Continental: 60 PET-Flaschen für einen Reifensatz
Der Reifenhersteller Continental stellt ab 2022 seine Reifenproduktion um. Statt herkömmlichem Polyester kommen dann recycelte PET-Flaschen zum Einsatz. Die Fasern sind ebenso stabil, bruchfest und zäh und deshalb gut für Reifen geeignet.
Der Automobilzulieferer Continental hat im Unternehmensbereich Reifen den Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt. Die Ambitionen sind klar formuliert: „Spätestens 2050 wollen wir gemeinsam mit Partnern und Lieferanten unsere Produkt- und Ressourcenzyklen vollständig schließen“, sagt Claus Petschick, Leiter Nachhaltigkeit des Reifenbereichs von Continental. Das Unternehmen kooperiert dabei mit dem Partner und Lieferanten OTIZ, Oriental Industries (Suzhoue) Ltd., einem Faserspezialisten und Textilhersteller.
Gemeinsam haben sie eine Technologie entwickelt, um PET-Flaschen wiederaufzubereiten und aus ihnen Polyestergarn zu gewinnen und dieses in der Reifenproduktion zu nutzen. Der Clou: Die PET-Falschen werden völlig ohne chemische Zwischenschritte wiederaufbereitet und sie entsprechen zugleich den hohen mechanischen Anforderungen eines Reifens. Damit schafft es Continental, aus einer PET-Kunststoffflasche einen PET-Hochleistungswerkstoff herzustellen. Ein Verfahren, das auch als Upcycling bekannt ist.
Konzeptreifen für die IAA Mobility
„Bereits ab 2022 sind wir in der Lage, aus recycelten PET-Flaschen gewonnenes Material in der Reifenproduktion einzusetzen. In unserem neuartigen Recyclingprozess werden die Fasern aus recyceltem PET gesponnen, ohne dass das Material zuvor in seine Komponenten zerlegt werden muss“, sagt Andreas Topp, verantwortlich für den Bereich Material, Prozessentwicklung und Industralisierung bei Continental Reifen. Auf der IAA MOBILITY will der Automobilzulieferer einen innovativen Konzeptreifen mit Polyestergarn aus recycelten PET-Flaschen erstmals vorstellen. „Mit dem Einsatz von recyceltem Polyestergarn gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung produktübergreifendes zirkuläres Wirtschaften“, so Topp.
Überraschende Spuren: Wo Reifenabrieb landet – und was Hersteller unternehmen sollten
Die IAA MOBILITY ist sozusagen die neue IAA (Internationale Automobil Ausstellung), auf der Smart Cities, alternative Antriebe, Konzeptfahrzeuge, Elektromobilität im Fokus stehen und neue Mobilitätsträger, Technologien und Akteure sich treffen. Sie findet in diesem Jahr vom 7. bis 12. September in München statt.
Gute Qualität bei Fasern aus PET-Flaschen
Der Recyclingprozess der Flaschen sieht wie folgt aus: Im ersten Schritt werden sie sortiert, im zweiten Schritt die Verschlusskappen entfernt. Zum Schluss erfolgt eine maschinelle Reinigung. Danach sind die Flaschen fertig für den darauffolgenden Prozess, in dem sie mechanisch zerkleinert, dann eingeschmolzen und abschließend granuliert werden. Danach durchlaufen sie die Festkörper-Polymerisation und den modifizierten Spinnprozess. Aus den PET-Flaschen sind nun Fasern entstanden, die im eigentlichen Produktionsprozess der Reifen zum Einsatz kommen können. „Unser modifizierter Herstellungsprozess ermöglicht es uns, Polyestergarn für den Reifenbau aus PET-Flaschen ohne Polymerisationsprozess aus Monomeren zu gewinnen“, erklärt Derren Huang, Leiter Forschung und Entwicklung bei OTIZ.
Continental hat die Fasern aus den PET-Flaschen bereits im Labor und bei Reifentests geprüft. Das Ergebnis: Sie sind ebenso leistungsfähig wie die bisher verwendeten Materialien. Sie unterscheiden sich nicht in der Qualität zu einer PET-Neuware. Ferner seien sie genauso stabil, was auf ihre Bruchfestigkeit, Zähigkeit und thermische Stabilität zurückzuführen sei. Laut des Reifenherstellers seien die Fasern deshalb auch besonders gut für Reifen geeignet.
60 recycelte PET-Flaschen pro Reifensatz
Reifen-Experten schätzen das PET, weil es auch unter hoher Belastung und Temperatur formstabil bleibt. Es sorgt deshalb für Sicherheit bei allen Fahrgeschwindigkeiten. Aktuell besteht ein herkömmlicher Pkw-Reifen aus etwa 400 Gramm Polyestergarn. Rechnet man das um, könnten künftig mehr als 60 recycelte PET-Flaschen in einem Fahrzeugreifensatz stecken.
Die Erforschung und der Einsatz alternativer Materialien in der Reifenproduktion gehört bei Continental zur Unternehmensphilosophie: Bis spätestens 2050 will das Continental peu à peu 100 Prozent nachhaltig erzeugte Materialien in ihren Reifenprodukten einsetzen. Der Einsatz des recycelten PET ist deshalb ein weiterer Schritt in diese Richtung. „Abfall ist für uns zukünftiges Produktionsmaterial, denn im zirkulären Wirtschaften sehen wir das Modell der Zukunft. Das Engagement von Continental, diese Transformation aktiv zu gestalten und voranzutreiben, bietet uns einen Vorsprung für unser zukünftiges Geschäft und damit für unsere Zukunftsfähigkeit“, sagt der Leiter Nachhaltigkeit des Reifenbereichs.
Continental baut Gewinn aus – Chip-Mangel drückt aufs Geschäft
Nach dem herausfordernden Corona-Jahr 2020 hat sich Continental weiter stabilisiert. Doch der Mangel an Mikrochips drückt aufs Geschäft. Im zweiten Quartal 2021 erzielte der Autozulieferer einen Nettogewinn von 545 Millionen Euro, nachdem im coronageprägten Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von 741 Millionen Euro entstanden war. Das Reifengeschäft läuft aktuell gut, zum Beispiel durch die Bereifung von neuen Elektroautos. Die weltweite Knappheit bei Elektronik-Bauteilen macht aber auch Continental zu schaffen.
Conti-Chef Nikolai Setzer sagte: „Insgesamt werden der Chip-Engpass sowie steigende Rohstoffpreise die Automobilindustrie im gesamten Jahr 2021 belasten.“
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