Bochumer Solarauto ist startbereit
Die Hochschule Bochum präsentiert ein Hybrid mit Solarzellen nebst Elektromotor und Sitzen aus Ananasleder. Selbst eine Straßenzulassung hätte der Thyssenkrupp Blue Cruiser, auch wenn er die gar nicht brauchen wird.
Fünf Quadratmeter Solarzellen auf einem schnitten Viersitzer – das ist das siebte Solarfahrzeug der Hochschule Bochum. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Thyssenkrupp möchten die 60 Studierenden damit an der Weltmeisterschaft für Solarfahrzeuge in Australien starten.
Für einen reinen Solarer reicht es nicht
Der Wagen, den die Studierenden nun der Öffentlichkeit präsentierten, wartet mit einigen Besonderheiten auf. Das Augenfälligste sind sicher die fünf Quadratmeter Solarzellen, die die gesamte Oberfläche des Wagens bedecken und wie aufgemalt wirken. „Die Zellen sind einlaminiert, wodurch sie sehr flexibel werden und der Kontur des Autos ideal folgen“, erklärt Diplomingenieur und Projektsprecher Stefan Spychalski. So fallen sie auch kaum ins Gewicht – immerhin zählt jedes Gramm.
Denn obwohl auf dem Blue Cruiser eine spezielle Beschichtung aus Mikroprismen für eine möglichst geringe Reflektion sorgt, reicht die Energie der Sonne nicht aus, um das Auto die 3.000 Kilometer lange Strecke vom nördlichen Darwin quer durch Australien nach Adelaide zu bringen. Dafür ist es zu schwer, was wiederum auf die Straßenzulassung zurückzuführen ist. Der Blue Cruiser ist deshalb strenggenommen ein Solar-Elektro-Hybrid, er darf während des Rennens in Australien Strom tanken.
Wettbewerber der Rennwagen-Starterklasse dagegen, in der erstmals ein Team aus Aachen unter deutscher Flagge startet, sind extra dafür konzipiert, die 3.000 km lange Strecke ausschließlich mithilfe von Sonnenenergie zurückzulegen. Und auch Studenten aus Eindhoven demonstrierten bereits ihre Vision eines familientauglichen Solarautos.
Der Thyssenkrupp Blue Cruiser trägt Piñatex
Eine weitere Besonderheit des neuen Solar-Elektro-Hybriden findet sich im Inneren. Die Autositze sind nämlich nicht aus gegerbten Tierhäuten, sondern aus Piñatex, einem Lederersatz aus Ananasblättern. Tonnenweise fällt dieser Biorohstoff bei der Ernte von Ananas an, landet bisher aber zum Großteil im Müll. Auch wenn einige Unternehmen durchaus mit Ananasleder experimentieren.
Ein Forschungsprojekt für die Nachhaltigkeit
Dass so viele alternative Materialien und Werkstoffe zum Einsatz kommen, liegt in der Natur der Sache. Das Projekt Solarfahrzeug hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. „Wenn wir derzeit über nachhaltige Autos sprechen, geht es meist nur um den Verbrauch“, bemängelt Spychalski. „Dabei ist die Herstellung von Autos oder das Recycling in manchen Fällen hochproblematisch, etwa beim derzeit sehr populären Baustoff Kohlefaser.“ Über all das machen sich die Studierenden in Bochum nicht nur theoretisch Gedanken, sie versuchen möglichst viel davon auch in ihren Solarautos umzusetzen.
Welche Zukunft hat das Solarmobil?
Sicher ist, dass das Solarauto nicht das Fahrzeug der Zukunft ist, mit dem wir in vierzig Jahren zum Einkaufen fahren werden – auch nicht über australische Sonnenpfade. Denn obwohl die Solarwagen, die auf der WSC fahren, eine Sicherheitsprüfung durchlaufen müssen und das Bochumer Auto sich Jahr für Jahr um eine Straßenzulassung bemüht, ist das Solarauto vor allem ein Forschungsprojekt. „In der Realität kann eine Solarzelle auf einem Auto nur einen ganz geringen Energiebeitrag liefern, während der Verbrauch sich nicht beliebig minimieren lässt“, so Spychalski. Die Automobile der Zukunft, so glaubt er, werden deshalb nicht Solar-, sondern Elektroautos mit Solarenergieunterstützung sein.
Auch wenn er es also nicht zum Alltagsauto bringen wird, hat der Thyssenkrupp Blue Cruiser dennoch viel vor. Immerhin sind die Fußstapfen, in die er treten soll, gewaltig. Ein Vorgängermodell der Hochschule Bochum aus dem Jahr 2012 hält den Weltrekord für die längste solarautark gefahrene Strecke. Das Modell Solarworld GT kam 29.753 Kilometer weit ohne zusätzlich Strom nachladen zu müssen.
Ein Beitrag von: