Cockpit mit drei Displays: VW sortiert Schalter aus
Knöpfe, Schieber und Schalter haben bei VW nahezu ausgedient: Auf der Elektronikmesse CES hat der Autobauer einen Golf vorgestellt, der sich der digitalen Welt verschreibt. Nicht ein, sondern gleich drei Displays liefern Daten zur Fahrzeugtechnik und können zwecks Steuerung betatscht werden – oder reagieren berührungsfrei. Kleine Gesten, ertastbare Rückmeldungen und eine Vernetzung im ganzen Wagen sorgen für den totalen Überblick selbst bei voller Fahrt.
Eigentlich, ja eigentlich ist die gestern eröffnete Consumers Electronic Show (CES) in Las Vegas ja eine Fachmesse für Smartphones, Fernseher und elektronische Spielereien. Doch inzwischen haben dort auch Autos Einzug gehalten: In diesem Jahr gibt es erstmals den Vehicle Intelligence Marketplace. Den Beweis, dass das ein folgerichtiger Zug war, bleiben die Hersteller erwartungsgemäß nicht schuldig: Manche der ausgestellten Fahrzeuge wirken wie eine mobile Hülle, pflichtschuldig um die darin strahlenden Displays herumgebaut.
Weder Spielzeug noch Selbstzweck
Doch der Eindruck trügt: Die Elektronik, die sich da auf den Bildschirmen ballt, ist weder Spielzeug noch Selbstzweck. Vielmehr handelt es sich um eine moderne Ergänzung der bisherigen Fahrzeugtechnik. Ein wichtiges Beispiel ist neben dem unvermeidbarem Vorreiter Tesla Model S vor allem der Golf R Touch, den VW jetzt auf der Fachmesse vorstellte.
Gleich drei Displays versorgen Fahrer und Passagiere mit Daten. Sie sind mit ihrer teilweise berührungsempfindlichen Oberfläche Eingabeinstrument fürs Infotainment-System, vernetzen sich per Apples CarPlay oder Googles Android Auto mit dem Smartphone des Fahrers und sind Steuerelement für Fenster, Schiebedach, Navi und Klimaanlage.
Drei getrennte Displays, unterschiedlich bedienbar
Untergebracht sind diese Möglichkeiten in drei getrennten Displays, die je nach Verwendungszweck in unterschiedlicher Größe an jeweils sinnvollen Positionen daherkommen. Ein 12,3 Zoll großer Bildschirm im Blickfeld des Fahrers, genannt „Active Info Display“, gibt Auskunft über Fahrdaten. Damit niemand bei Tempo 180 am Armaturenbrett rumfummeln muss, lässt sich diese Anzeige mit einer Auflösung von 1.920 x 720 Pixel über das Lenkrad bedienen.
Geringfügig größer ist der Bildschirm in der Mittelkonsole, der für Fahrer und Beifahrer gleichermaßen gut erreichbar ist. Auf den 12,8 Zoll und mit einer Auflösung von 2.560 x 1.700 Pixel laufen Daten und Bedienmöglichkeiten des Infotainment-Systems auf: Musik und Videos, Kurznachrichten vom Smartphone, Bilder und Ähnliches lassen sich dort auswählen.
Steuerung über Gesten
Auch hier muss sich der Fahrer nicht zum Bildschirm beugen – und dabei vielleicht das Lenkrad verreißen: Der Bildschirm reagiert berührungsfrei auf Gesten. Schon leichte Wischbewegungen lassen den Nutzer durch die Menüs blättern. Gebannt hinschauen sollte der Fahrzeugführer dann allerdings trotzdem nicht, egal, wie spannend die Videos sind – jedenfalls nicht bei voller Fahrt. VW stellt auf der Messe zwar einige Features vor, mit denen der Golf zunehmend autonom agiert; ganz ohne die Aufmerksamkeit des Piloten geht es aber doch noch nicht.
Innovative Steuerung ist auch beim mit 8 Zoll kleinsten Bildschirm, Auflösung 800 x 480 Pixel, angesagt: Hier laufen die Regelung von Temperatur, Lüftung und weiteren Fahrzeugfunktionen zusammen. Sie lassen sich per Fingertipp einstellen – dabei muss man noch nicht einmal hinsehen: Das Display gibt ertastbare Rückmeldung auf die Eingabe.
Vernetzung zwischen Bildschirmen und Modulen
Damit das alles auch wirklich zentral steuerbar ist, müssen die einzelnen Fahrzeugfunktionen natürlich mit dem Displaytrio verbunden werden. Ein Paradebeispiel für diese Vernetzung, die die Ingenieure dem Golf R Touch verpasst haben, ist das bereits erwähnte Schiebedach: Hier wurde ein Modul verbaut, das registriert, wenn jemand die Hand Richtung Dach hebt. Prompt erscheint ein Symbol im Bildschirm, das es erlaubt, das Dach per einfacher Andeutung zu öffnen oder zu schließen.
Ähnlich verhält es sich mit den Sitzen: Wenn die Hände in eine entsprechende Richtung bewegt werden, wird automatisch das Menü aufgerufen, mit dem sich der Sitz verstellen lässt. Das Geheimnis der Gestenteuerung liegt unterm Dach: Dort befindet sich eine kleine 3D-Kamera, die die Bewegungen interpretiert und umsetzt.
Lautstärkeregler zählt die Finger
Ein Bewegungssensor ist dagegen für die Lautstärkeregelung vorgesehen: Als Ersatz für die offenbar antiquierten Drehknöpfe gibt es einen Slider, der je nach Menge der verwendeten Finger das Audio-System (ein Finger), das Navi (zwei Finger) oder das Telefon (drei Finger) regelt.
Wer befürchtet, demnächst neben einem Führerschein auch noch einen Lehrgang in Systembedienung machen zu müssen, den beruhigt VW: Alles sei ganz intuitiv zu bedienen, hieß es auf der CES. Außerdem nimmt das Auto der Zukunft dem Fahrer eine ganze Menge der bisher gewohnten Aufgaben ab: Autonomes Parken zum Beispiel bleibt ein wichtiges Thema. Schon bald, heißt es, soll der Fahrer das Auto sogar per Smartphone parken können – auf Wunsch auch nach dem Aussteigen.
Studie erwacht ab 2017 zum Alltagsleben
Noch handelt es sich beim Golf R Touch um eine Studie. Erhältlich sein werden so ausgestattete Golfs voraussichtlich ab 2018. Ein Jahr zuvor kommt der Phaeton mit einer ähnlichen Technologie, aber noch größeren Bildschirmen, auf den Markt.
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