässt sich lenken.
Also eines muss man dem jungen Entwickler Sean Chan aus den USA lassen: Sein Entwurf eines Fahrrades ist wirklich anders: Im Juni feiert das Fahrrad seinen 200. Geburtstag. Und Chan scheint sich das Urmodell von Fürst Karl von Drais zum Vorbild genommen zu haben. Der hatte vor 200 Jahren einen Holzbalken genommen und daran vorne und hinten an zwei schräg sitzenden Holzgabeln die beiden Räder befestigt – fertig war Drais’ Laufmaschine.
Vorbild Laufrad des Freiherr von Drais
Auch Chans Entwurf hat ein zentrales Oberrohr, allerdings aus Aluminium, an dem vorne und hinten zwei voll drehbare Vorderradgabeln montiert sind. In der Mitte, unter dem zentralen Oberrohr, befindet sich – nichts. Keine Tretkurbel, keine Fahrradkette. Nur freier Raum zwischen Vorder- und Hinterrad, die sich recht nahe kommen. Das Ganze ähnelt der Laufmaschine des Fürsten von Drais.
Während beim traditionellen Diamantrahmen vor allem das zentrale Dreieck für Stabilität sorgt und auch die Kräfte aufnimmt, die auf die unten in der Dreieckspitze untergebrachte Tretkurbel wirken, wirken beim Chainless die Kräfte direkt aufs Hinterrad. Denn Chan hat die Pedale direkt an der Hinterradachse befestigt.
Antrieb über Planetengetriebe im Hinterrad
Das Hinterrad enthält ein Planetengetriebe, so dass der Fahrer auch beim Chainless verschiedene Gänge wählen kann. Wie viele, darüber schweigt der Erfinder. Der Rahmen des Chainless ist aus Aluminium gefertigt, die Dreispeichenräder aus Magnesium. Diese gibt es in den drei Größen 20, 24 und 26 Zoll. Rund 11 kg wiegt das ungewöhnliche Fahrrad.
Auffallend an dem Chainless S1 ist nicht nur die fehlende Fahrradkette, sondern auch die ungewöhnliche Sitzposition des Fahrers. Er sitzt leicht vor dem Hinterrad und muss deshalb leicht nach hinten treten. Das sieht im Video recht ungewohnt aus und lässt die Frage nach der Tritteffizienz aufkommen. Apropos Effizienz: Ingenieure aus Thüringen haben sich genau darüber Gedanken gemacht und eine Tretkurbel entwickelt, die das Drehmoment um bis zu 50 Prozent erhöhen soll.
Hinterrad dreht sich in die Kurve
Ungewöhnlich ist zudem, dass das Hinterrad in einer Vorderradgabel steckt. Im Normalbetrieb ist die Gabel blockiert. Das heißt: Der Fahrer lenkt wie bei jedem anderen Fahrrad auch mit dem Lenker das Vorderrad. Ein völlig anderes Fahrgefühl entsteht dagegen im so genannten RTS-Modus. Dann wird die Hinterradgabel entriegelt und kann frei schwingen. RTS, das steht für Rapid Turning System. Toller Name für eine schlichte Entriegelung.
Die Folge: Will man einen ganz engen Kreis fahren, dreht sich das Hinterrad ganz automatisch in die richtige Position. Auch das Fahren von Schlangenlinien ist ein besonderes Erlebnis – und braucht sicher Übung. Warum, sehen Sie im Video.
Fahrrad soll zum Jahresende in Serie gehen
Und wann kommt das ungewöhnliche Fahrrad auf den Markt? Das hängt davon ab, ob genügend Fahrradfans in den USA an die Idee glauben. Bis Anfang Juni versucht Sean Chan mit seinem Start-up über Kickstarter das Startkapital von 75.000 US-Dollar für eine Serienproduktion einzusammeln. Ende dieses Jahres könnte das erste Serienmodell gebaut werden.
Angeboten werden zwei Versionen: die oben beschriebene Standardversion S1 und eine Version S1F, die man zusammenfalten kann. Dazu ist im Oberrohr ein Gelenk eingebaut. Das S1 soll rund 1.000 Dollar kosten.
Interesse am ersten Edelstahlfahrrad aus dem 3D-Drucker? Wie das funktioniert, lesen Sie hier.
Ein Beitrag von: