Investitionen von 500 Mrd. Euro geplant 29.08.2013, 10:32 Uhr

China setzt massiv auf den Straßenbahn-Bau

Die chinesische Wirtschaftsplanungsbehörde (NDRC) forciert den Bau von Straßenbahnen. Zwar werden in China auch weiterhin U-Bahnen gebaut. Aber das Schwergewicht liegt im Personennahverkehr nun auf Straßenbahnen.

Doppeldecker-Straßenbahnen in Hongkong.

Doppeldecker-Straßenbahnen in Hongkong.

Foto: Jinwan Media Group

Von Beijing genehmigt sind bisher Straßenbahnsysteme in 36 Städten mit einer Streckenlänge von insgesamt mehr als 5000 Kilometern. Weitere Städte sollen folgen. Dafür sind bisher Finanzmittel in der Größenordnung von vier Billionen Renmimbi oder umgerechnet rund 500 Milliarden Euro vorgesehen. Alle diese Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von 2013 bis 2020. Dabei werden grundsätzlich nur Straßenbahnen mit eigenem Gleiskörper geplant. Im Sommer dieses Jahres wurde als erste neue Straßenbahn das 70 Kilometer lange Netz in Shenyang mit insgesamt 65 Stationen in Betrieb genommen.

Straßenbahn-Fahrzeuge für Shenyang kommen aus Frankreich

In der Vergangenheit gab es in China 1904 die erste Straßenbahn in Hongkong. 1925 kam Shanghais‘ Straßenbahn mit 14 Linien hinzu. Nach dem 2. Weltkrieg entschied sich die chinesische Parteispitze allerdings gegen Straßenbahnen und ordnete deren Abschaffung an, weil die Bahnen zu langsam seien und in engen Kurven viel zu sehr quietschten. Die neue Bahn in Shenyang ist daher die erste Straßenbahn, die wieder in China fährt. Dabei ist allerdings Hongkong ausgeklammert. In der ehemaligen britischen Kronkolonie war die Straßenbahn nie abgeschafft worden. Hier verkehren bis heute sogar Doppelstock-Straßenbahnen.

Da China keine eigene Straßenbahn-Entwicklung und  -Fertigung besaß, sind für den Neubeginn die Fahrzeuge sowie die meisten anderen technischen Ausrüstungen bei Alstom in Frankreich bestellt worden. Vom Aktienkapital der Straßenbahn in Shenyang hält ein französisches Konsortium 49 Prozent, während die restlichen 51 Prozent bei einer städtischen Gesellschaft liegen. Zumindest in einigen chinesischen Städten werden mit Sicherheit noch ausländische Straßenbahnen eingesetzt werden – vorzugsweise aus Frankreich.

Sehr kurze Bauzeiten

Die Wirtschaftsplanungsbehörde nennt eine Anzahl von Argumenten, die nach ihrer Auffassung stark für den Straßenbahnbau sprechen. Das beginnt mit den sehr kurzen Bauzeiten. Kalkuliert wird mit einem Zeitbedarf von zwei Jahren, bis ein Netz betriebsbereit ist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es keine Bürger-Einsprüche gegen derartige Planungen gibt. Als zweites werden die vergleichsweise niedrigen Kosten des Straßenbahn-Baus betont. Im Durchschnitt koste ein Kilometer Straßenbahn auf eigenem Gleiskörper nur knapp die Hälfte dessen, was der Bau eines Kilometers Unterpflaster-Bahn erfordere.

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Drittens heben die Wirtschaftsplaner auf die hohe Beförderungsleistung der Straßenbahn im Vergleich mit Bussen ab. Da die Busse auf den mittlerweile völlig verstopften Straßen nur sehr langsam vorankämen, liegt nach Angaben der NDRC die Beförderungsleistung der Bahn beim Fünffachen einer von der Zahl der Sitz- und Stehplätze her vergleichbaren Bus-Flotte.

Landbevölkerung soll nicht abwandern

Aus der Sicht der Stadtplaner in Shenyang hat die Straßenbahn aber auch noch einen ganz anderen Vorteil: Sie erlaubt es den Bewohnern umliegender Gemeinden schnell in die Großstadt zum Arbeitsplatz zu kommen ohne selbst in die Stadt ziehen zu müssen. Immerhin wird in China damit gerechnet, das bis zum Jahre 2020 weitere 200 Millionen Menschen vom Land in die Städte ziehen und es dann wenigstens 20 Städte mit einer Bevölkerung von mehr als zehn Millionen Menschen geben wird.

Ein Beitrag von:

  • Peter Odrich

    Peter Odrich studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Verkehrsbetriebe. Nach 28 Jahren als Wirtschaftsredakteur einer deutschen überregionalen Tageszeitung mit langer Tätigkeit in Ostasien kehrte er ins heimatliche Grossbritannien zurück. Seitdem berichtet er freiberuflich für Zeitungen und Technische Informationsdienste in verschiedenen Ländern. Dabei stehen Verkehrsthemen, Metalle und ostasiatische Themen im Vordergrund.

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