Elektromobilität 09.09.2011, 12:07 Uhr

Bosch bildet Fachleute für Leistungselektronik aus

Die Leistungselektronik ist die Schaltzentrale von Hybriden und reinen Elektrofahrzeugen. Hier, am Hirn der Elektromobilität, herrscht Mangelversorgung

„Wir haben keinen generellen Fachkräftemangel. Doch in einigen Bereichen dauert es zu lange, Fachleute zu finden“, sagt Dirk Haushalter, der in der Presseabteilung von Bosch für Personalthemen zuständig ist. Gerade Leistungselektroniker seien schwer zu finden.

Ausgerechnet Leistungselektroniker. Als „Schlüssel zur Elektromobilität der Zukunft“ hat Bosch-Bereichsvorstand Rainer Kallenbach die Leistungselektronik noch im Juni auf einem Kolloquium des Unternehmens bezeichnet. Neben den Batterien ist sie zweifellos das Herzstück von Hybriden und Elektrofahrzeugen. Denn sie ist zugleich Bindeglied und Schaltzentrale zwischen Batterien, die Gleichstrom speichern und Elektromotoren, die dreiphasigen Wechselstrom benötigen und erzeugen. Die Wandlung übernehmen spezielle Transistoren. Neben diesen Aufgaben muss die Leistungselektronik zwischen Hochvoltnetz des Antriebsstrangs mit teilweise 400 V und dem 12-V-Bordnetz des Gesamtfahrzeugs vermitteln. Dafür sind Gleichstromwandler integriert.

Komplexe Anforderungen an Leistungselektronik für Elektroautos

Eine hoch komplexe Steuerungstechnik also, von der die Autohersteller verlangen, dass die Leistungselektroniken bei steigender Leistungsfähigkeit immer kleiner, leichter und billiger werden. Was in der Industrie Schaltschränke füllt, soll im Auto auf der Größe einer Sachertorte untergebracht sein.

Um das zu gewährleisten, baut Bosch von der Herstellung der Halbleiterchips bis zur Softwareprogrammierung alles komplett selbst. Unter anderem dafür habe man in Reutlingen gerade für 600 Mio. € die „Waver-Fab“, eine Halbleiterfabrik, eingerichtet, erklärt Kallenbach. Doch entsprechende Spezialisten lassen sich nicht auf der grünen Wiese planen. Im Bereich Elektrotechnik und Elektronik herrscht Vollbeschäftigung, doch es gibt weniger Studienanfänger als in anderen Ingenieurdisziplinen.

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Darum hat Bosch begonnen, seine umfassende Fertigungskette in der Leistungselektronik auf die Ausbildung spezialisierter Ingenieure auszuweiten. Insgesamt 20 Mio. € wird der Zulieferer im nächsten Jahrzehnt in das Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik (RBZ) investieren. Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich mit weiteren 10 Mio. € an der konzertierten Qualifizierungs-Aktion, die an der Universität Stuttgart und der Hochschule Reutlingen mit fünf neuen Lehrstühlen gestartet ist.

Bosch investiert im nächsten Jahrzehnt 20 Mio. € in das Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik (RBZ)

Seit Juni hat das RBZ einen eigenen Campus – auf einem ehemaligen Bosch-Standort in Reutlingen. Studierende sollen hier lernen, Detailfragen wie die Wandlung analoger in digitale Signale zu lösen, ohne den Systemüberblick zu verlieren. Und sie werden sich nach dem Studium aussuchen können, ob sie sich in die Elektromobilität stürzen oder Wechselrichter für Solar- und Windenergie-Anlagen, Gleichstromübertragungsnetze oder intelligente Haustechnik, Medizintechnik oder effiziente Eisenbahnsysteme entwickeln wollen.

Eine andere Alternative: Sie können am RBZ ein gemeinsames Promotionsprogramm der zwei beteiligten Hochschulen absolvieren und als High-Potentials in die Industrie wechseln, oder wissenschaftliche Karrieren einschlagen.

Damit das alles nicht graue Theorie bleibt, legt das RBZ Wert auf praktische Erfahrungen seiner Studierenden und seiner Lehrenden. Drei der fünf Lehrstühle besetzen Professoren, die direkt aus der Industrie kommen und bei Konzernen wie Infineon, Texas Instruments und Bosch die Tücken der Industrialisierung guter Ideen kennengelernt haben.

Fachleute für Leistungselektronik werden bei Bosch praxisnah ausgebildet

Denn was auf dem Papier gut aussieht, muss nicht unbedingt günstig zu fertigen sein und dann auch den Belastungen des Alltags standhalten. Genau diese Erfahrung sollen die Studierenden schon am RBZ machen können. Sie werden in Praxisprojekten eigene Chips entwickeln, deren Fertigung in der benachbarten „Waver-Fab“ in Versuchsdurchläufen begleiten und ihre Funktion anschließend an Laborgeräten des Zulieferers erproben und analysieren. Allein diesen praktischen Part lässt sich Bosch 2,3 Mio. € kosten.

Praxis können die Studierenden aber auch als Werksstudenten sammeln und so mit einer fachlich passenden Tätigkeit ihr Studium finanzieren. Zudem übernimmt Bosch für jene Studenten, die einen Studienkredit aufnehmen, Teile der Zinsen und gewährt besonders vielversprechenden Talenten Stipendien. Dabei zählt die Empfehlung ihrer Professoren, ganz gleich, ob sie einen der beiden angebotenen Masterstudiengänge in Reutlingen und Stuttgart absolvieren, oder Bachelor der Mechatronik mit Schwerpunkt Mikroelektronik und Informationstechnik werden wollen.

Auch ein Fernstudium bietet das RBZ an. Ingenieure können sich zum Master weiterbilden und sich praxisnahes Know-how auf dem Gebiet der Nano- und Optoelektronik sowie Leistungselektronik aneignen.

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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