Biathlet geht mit Hochleistungsschlitten aus dem 3D-Drucker an den Start
Er ist fast wie ein Teil des Körpers: Bei den Paralympics in Sotschi geht der deutsche Biathlet Martin Fleig mit einem Hochleistungs-Skischlitten an den Start, der genau auf ihn abgestimmt ist.
Im Projekt „Snowstorm“ entwickelten Forscher des MikroTribologie-Centrums, einer Kooperation des Karlsruher Instituts für Technologie mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik, den Ski-Schlitten, der genau auf den Biathleten und die Schnee- und Wetterverhältnisse vor Ort angepasst ist. Tribologen sind Experten für Reibung, Verschleiß und Schmierung. Der Hochleistungs-Skischlitten soll dem mehrfachen Deutschen Meister im Biathlon und Langlauf die optimalen Voraussetzungen für den Wettkampf bieten.
Gehbehinderte Sportler wie Martin Fleig nutzen beim Biathlon, einer Kombinationssportart aus Ski-Langlauf und Sport-Schießen, spezielle Skischlitten, die aus einem Sitz und fest montierten Skatingskiern bestehen. Bisher wurden diese Sportgeräte meist von handwerklich begabten Sportlern oder Betreuern in Einzelanfertigung hergestellt.
Schlitten wird zum Teil des Körpers
Der von den Forschern entwickelte Skischlitten ist unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt: Beim Langlauf soll er auf unebenem Schnee gut zu fahren sein, aber er muss auch extremen Drehbewegungen standhalten, etwa wenn sich der Sportler zum Schießen auf die Matte legt und sich danach wieder kraftvoll aufrichtet. Deshalb müsse der Schlitten zugleich leicht und stabil sein, erläutert Matthias Scherge, Koordinator des Projekts Snowstorm.
Die Wissenschaftler ermittelten zunächst mit biomechanischen Bewegungsanalysen die Sitzposition, in der Martin Fleig seine Kraft optimal einsetzen kann. Die Form des Schlittens wurde mit 3D-Scannern und rechnergestütztem Design entwickelt. „Die Anpassung des Sitzes an den Körper ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg, wenn der Schlitten ein Teil des Körpers ist, verbinden sich maximaler Kraftfluss und Fahrkomfort“, so Scherge.
Erste Härtetests sind schon bestanden
Ein erster Prototyp wurde aus dem Hochleistungspolymer Polyamid 12 mit 3D-Druck angefertigt und mit verschiedenen Sensoren versehen. Zusammen mit den Sensoren an den Skistöcken sollten sie genaue Messwerte der verschiedenen Belastungen liefern. Die gewonnenen Daten dienten als Grundlage für den zweiten Prototyp, der in besonders belasteten Bereichen mit Metall verstärkt wurde. Die ersten Härtetests hat der Schlitten bereits hinter sich. Im Schwarzwald Nordic Center und im Trainingslager im italienischen Livigno testete Fleig den Skischlitten bis an seine Belastungsgrenzen.
Eine wichtige Rolle spielt bei dem Skischlitten auch der Schliff der Skier. Da die beiden fest an den Schlitten montierten Ski keine Skating-Bewegung ermöglichen, ist er eine besondere Herausforderung. Neben der Leistungsfähigkeit des Athleten und seines Geräts sei das Wechselspiel von Schnee und Ski wichtig für die Gleitgeschwindigkeit in der Loipe, sagt Scherge. Temperatur, Feuchtigkeit und Form der Schneekörner beeinflussen das Gleiten der Ski auf dem hauchdünnen Wasserfilm. Die Snowstorm-Forscher haben deshalb in Sotschi Daten zu Schnee, Strecke und Wetter erhoben. Die auf der Auswertung basierenden Modelle tragen dazu bei, das Paralympic Ski-Team Nordisch für den Wettkampf wissenschaftlich fundiert bei Wachsauswahl, Skischliff und -bearbeitung zu unterstützen.
Matthias Scherge will mit der Entwicklung des Skischlittens aber nicht nur zum Erfolg des Leistungssportlers beitragen. Er hält es für denkbar, dass eine einfache Version künftig für den Breitensport von Gehbehinderten gebaut wird. „Meine Vision ist barrierefreies Skifahren zum Beispiel im Schwarzwald“, so der Wissenschaftler.
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