Car2Car und Car2X für das unfallfreie Auto
Autos, die sich selbstständig einen sicheren Weg durch die Stadt bahnen, an dieser Vision arbeiten zahlreiche Projekte. Jüngste Tests von Unternehmen und Forschungsinitiativen zeigen vielversprechende Erfolge. Doch es gibt auch Stolpersteine auf dem Weg zum intelligent kooperierenden Verkehr.
Der Weg in den Süden ist lang. Am Brenner reiht sich Auto an Auto, die Augenlider werden schwer. Plötzlich verkürzt sich der Abstand zum nächsten Fahrzeug, ein Auffahrunfall droht. Doch der automatische Notbremsassistent greift ein, ein Aufprall wird verhindert. „Aus der amtlichen Statistik und unseren eigenen Analysen wissen wir, dass viele Unfälle auf unzureichende Reaktionen des Fahrers zurückzuführen sind“, so Peter Zahn aus der BMW Forschung und Technik GmbH. „Jede Zehntelsekunde gewonnene Reaktionszeit trägt entscheidend zur Unfallvermeidung bei.“
Intelligenter Tempomat, Verkehrszeichenerkennung, Fernlicht- oder Spurhalteassistent – zahlreiche Systeme unterstützen schon heute die Fahrer in der Stadt oder auf Schnellstraßen mit Radarsensoren, Kameras und ausgefeilten Echtzeit-Berechnungen. Künftig sollen drahtlose Kommunikationsverbindungen zu anderen Fahrzeugen (Car2Car, C2C) oder zu Teilen der Infrastruktur (Car2X, C2X) dazu beitragen, den Verkehr flüssiger und sicherer zu machen, etwa durch aktive Gefahrenbremsung, Kreuzungsassistenten oder Baustellenlotsen. Kooperativ agierende Systeme gehören zu den wichtigsten Innovationen für kommende Fahrzeuggenerationen.
Initiative „AKTIV“ will unfallfreies Auto mit Car2Car und Car2X Realität werden lassen
An solchen Zukunftstechnologien forschen aktuell verschiedene Projekte, die auch von der EU oder den Bundesministerien gefördert werden. Ein Beispiel ist die Initiative
„AKTIV“ (Adaptive und Kooperative Technologien für den Intelligenten Verkehr), an der 28 Partner aus Automobil- und Zulieferindustrie, der Elektronik-, Telekommunikations- und Softwarebranche, Forschungsinstitute sowie Straßen- und Verkehrsverwaltungen beteiligt sind. Sie präsentierten vor wenigen Wochen die Ergebnisse aus vier Jahren Projektarbeit zu den Themen „Verkehrsmanagement“, „Aktive Sicherheit“ und „Cooperative Cars“.
„Mit den in AKTIV entwickelten Systemen könnten wir schon einen erheblichen Beitrag zur Unfall- und Stauvermeidung leisten“, sagt Eberhard Hipp, Leiter der Vorentwicklung bei MAN Nutzfahrzeuge und Programmkoordinator der Initiative. So könnte die Kapazität des Straßennetzes mit dem gemeinsam entwickelten Verkehrsmanagement-System um rund 10 % gesteigert und das Staurisiko um 15 % vermindert werden. Erreicht würde das etwa durch Netzoptimierungen und Road Side Units als Kommunikationseinheit am Streckenrand, sie ermöglichen den Datenaustausch zwischen Autos und Infrastruktur.
Mobilfunkgeneration LTE: Wichtige Rolle für Car2Car und Car2X
Dabei spielt die nächste Mobilfunkgeneration LTE eine wichtige Rolle. Denn die geringen Signallaufzeiten und die hohe Reichweite von LTE können Nahbereichsfunktechniken auf Basis des WLAN-Standards 802.11p ergänzen. So kann der Mobilfunk für kooperative Fahrzeuganwendungen eingesetzt werden – ohne zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur.
Auch im EU-geförderten Projekt „HAVEit“ (Highly Automated Ve-
hicles for Intelligent Transport) geht es um Stau- und Unfallvermeidung. Hier konzentrieren sich die Forscher auf hoch automatisierte Fahrfunktionen und die serienreife Umsetzung. So zeigte Continental Ende Juni ein Demofahrzeug, das mittels Copiloten-System die Geschwindigkeit und den Abstand zum vorausfahrenden Objekt halten kann. Eine Kamera überwacht die Aufmerksamkeit des Fahrers. „Die im Projekt entwickelte Software könnte in fünf Jahren zu einem serienreifen integrierten System mit ersten automatisierten Fahrfunktionen entwickelt werden“, sagte Holger Zeng, HAVEit-Projektmanager bei Continental.
Das Versuchsfahrzeug FASCar II des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) kann mit Umfeldsensoren und einem präzisen Ortungssystem an Bord Hindernisse erkennen und die Fahrspur genau erfassen. Bislang ist HAVEit auf Autobahnen ausgelegt, soll aber auf Städte ausgeweitet werden. Testumfeld wird die Stadt Braunschweig, hier baut das DLR eine Plattform für Intelligente Mobilität (siehe Kasten).
Car2Car und Car2X: Das Auto von morgen kommunziert aktiv und ständig
Doch bei allen Erfolgen sind auch noch etliche Fragen offen. So arbeiten im Car2Car Communication Consortium internationale Mitglieder an Standards, um Systeme marktreif zu machen und Interoperabilität zu garantieren. Zudem müssen Haftungsfragen geklärt, digitale Karten für die Umfelderkennung sowie Kommunikationsnetze in puncto Ausfallsicherheit optimiert werden.
Letztlich gilt, so argumentiert
AKTIV-Koordinator Hipp: „Um die Systeme schnell in Serie zu bringen, müssen Industrie und Politik gemeinsam an der Umsetzung arbeiten. Für den Kunden sind Assistenzsysteme nur attraktiv, wenn sie auch einen wirtschaftlichen Nutzen bringen.“
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