Bosch baut um – und schafft einzigartiges Angebot
Grundlegende Umstrukturierungen sollen das Unternehmen für einen wichtigen Bereich noch zukunftsfähiger machen: anwendungsunabhängige Fahrzeugsoftware. Alle Kräfte werden jetzt in der Tochtergesellschaft ETAS gebündelt. Das Ziel ist klar: Bosch will Marktführer für digitale Mobilität werden.
Die Zeiten, in denen ein Nylonstrumpf einen Keilriemen ersetzen konnte, sind lange vorbei. Moderne Autos sind High-Tech-Geräte, und die Elektronik nimmt einen immer größeren Part ein. Die Zukunft der Mobilität wird von ausgefeilten Software-Lösungen bestimmt, und die Robert Bosch GmbH stellt bereits jetzt die Weichen für ein wichtiges Ziel: die Marktführerschaft in diesem Bereich.
Dafür bündelt Bosch seine Kräfte in der Tochtergesellschaft ETAS GmbH. 2.300 Fachleute aus unterschiedlichen Entwicklungsbereichen werden ab Mitte nächsten Jahres bei ETAS zusammengeführt. Sie kümmern sich um übergreifend einsetzbare Fahrzeug-Basissoftware, Middleware, Cloud-Services sowie Entwicklungswerkzeuge. „Automobile Softwareentwicklung ist eine Kernkompetenz von Bosch. Wir bringen jährlich mehr als 200 Millionen Steuergeräte mit eigener Software in Fahrzeuge weltweit. Mit der neuen Aufstellung wollen wir künftig führend als Anbieter anwendungsunabhängiger Fahrzeugsoftware werden“, sagt Stefan Hartung, Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions der Robert Bosch GmbH.
Bosch plant eine zentrale Plattform – sie soll einen Wettbewerbsvorteil sichern
Erst vor einem Jahr hatte Bosch den Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions ins Leben gerufen. Die Einheit entwickelt vor allem Fahrzeugsoftware mit spezifischer Hardware, die für den anwendungsbezogenen Einsatz gedacht ist, etwa Fahrerassistenzsysteme oder Infotainment. Bei ETAS geht es hingegen um Software für Fahrzeuge, die anwendungsunabhängig läuft. Dabei soll eine zentrale Plattform entstehen, mit der Software künftig schneller und effizienter entwickelt werden kann, gegebenenfalls in Kooperation mit Partnern.
„Unser universelles Softwarefundament ist eine zentrale Voraussetzung für die Digitalisierung moderner, softwaredefinierter Fahrzeuge“, ist Hartung überzeugt. Bosch will also Softwareplattform mit der Kompetenz in der Entwicklung neuer Funktionen kombinieren. „Damit schafft Bosch ein am Markt einzigartiges Angebot und erzielt einen signifikanten Wettbewerbsvorteil“, glaubt Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Das Ganze soll kein Alleingang werden. ETAS bietet die übergreifend einsetzbare Plattform sowie die passende Entwicklungsumgebung künftig anderen Unternehmen an, vor allem anderen Zulieferern sowie Automobilherstellern.
Bosch erwartet deutliche Umsatzzuwächse bei der Fahrzeugsoftware
Für Bosch geht es darum, sich für den Wachstumsmarkt der Fahrzeugsoftware in eine hervorragende Ausgangsposition zu bringen. Denn der Zugriff auf die Software eines Autos endet künftig nicht mehr mit dessen Auslieferung. Kundinnen und Kunden müssen nicht mehr in die Werkstatt fahren, um sich Updates aufspielen zu lassen, Aktualisierungen können wie bei einem Computer per Fernsteuerung erfolgen. Das wiederum ebnet den Weg für neue Geschäftsmodelle. Expertinnen und Experten schätzen daher, dass die Umsätze mit Fahrzeugsoftware in den kommenden Jahren im Milliardenbereich liegen werden – Bosch selbst rechnet bis zum Jahr 2030 mit einem zweistelligen Wachstum – jährlich.
Bosch plant Riesencoup: das Software-Defined Car
Bei ETAS soll auch die Kooperation mit Microsoft fortgesetzt werden, die Bosch im Februar gestartet hat. Die beiden wollen eine durchgängige Softwareplattform für die nahtlose Vernetzung von Autos und Cloud entwickeln. Genau solch eine Cloud ist der entscheidende Faktor, um unkomplizierte Updates während eines gesamten Autolebens zu ermöglichen.
Open-Source-Lösungen gehören bei Bosch künftig zum Konzept
Verändern sollen sich durch die ETAS auch die Entwicklungsmöglichkeit für Basissoftware der Steuergeräte und sogenannte Middleware. Bosch plant hier ein offenes Angebot für die Hersteller. Diese Software ist für grundlegende Funktionen zuständig, etwa bei Steuergeräten und Fahrzeugcomputern. Denn wie in einem PC werden Einheiten benötigt, die Prozessorleistung und Speicherplatz verwalten oder dafür sorgen, dass die Kommunikation der Steuergeräte untereinander funktioniert. Denn Fahrer oder die Fahrerin merkt von diesen Leistungen nichts.
Solch eine Software kann, sobald sie tadellos läuft, für andere Steuergeräte und sogar andere Automodelle adaptiert werden. Das gleiche Prinzip ist von Smartphones bekannt, auf denen verschiedene Apps laufen, die aber alle auf dasselbe Betriebssystem zugreifen. Bosch beziehungsweise ETAS wird dabei künftig auch Open-Source-Software und die dazugehörigen Ecosysteme stärker in den Mittelpunkt stellen. Das eröffnet Herstellern neue Möglichkeit für die Entwicklung.
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