Grüner Wasserstoff für alte Motoren?
Ein innovativer Ansatz im Forschungsprojekt OH22KuesSe zeigt, dass herkömmliche Dieselmotoren in Schiffen mit einer Wasserstoffinjektion umweltfreundlicher und effizienter betrieben werden könnten.
Im Herbst 2024 wurde am Standort Warnemünde Teilziel im Forschungsprojekt „Nutzung von Offshore-H2 in der küstennahen Seefahrt“ (kurz OH22KuesSe) erreicht. In einem konventionellen Einzylinder-Dieselmotor, der zu Forschungszwecken mit Steuerungs- und Messtechnik-Komponenten ausgestattet wurde, konnte der fossile Brennstoffanteil während des Betriebs durch Wasserstoff ersetzt werden. Dies beweist, dass auch traditionelle Dieselmotoren, wie sie in der Seefahrt eingesetzt werden, mit einem separaten, autark arbeitenden und abschaltbaren H2-Injektionssystem nachgerüstet werden können.
Die Reduzierung von CO2 wurde klar nachgewiesen, und es konnten optimale Arbeitspunkte für dieses Verfahren ermittelt werden. Das Projekt von der Hochschule Wismar, das mit etwa 450.000 Euro gefördert wird, läuft noch bis März 2025, also für weitere sechs Monate. Es ist Teil des H2Mare-Leitprojekts der Bundesregierung, das die Herstellung von Wasserstoff direkt auf See (offshore) untersucht. Ziel dieses Leitprojekts ist es, Wasserstoff direkt in Windparks auf See zu erzeugen und dessen unmittelbare Nutzung im maritimen Bereich zu fördern.
„Wir befinden uns auf sehr gutem Weg eines spannenden Projektes, um den Wasserstoff als wirkungsgradgünstigen Energieträger an Bord zu bringen“, erklärt der Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Axel Rafoth. „Potentiell günstige Einsatzfälle einer direkten Wasserstoffnutzung auf existierenden Schiffen zu finden und so den Offshore Wasserstoff zu nutzen und damit auch die Entwicklung einer Betankungsinfrastruktur zu fördern, ist das erklärte Ziel des Einzelvorhabens“, sagt der Professor weiter. Auf lange Sicht werde die Brennstoffzelle wegen der besseren Wirkungsgrade das Rennen machen.
Einige Routen und Schiffe für den Einsatz von Wasserstoff geeignet
Der Fachmann widerspricht der allgemeinen Annahme, dass Wasserstoff in der Schifffahrt nicht genutzt werden kann. Momentan sind etwa 90.000 konventionelle Schiffe auf den Meeren unterwegs, die die Anforderungen des Energy Efficiency for Existing Ships Index (EEXI) erfüllen müssen. Dieser Index, der von der Internationalen Maritime Organisation (IMO) eingeführt wurde, zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen von Schiffen zu reduzieren und bezieht sich auf das technische Design der Schiffe.
Aus heutiger Sicht scheinen einige Routen und Schiffe durchaus für den Einsatz von Wasserstoff geeignet. In der ersten Projektphase wurde eine Bestandsaufnahme der seefahrenden Schiffe durchgeführt und diese klassifiziert. Für die am besten geeigneten Klassen wird nun ein Versorgungskonzept entwickelt, das sowohl land- als auch schiffsseitige Aspekte berücksichtigt. Dabei werden auch die Regeln beachtet, die von Klassifikationsgesellschaften definiert und derzeit weiterentwickelt werden.
Prof. Rafoth sieht das größte Hindernis für die Nutzung von grünen Energieträgern im niedrigen Preis der begrenzt verfügbaren fossilen Brennstoffe. Er schätzt, dass diese noch 100 bis 200 Jahre lang verfügbar sind. Der aktuelle Preis für fossile Brennstoffe liegt bei etwa 2 bis 4 Cent pro kWh, was 30 bis 50 % des Preises für erneuerbare Energien (4 bis 8 Cent pro kWh) ausmacht. Prof. Rafoth ist der Meinung, dass eine CO2-Abgabe von 45 Euro pro Tonne, was einen Aufpreis von rund 0,8 Cent pro kWh bedeutet, kaum zu Veränderungen führen würde. Daher erwartet er weitere politische Initiativen.
Wie verlief der Labortest?
Bei den Tests mit einem 1NVD18 Einzylinder-Dieselmotor (12,5 kW) wurden zunächst verschiedene Anpassungen am Motor vorgenommen. Der Motor erhielt einen Anlasser und eine elektronische Drehzahlregelung, um die Arbeitspunkte präzise und häufig ansteuern zu können. Die Versuchsanlage musste den Motor steuern und Sicherheitsmeldungen verarbeiten. Zudem wurde eine Gasversorgungsanlage installiert, die alle Sicherheitsvorkehrungen beinhaltete und es ermöglichte, ein Einspritzventil sowohl einzeln als auch im Motor mit Hochdruckwasserstoff (bis zu 200 bar) zu versorgen.
Im April 2024 fand ein erster Vorversuch statt, bei dem Wasserstoff in den Ansaugkanal des Motors injiziert wurde. Dabei konnte eine Reduktion des Dieselverbrauchs und des CO2-Ausstoßes festgestellt werden. Gleichzeitig wurden jedoch steilere Druckverläufe während der Verbrennung beobachtet, die für ältere Maschinen potenziell gefährlich sein könnten. Daher war das Ziel, den Wasserstoff während der Verbrennung gezielt mit Hochdruck in den Brennraum zu spritzen.
Für diese aktuellen Tests wurde der Motor um einen speziellen Hochdruckinjektor und weitere Komponenten ergänzt. Auch hier zeigte sich eine Reduktion des CO2-Ausstoßes, da die Einspritzpumpe autonom arbeitete und die Dieselzufuhr reduzierte, sobald Wasserstoff in den Brennraum gelangte.
Andere Ansätze Wasserstoff in der Schifffahrt zu verwenden
Noch im Jahr 2022 hatte MAN Engines seine ersten beiden Dual-Fuel-Motoren für den Betrieb mit Wasserstoff auf einem Arbeitsboot in den Serienbetrieb übergeben. Dabei handelte es sich um zwei Zwölfzylinder-Dieselmotoren des Typs MAN D2862 LE448 mit einer Leistung von jeweils 749 kW (1.019 PS) bei 2.100 Umdrehungen pro Minute. Die Motoren waren IMO Tier III-zertifiziert und mit einer SCR-Abgasnachbehandlungsanlage ausgestattet. MAN Engines hatte die beiden V12-Motoren für den Dual-Fuel-Betrieb vorbereitet, und der Entwicklungspartner CMB.TECH ergänzte sie mit einem Wasserstoff-Einspritzsystem. Der emissionsarme Antrieb wurde auf dem weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Crew Transfer Vessel (CTV) „Hydrocat 48“ der Werft Windcat Workboats eingesetzt.
Das hybride Passagierschiff „Hanaria“ in Japan
Im April 2024 hatte die japanische Reederei Mitsui O.S.K. Lines, Ltd. (MOL) das hybride Passagierschiff „Hanaria“ in der Hafenstadt Kitakyushu an der Nordspitze der japanischen Insel Kyūshū in Betrieb genommen. Das Schiff wird sowohl mit Wasserstoff als auch mit Biodiesel angetrieben und hat Platz für 100 Passagiere.
Das 33 Meter breite und zehn Meter lange Schiff wurde von der Hongawara Ship Yard Co., Ltd. für die Motena Sea Ltd., ein Unternehmen der MOL-Gruppe, gebaut, die weltweit rund 100 Containerschiffe betreibt.
Das 2,5 Tonnen schwere Wasserstoff-Brennstoffzellensystem vom Typ „GH240FC“ für den maritimen Einsatz wurde von Yanmar Power Technology Co., Ltd. entwickelt und besteht aus zwei Einheiten mit jeweils 240 Kilowatt Leistung. Angaben von MOL zufolge konnten durch den Einsatz dieses Systems – je nach Betriebsmodus – die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen dieser Klasse um 53 bis 100 % reduziert werden.
Bi-Fuel bezeichnet ein Antriebssystem, das zwei verschiedene Kraftstoffe nutzt, meist in Kombination mit einem Verbrennungsmotor. Dabei kann der Motor entweder mit dem einen oder dem anderen Kraftstoff betrieben werden, oft auch wechselweise während des Betriebs.
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