Costa Concordia wird aufgerichtet
Falls das Wetter mitspielt, soll das gekenterte Kreuzfahrtschiff Costa Concordia am Montag aufgerichtet werden. Um das Wrack in einen Hafen schleppen zu können, muss es in Schwimmposition stabilisiert werden. Die Reederei Costa rechnet inzwischen mit mindestens 600 Millionen Euro Bergungskosten.
Seit 20 Monaten liegt die Costa Concordia vor der italienischen Mittelmeerinsel Giglio. Damals war das 290 Meter lange und 114 500 Tonnen schwere Kreuzfahrtschiff nach einem gefährlichen Manöver von Kapitän Francesco Schettino auf Grund gelaufen und gekentert. 32 der rund 3200 Passagiere ertranken. Inzwischen sind vier Schiffsoffiziere und der Krisenmanager der Genueser Kreuzfahrtreederei Costa Crociere für „vielfache fahrlässige Tötung und Körperverletzung“ zu Gefängnisstrafen zwischen 18 bis 43 Monaten verurteilt worden. Der Prozess gegen Schettino wird fortgesetzt.
Im Winter könnte das rostende Wrack auseinander brechen
Auch die ausgesprochen komplizierte Bergung des Wracks ist noch lange nicht abgeschlossen. Seitdem im April 2012 die Bergungsfirma Titan-Micoperi mit Sitz in Ravenna von der Reederei Costa den Auftrag erhielt, das havarierte Schiff zu sichern und in den Hafen von Piombino abzuschleppen, arbeiten 500 Ingenieure, Techniker und Taucher rund um die Uhr an den Vorbereitungen, den unglaublichen Ingenieur-Plan für die größte Schiffsbergung aller Zeiten umzusetzen.
Ein wesentlicher Meilenstein in diesem Plan steht kurz bevor: die Costa Concordia, die auf ihrer rechten Seite auf einem Felsen liegt, soll am Montag aufgerichtet und stabilisiert werden. Die Aufrichtung, die sich seit einem Jahr durch schwierige Wetterbedingungen immer weiter verzögert, ist die Voraussetzung dafür, dass das Schiff abgeschleppt werden kann. Die Zeit drängt, denn die Experten gehen davon aus, dass der Kreuzfahrtriese einen weiteren Winter nicht überstehen wird. Die Scirocco-Zeit steht an und wird die See vor Giglio aufwühlen. Der rostende und sich verbiegende Rumpf des Schiffes könnte endgültig auseinander brechen.
Immerhin konnte das Wrack bislang mit Stahlseilen und Ankerblöcken vor dem Abrutschen gesichert werden. Danach wurden noch im vergangenen Jahr 2200 Tonnen Schweröl als Treibstoff und 180 Tonnen Schmieröl abgepumpt. Der nächste Schritt auf dem langen Weg zur Bergung der Costa war die Errichtung des Unterwasser-Stützsystems. Mehrere nebeneinander liegende Unterwasserpodeste aus Metall, im Meeresboden von 60 Stützpfählen gehalten, wurden aufgebaut und mit Zementsäcken als Füllmaterial zu einer ebenen Fläche seitlich des Wracks errichtet. Danach wurden 15 Stahlcontainer am Schiffsrumpf befestigt. Sie über Stahlseile mit der Unterwasserplattform verbunden.
Aufrichtung wird zehn bis zwölf Stunden dauern
Am kommenden Montag um sechs Uhr früh soll mit der Aufrichtung des Schiffes begonnen werden. Das Wetter muss dabei allerdings mitspielen, sonst wird die Aktion auf den nächsten Tag verschoben. Der Plan: Hydraulik-Maschinen ziehen über riesige Stahlseile, die an der Plattform in 30 Metern Tiefe befestigt sind, am Rumpf, der sich langsam aufrichtet und schließlich auf der Unterwasserplattform zu liegen kommt. Die Stahlcontainer werden, wenn das Schiff von 65 auf 45 Grad Schräglage gehoben ist, geflutet. Wenn das gelingt, werden auf der anderen Seite des Rumpfes, die bislang im Wasser lag, ebenfalls 15 Stahlcontainer befestigt. Dann wird in einem letzten Schritt das Wasser aus den Containern abgepumpt und die Costa schwimmt in stabiler Lage.
Schwierigkeiten, mit denen die Ingenieure vor Ort zu kämpfen haben, gibt es neben der unsicheren Wetterlage genug. Ein Risiko ist, dass der Rumpf durch den starken seitlichen Zug auseinanderbrechen könnte. Deshalb wollen die Bergungsspezialisten extrem langsam vorgehen und planen zehn bis zwölf Stunden für das Aufrichten ein. Heikel ist insbesondere der Moment, wenn das Schiff sich vom Felsen, der seine Flanke aufgeschlagen hat, losreißt. Dann wird ein Teil des verdreckten Wassers, das sich noch im Rumpf befindet, auslaufen. Vertreter der italienischen Zivilschutzbehörde wollen dafür sorgen, dass dieses organisch verseuchte Wasser sofort aufgefangen wird.
Eine weitere mögliche Gefahr haben die Ingenieure inzwischen, zumindest rein rechnerisch, ausgeschlossen. Sollte die Costa Concordia während der Bergung ins Meer zurückfallen, wäre die dadurch verursachte Flutwelle nur einen halben Meter hoch.
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